Steh auf und iss! – 19. Sonntag im Jahreskreis B

Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
Lesung aus dem ersten Buch der Könige, Kapitel 19
In jenen Tagen ging Elija
4 einen Tagesmarsch weit in die Wüste. Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wollte nur noch sterben. Er sagte: »Es ist nun genug, Ewige, nimm mein Leben, denn ich bin nicht besser als meine Vorfahren!«
5 Er legte sich nieder und schlief unter einem Ginsterstrauch ein. Doch plötzlich berührte ihn eine Botschaft: »Steh auf, iss!«
6 Da blickte er auf, und wirklich, neben seinem Kopf lag auf glühenden Steinen gebackenes Brot, dazu ein Krug Wasser. Er aß und trank, drehte sich um und legte sich wieder hin.
7 Da kam die Botschaft der Ewigen zum zweiten Mal und berührte ihn: »Steh auf, iss, denn der Weg, der vor dir liegt, ist weit!«
8 Und er stand auf, aß und trank und ging in der Kraft dieser Speise 40 Tage und 40 Nächte bis zum Gottesberg, dem Horeb.

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 6
In jener Zeit
41 murrten die anderen jüdischen Menschen (die das Vorausgegangene mit Jesus nicht erlebt hatten, B.D.) über ihn, weil er gesagt hatte: ›Ich bin das Brot, das vom Himmel herabsteigt‹,
42 und sie sagten: »Ist dieser nicht Jesus, das Kind von Josef und Maria, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wieso sagt er jetzt: ›Ich bin vom Himmel herabgestiegen‹ ?«
43 Jesus antwortete und sagte ihnen: »Murrt nicht untereinander.
44 Es ist nicht möglich, dass Menschen zu mir kommen, wenn Gott, mein Ursprung, aus dem ich gesandt bin, sie nicht zieht – und ich werde sie auferwecken am letzten Tag.
45 Es ist geschrieben in den prophetischen Schriften: ›Und sie werden alle Gelehrte Gottes sein‹ : Alle, die von Gott gehört und gelernt haben, kommen zu mir.
46 Nicht, als ob jemand Gott gesehen hat, außer demjenigen, der bei Gott ist: Dieser hat Gott gesehen.
47 Amen, amen, ich sage euch: Alle, die an mich glauben, haben ewiges Leben.
48 Ich bin das Brot des Lebens.
49 Eure Eltern haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben.
50 Dies ist das Brot, das vom Himmel herabsteigt, damit alle von ihm essen und so nicht mehr sterben.
51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgestiegen ist; alle, die von diesem Brot essen, werden ewig leben. Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Körper für das Leben der Welt.«

Autorin:
_MG_7932-web Birgit DroesserBirgit Droesser, Pastoralreferentin, war tätig in der Gemeindepastoral, in der Klinikseelsorge und im Theol. Mentorat Tübingen, jetzt Pfarrgemeinderätin in St. Bruno, Würzburg

 
Die Predigt:
Steh auf und iss!

Liebe Leserin, lieber Leser,
denken Sie sich, Sie hätten – Hitze hin oder her – sich mit einem lieben Menschen zu einer Wanderung aufgemacht. Im Wanderführer ist nach zwei Stunden ein Gasthaus angegeben und Sie freuen sich auf die Rast und eine Erfrischung. Als Sie hinkommen, sehen Sie jedoch zu Ihrer großen Enttäuschung, dass dieses Gasthaus schon längst aufgegeben und geschlossen hat. So heißt es, einen Bissen Rucksackvesper zu sich nehmen, einen Schluck aus der Proviantflasche und weiterwandern. Nach weiteren 10 Kilometern durch herrliche Sommerlandschaft erreichen Sie endlich ein Dorf mit mehreren Gaststätten. Sie suchen sich einen schönen Biergarten aus, lassen sich erschöpft mit 18 Kilometern in den Knochen im Schatten einer großen Kastanie nieder und bestellen eine Brotzeit, ein kühles Wasser und vielleicht auch etwas Wein. Dieses herrliche Gefühl, nach langer Anstrengung ausruhen zu dürfen, etwas zu essen zu bekommen, einen kühlen Schluck zu trinken, und das alles in einer frohen Gemeinschaft, dieses herrliche Gefühl nehmen wir jetzt mit, wenn wir Jesu Wort hören: Ich bin das Brot des Lebens. Ein frisches und duftendes Fladenbrot dürfen wir uns vorstellen, von sorgenden Händen gebacken, mit ihm zusammen sein, bei ihm ausruhen dürfen.

Essen ist in unserer Gesellschaft ein kompliziertes Thema geworden: gesundes Essen – mit Fleisch, vegetarisch oder vegan – regionale oder internationale Rezepte – die vielen Kochshows und Ratgeber. Essen ist ein dankbares Thema. Für viele Menschen jedoch auch ein leidiges, wenn sie mit Übergewicht oder dem Gegenteil, der krankhaften Magersucht, belastet sind. Unser Körper braucht jeden Tag Nahrung; gutes Essen ist pure Freude und bedeutet Lebensqualität. Aber wenn es zu einem Aufschrei der Seele kommt, wenn ein Mensch unersättlich essen muss oder aber im Gegenteil wahnsinnig hohe Erwartungen an sich selbst und sein Schlankheitsideal hat, dann wird Essen zur Qual. Das natürliche Essen hat, wie wir alle wissen, eine starke seelische Dimension. Stress und Spannungen schlagen schnell auf den Magen. Auch unser innerer Mensch kann Hunger leiden, der sich dann im körperlichen Heißhunger oder auch im Hungern äußert. Den Hunger der Seele spricht Jesus im Johannesevangelium an.

Sicher kannte er die Lesung aus dem Ersten Testament, die bekannte Geschichte vom Propheten Elija. In der Auseinandersetzung mit dem König Ahab und seiner Frau Isebel wird Elija mit Morddrohungen konfrontiert. Er rennt weg in die Wüste, läuft um sein Leben und ist schließlich am Ende mit seinen Kräften. Er ist so müde, so ausgezehrt, so erschöpft, dass er sich nichts als den Tod wünscht, obwohl er der unmittelbaren Gefahr entronnen ist. Er legt sich unter einen Ginsterstrauch und schläft ein. Und da erfährt er Hilfe. Ein Engel stärkt ihn mit Brot und Wasser. Jetzt geht es ihm gleich wieder besser. Er stärkt ihn aber auch mit den Worten: Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich. Ein frisch gebackenes Brot und ein Krug kühles Wasser holen Elija ins Leben zurück. Die Hilfe und Zuwendung Gottes, die er durch den Engel erfahren hat, richten ihn wieder auf und er läuft weiter – der Geschichte zufolge 40 Tage – bis zum Gottesberg Horeb.

Dieser Hintergrund schwingt im Evangelium mit und so sagt Jesus auch zu uns sinngemäß: Was dich auch niederdrückt, bleib nicht liegen, steh auf und iss! Komm zu mir, bei mir kannst du ausruhen, ich bin das Brot des Lebens, des Lebens in seiner ganzen Fülle für dich? Ich stille deinen Hunger nach Lebenssinn, deinen Hunger, anerkannt und geliebt zu werden. Dein Leben läuft nicht ins Leere, auch wenn Träume und Wünsche nicht in Erfüllung gehen, auch wenn du dir selber vieles vorwirfst. Auf mich darfst du deine Hoffnung setzen. Ich werde dich sogar im Tod nicht verlassen.

Alle diese Versprechen und Zusagen versammelt das Wort: Ich bin das Brot des Lebens in sich. Kein Wunder, dass sich bei den Zeitgenossen Jesu Widerstand regt. Die jüdischen Gläubigen murren. Wie kann jemand so „großspurig“ von sich reden. Und ganz besonders stört sie das Wort: Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch – wörtlich übersetzt – , ich gebe es hin für das Leben der Welt. Ist es nicht auch für uns befremdlich, wenn wir hören, wir sollen das Fleisch Jesu essen und sein Blut trinken. Für mich jedenfalls schon. Ich würde lieber Leib, statt Fleisch sagen. Aber warum geht es hier?

Dem Evangelisten kommt es offenkundig darauf an, dass Jesus mit seinen Worten: Ich bin das Brot des Lebens, etwas ganz Reales meint. Nicht: ich bin wie ein duftendes frisch gebackenes Brot für euch, sondern: ich bin das Brot! Wenn ihr in meinem Namen und zu meinem Gedächtnis das Brot miteinander brecht und esst, dann werde ich ganz real ein Teil von euch, dann bin ich eure Nahrung, ich: Jesus von Nazareth, Sohn der Maria und des Josef.

Das bedeutet nicht weniger als dies: In allen Schwierigkeiten, kleinen und großen Problemen, in denen wir immer wieder stehen, trifft uns diese Einladung Jesu: Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich. Komm zu mir, höre und halte dich an die einfache Botschaft vom Reich Gottes, steh auf und sei mutig, habe Hoffnung und Vertrauen, dass ich selber deine Nahrung bin und mit dir auf dem Weg. – So könnten wir heute zur Vorbereitung auf die heilige Kommunion still für uns beten: „Ich komme jetzt zu dir, mein Herr und mein Gott, und darf dich im Brot in mir aufnehmen, denn sonst ist der Weg zu weit für mich“. Amen.

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Eine Antwort auf Steh auf und iss! – 19. Sonntag im Jahreskreis B

  1. clara a sancta abraham sagt:

    Danke!

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