Die Einladung steht – 28. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 22
1 in jener Zeit erzählte Jesus den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes das folgende Gleichnis:
2 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der die Hochzeit seines Sohnes vorbereitete.
3 Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen.
4 Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Mein Mahl ist fertig, die Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit!
5 Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden,
6 wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um.
7 Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen.
8 Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren es nicht wert eingeladen zu werden.
9 Geht also hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein.
10 Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.
11 Als sie sich gesetzt hatten und der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Mann, der kein Hochzeitsgewand anhatte.
12 Er sagte zu ihm: Mein Freund, wie konntest du hier ohne Hochzeitsgewand erscheinen? Darauf wusste der Mann nichts zu sagen.
13 Da befahl der König seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen.
14 Denn viele sind gerufen, aber nur wenige auserwählt.

Autorin:
Utta-Hahn-2-150x150
Utta Hahn,
Gemeindereferentin,
Landpastoral Schönenberg in Ellwangen

 
Die Predigt:
Die Einladung steht

Liebe Leserin, lieber Leser,
wer geht nicht gerne auf ein Fest?
Gutes Essen, ein festlicher Rahmen, Dekoration, schöne Kleider, Menschen, die Zeit haben, erzählen, tanzen, vielleicht gute kulturelle Beiträge erleben, lachen, den Alltag eine Weile aus dem Blick rücken und sich freuen, mit Freunden zusammenzusein.
Und eine Hochzeit ist doch noch ein ganz besonderes Fest. Es gibt uns Anteil an der Liebe, an der Hoffnung zweier Menschen, die einander wichtig sind. Ein Hochzeit – so träumen wir doch fast alle, feiert man doch nur einmal im Leben.

Oft sind schon die Einladungen so schön gestaltet, dass die Freude auf das Fest bereits beginnt, wenn der Termin auch noch weit in der Zukunft liegt. Und welche Ehre oder Aufmerksamkeit empfinden wir, wenn wir persönlich eingeladen werden, wenn jemand kommt und uns Bescheid gibt, dass es bald los geht, damit wir den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen und rechtzeitig da sind.

So stimmt uns Jesus mit dem Anfang des Gleichnisses ganz positiv ein – umso krasser kommt uns dann der Verlauf der Geschichte vor.

Die, die eingeladen sind, verhalten sich ganz anders.
Das Fest scheint ihnen nicht wichtig, die Nachricht, dass das Fest beginnt, interessiert sie nicht, ja stört einige so sehr, dass sie die vermeintlichen Störer umbringen lassen. Und die Gewaltspirale nimmt ihren Lauf, Zerstörung und Vernichtung sind die Folgen. Und das seitens dieses Königs, der doch eine Hochzeit feiern will. Das irritiert doch sehr.

Wie kann ein Acker oder ein Laden wichtiger sein als eine Hochzeitsfeier, zu der wir persönlich eingeladen sind, zu der der König eingeladen hat?
Wie verblendet kommen sie mir vor, diese Eingeladenen. Gefangen in Alltag und vollen Terminkalendern, in Routine, in Gleichgültigkeit, nur ihren selbst ernannten Wichtigkeiten nachgehend.
Ich stelle mir vor, wie sie auf die erste Einladung des Königs reagiert haben mögen.
„Ach, eine Einladung, wie schön – das hat ja noch Zeit, da kann ich ja immer noch hingehen, … wenn das Haus gebaut ist, wenn die Schulden bezahlt sind, wenn der Urlaub gut war, wenn die Kinder groß sind, wenn ich mal sonst nichts vorhabe, wenn ich mal in Rente bin und Zeit habe, wenn ich das richtige Outfit habe,…“

Kehren wir zurück zum König. Er möchte das Fest auf jeden Fall feiern. Das Leben und die Freude sollen mitgeteilt, ja überhaupt geteilt werden , und wie kreativ ist doch sein Einfall, dann eben die Einladung weiterzugeben an die Anderen. Er schickt seine Sklaven wieder los auf die Strassen. Wer ist denn auf den Strassen unterwegs? Leute, die von der Arbeit kommen oder zur Arbeit gehen. Reisende, Menschen, die Besorgungen machen, die Waren transportieren oder ein Ziel vor sich haben. Lauter Menschen, die eigentlich beschäftigt sind – und sie alle werden eingeladen. Nicht mal nach Gut oder Böse wird gefragt. Das Wichtigste ist: Kommt zum Hochzeitsfest, damit das Fest stattfinden kann.

Und sie kommen wirklich – viele, denn der Saal füllt sich und alle nehmen Platz.
Und ein zweites Mal macht die Geschichte eine unerwartete und irritierende Kehrtwende.

Der König besieht sich die Gäste und findet einen ohne Hochzeitsgewand. Dieser weiß auf die Frage des Königs nichts zu sagen und wird rausgeworfen, endgültig.

Das Himmelreich ist wie diese Geschichte, sagt Jesus.
Die Menschen des Himmelreiches sind Menschen wie wir alle.
Wir alle könnten die sein, die eingeladen sind von Gott zum Fest der Liebe und der Freude. In der „gerechten Welt Gottes“ so übersetzt die „Bibel in gerechter Sprache“ das „Himmelreich“ steht ein Fest an, an dem wir teilhaben können an der Liebe und Hoffnung auf Leben und Frieden.

Haben wir eigentlich schon bemerkt, dass wir eingeladen sind?
Diese Einladung kam zu uns in der Liebe, die die Eltern uns schenkten, sie kam zu uns in der Geduld und der Zuversicht, mit der uns Lehrerinnen und Lehrer oder andere Menschen das Leben lehrten, uns Werte vermittelten.
Diese Einladung kam zu uns in Momenten des Glücks, in denen wir selbst die Liebe tief erfahren haben, in der Entdeckung, wie wunderbar die Schöpfung ist, wie kraftvoll und gleichzeitig zart und verletzlich.
Diese Einladung hat uns vielleicht auch erreicht im Erleben, wie Menschen mit dem Leben umgehen, wie sie Gott einen Platz in ihrem Leben geben, der viele Alltäglichkeiten gelassener sehen lässt.
Diese Einladung haben wir vielleicht auch gespürt in schwierigen Situationen, in schweren Zeiten, in denen wir Kraft und Trost gebraucht und bekommen haben.

Konnten wir dieser Einladung folgen?
Wer schafft es denn, der Einladung zu folgen? Jesus zeigt uns einen Weg auf, indem er in der Geschichte auf jene verweist, die der Einladung schließlich doch folgen.
Es kommt nicht darauf an, von Anfang an auf der Liste zu stehen, sondern es kommt darauf an, sich einladen zu lassen. Und alle, die den Saal füllen, Gute und Böse, wissen um die Wichtigkeit dieses Festes, denn sie tun was möglich ist, um ordentlich zu erscheinen, dem Anlass angemessen. Dass dies so ist, sehen wir an dem einen, der das irgendwie verpasst hat und der dann quasi wieder ausgeladen wird, denn der König akzeptiert ihn nicht, ja er wird sogar dafür bestraft, dass er scheinbar gedankenlos dazukam.

Ein Festtagsgewand ist nicht unbedingt aus „Samt und Seide“.

Ich hatte die Gelegenheit in einem kleinen Dorf weit ab von den Städten und geteerten Strassen in den Anden Südamerikas ein Fest mitfeiern zu dürfen. Die meisten Menschen dort leben in Hütten aus Lehmziegeln, deren Boden nur die gestampfte Erde ist. Die Häuser sind innen meist nicht verputzt, Schränke gibt es keine, manchmal wird die Innenwand mit Zeitungsseiten „tapeziert“ um den Staub ein wenig zurückzuhalten. Kleider werden in Pappkartons aufbewahrt und die Familie teilt sich oft ein Bett.
Zum Fest aber, und das erschien mir fast wie ein Wunder, kamen Männer in Anzügen, Frauen in wunderbaren Kostümen und Kleidern, weiße, gebügelte Hemden und Blusen selbstverständlich und auch die Kinder waren wie verwandelt. Ich habe sie bewundert und bestaunt, wie festlich und würdevoll diese Kleidung das Fest erst zum Fest machte.
Das äußere Gewand spiegelt die innere Haltung wider. Das Fest ist etwas ganz besonderes und das soll jeder schon von weitem sehen.

Keine Hütte ist zu arm, als dass nicht ein Mensch im Festtagsgewand herauskommen könnte.
Kein Mensch muss draußen bleiben, wenn es um das Himmelreich geht. Ausdrücklich werden Gute und Böse genannt. Ein Festtagsanzug nach dem Geschmack Jesu ist ein Gespür für die Wichtigkeit des Anderen, der hier im Mittelpunkt steht, ein richtiger Anzug gibt ihm die Ehre. Ein Festtagsgewand ist die Würde und Achtung vor dem Leben, die Offenheit für die anderen, der Wille zur Umkehr.

Doch was ist nun mit der Gewalt und dem Rausschmiss in dieser Geschichte?

Ist das wirklich Jesu liebender und barmherziger Gott, der den Mördern die Soldaten schickt, ihre Stadt zerstört und sie im Zuge eines Racheaktes umbringen lässt?
Meint Jesus mit dem Rauswurf dessen, der kein Festtagsgewand anhat wirklich eine endgültige Verurteilung von Menschen, für die es kein Zurück mehr gibt?
Zwei Gedanken, die den Umgang mit diesen Stellen vielleicht erleichtern.
Matthäus schrieb sein Evangelium Jahre nachdem Jerusalem von den Römern zerstört worden war. Vielleicht kam den Christen der matthäischen Gemeinde diese Zerstörung wie eine Reaktion Gottes vor, weil die Botschaft Jesu in Jerusalem ja nicht zu einem Fest sondern zu Jesu Tod geführt hatte, und Matthäus schrieb sie in diese Geschichte mit hinein.
Die Übersetzung von „Heulen und Zähneknirschen“ könnte auch lauten: „Weinen und Wehklagen und voll Reue zerknirscht sein“, nämlich dann, wenn die Erkenntnis kommt, dass die Chance zur Liebe verpasst ist, dass das Leben vorbei ist und die Liebe zu wenig Platz darin hatte.

Die Einladung steht!

Jesus lädt uns ein, am Himmelreich mitzubauen.
Gott lädt uns ein, dem Leben zu Würde und Achtung zu verhelfen, der Liebe Raum zu geben, das Leben zu feiern.
Lassen wir uns einladen, ziehen wir unser Festtagsgewand an und lassen wir uns am Tisch der Gemeinschaft nieder, die für „die gerechte Welt Gottes“ eintritt und steht.

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2 Antworten auf Die Einladung steht – 28. Sonntag im Jahreskreis A

  1. Christoph Knecht sagt:

    Hallo Utta,
    danke für die Predigt – und toll, wie erhellend Du die Erfahrungen aus Lateinamerika dazugelegt hast!

  2. Danny sagt:

    „Und warum sorget ihr für die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht“

    Die Kleidung spiegelt nicht die innere Haltung wieder. Die innere Haltung ist vielmehr die Kleidung. Das der Mensch daraus wieder etwas greifbares machen will und sich in Samt und Seide hüllt. Nun das ist des Menschen Torheit und leider einer der Gründe warum überall auf der Welt Menschen von Vorurteilen verfolgt werden.

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