Komm mit! – 3. Sonntag im Jahreskreis B

Neue Einheitsübersetzung
Erste Lesung aus dem Buch Jona, Kapitel 3
1 Das Wort des Herrn erging zum zweiten Mal an Jona:
2 Mach dich auf den Weg, und geh nach Ninive, der großen Stadt, und rufe ihr all das zu, was ich dir sagen werde!
3 Jona machte sich auf den Weg und ging nach Ninive, wie der Herr es ihm befohlen hatte. Ninive war eine große Stadt vor Gott; man brauchte drei Tage, um sie zu durchqueren.
4 Jona begann, in die Stadt hineinzugehen; er ging einen Tag lang und rief: Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!
5 Und die Leute von Ninive glaubten Gott. Sie riefen ein Fasten aus und alle, Groß und Klein, zogen Bußgewänder an.
10 Und Gott sah ihr Verhalten; er sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte, und er tat es nicht.

Zweite Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth, Kapitel 7
29 Ich sage euch, Brüder und Schwestern: Die Zeit ist kurz. Daher soll, wer eine Frau hat, sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine,
30 wer weint, als weine er nicht, wer sich freut, als freue er sich nicht, wer kauft, als würde er nicht Eigentümer,
31 wer sich die Welt zunutze macht, als nutze er sie nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht.

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 1
Übersetzung, die unsere Sprache spricht
14 Nachdem Johannes der Täufer von König Herodes verhaftet worden war, kam Jesus in die Provinz Galiläa
15 und begann dort, Gottes Botschaft zu verkünden: „Jetzt ist die Zeit gekommen, in der Gottes neue Welt beginnt. Kehrt um zu Gott und glaubt an die rettende Botschaft!“
16 Als Jesus eines Tages am See Genezareth entlang ging, sah er die beiden Brüder Simon und Andreas. Sie waren Fischer und warfen gerade ihre Netze aus.
17 Da forderte Jesus sie auf: „Kommt mit mir! Ich will euch zu Menschenfischern machen.“
18 Sofort ließen die beiden Männer ihre Netze liegen und gingen mit ihm.
19 Nicht weit davon entfernt traf Jesus zwei andere Brüder, Johannes und Jakobus, die Söhne des Zebedäus. Sie saßen im Boot und flickten ihre Netze.
20 Auch sie forderte er auf, mit ihm zu gehen. Da ließen sie ihren Vater mit seinen Gehilfen im Boot zurück und gingen mit Jesus.

Autorin:
wetzel-140x150Sabine Wetzel, Gemeindereferentin in der Seelsorgeeinheit Ailingen, Ettenkirch, Oberteuringen

 
Die Predigt:
Komm mit!

Liebe Leserin, lieber Leser,
was soll dieses Evangelium der Berufung der ersten Jünger mit meinem heutigen Leben zu tun haben? Bei uns ist es doch ganz anders: seit unserer Taufe gehören wir doch schon zur Gemeinschaft mit Jesus. Wir müssen doch nicht umkehren, unser bisheriges Leben hinter uns lassen, unseren bisherigen Lebensstil aufgeben, um mit Jesus einen ganz neuen Weg zu beginnen, so wie die Fischer, die dann Jünger wurden. Wir folgen Jesus doch schon, solange wir denken können! –

Ja, diese Gedanken könnten uns kommen.

Und logisch muss jetzt ein „aber“ kommen – sonst könnte ich ja mit dem Versuch der Bibelauslegung gleich aufhören.

Die erste heutige Berufungsgeschichte, die von Jona, ist sehr bekannt, den meisten hier wahrscheinlich schon von bebilderten Kinderbibeln her. In dieser Lehrerzählung wurde Jona berufen, um die Menschen von Ninive vom falschen, gottlosen Weg zurückzubringen auf den guten Weg. Jona war erfolgreich mit seiner Mahnpredigt – die Menschen bekehrten sich, taten Buße und wandten sich von ihren bösen Taten ab, wie wir in der Lesung hörten. Also hätte sich Jona freuen können: er hatte seinen Auftrag erfolgreich ausgeführt. Aber nein: er ärgerte sich, wie es im weiteren Text heißt. Er war wütend darüber, dass Gott das Volk nicht bestrafte, so, wie er es angedroht hatte. Sondern Gott war barmherzig. Es geht in diesem kurzen Buch also nicht nur darum, dass die Menschen, alle, auch die Heiden, ein gutes Leben führen sollen, sondern auch darum, nicht auf andere neidisch zu sein und sich für und mit anderen freuen zu können. Gott möchte das Gute für alle Menschen.

Zurück zum Evangelium: Die Berufung zur Nachfolge schließt an Jesu Verheißung an: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Die Zeitgenossen Jesu erwarteten – wie Generationen vor ihnen – die Herrschaft Gottes. Sie dachten natürlich innerhalb ihrer menschlichen Erfahrungswelt: Dass Gott tatsächlich seine Königsherrschaft in Palästina ausüben würde, wie es die Propheten seit Hunderten von Jahren angekündigt hatten, das war eine allgemein verbreitete Erwartung. Johannes der Täufer hatte diese Zeit schon angekündigt und nun scheint sie mit Jesus tatsächlich zu kommen.

Wir haben es gehört und wir wissen es: Menschen, Jünger ebenso wie Frauen, folgten ihm. Diese Gemeinschaft wurde größer und breitete sich aus. Das alles ist bereits beinahe 2000 Jahre her – also ist das Reich Gottes doch längst da, oder? Ja, wir wissen, was die Menschen um Paulus erst lernen mussten: auch er greift in seinen Briefen diese Naherwartung auf und möchte die Menschen zu einem Lebensstil führen, damit sie bereit sind für diese Endzeit. Wir wissen, dass die Menschen damals Prophezeiungen aus der jüdischen Bibel offensichtlich falsch gedeutet oder verstanden haben. Das neue Reich Gottes kam damals nicht – und wahrscheinlich auch jetzt noch nicht so bald.

Also: Weiterleben wie bisher! –
Weiterleben wie bisher?

Wir wissen auch, dass sich das Leben, auch hier unter uns Christen, noch nicht dahin geändert hat, dass der Text im Vater uns gilt: Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Auch uns Christinnen und Christen fällt es ja immer wieder schwer, ganz konsequent diesen Lebensstil zu leben, den Jesus eingefordert hatte. Und wenn wir über unseren christlichen Tellerrand hinausschauen, so wissen wir von vielen anderen Religionen, dass sie ähnliche Leitsätze haben. Auch bewusste Atheisten oder Humanisten achten auf das Einhalten ähnlicher Werte.

Und doch ist unsere Welt heute nicht besser als vor 2000 Jahren. In manchen Lebensbereichen können wir sogar feststellen, dass Menschen zerstörerischer handeln als je zuvor, ob im gegenseitigen Umgang mit den direkten Mitmenschen, in der Weltpolitik oder im globalen Zusammenhang unserer einen Welt.

Ich denke, genau darum ist es für uns immer wieder wichtig, Jesu Aufforderung zur Umkehr und zur Nachfolge zu hören. Wenn Paulus auffordert, nichts Weltliches als das Wichtigste zu betrachten, dann möchte er uns hinführen zu einer inneren Freiheit. Wenn mir nicht weltliche Werte am wichtigsten sind, dann kann ich immer wieder Gutes tun, ohne gleich überlegen zu müssen: was verliere ich dabei?

Die Band „Silbermond“ hat diesen Haltungswandel auf ihre Weise aufgegriffen. Vielleicht kennen Sie das Lied „Leichtes Gepäck“:
Eines Tages fällt dir auf,
dass du 99% nicht brauchst.
Du nimmst all den Ballast
und schmeißt ihn weg,
denn es reist sich besser
mit leichtem Gepäck.

Sie singen gegen den Kaufwahn. Dass es leichter ist zu leben, wenn man nicht die Schränke voller Klamotten hat – immer das Beste und das Neueste meint, haben zu müssen. Sie singen aber auch gegen den inneren, den seelischen Ballast, den viele mit sich herumtragen. Hier ist das Loslassen sicher noch schwieriger als ein materielles Loslassen hier und da. Jesus bietet in seiner frohen Botschaft viele Einzelbeispiele, die wir immer wieder für uns selbst überdenken und übernehmen können.

Und vielleicht müssen wir auch in unserer Kirche als Institution überlegen, wo wir Ballast mit uns herumtragen, wo wir vielleicht etwas loslassen müssen, um frei zu sein. Frei für das, was heute wirklich nötig ist.

Diesen Prozess versuchen unsere Kirchengemeinderäte zu gehen. In unserer Diözese steht er unter dem Leitwort „Kirche am Ort. Kirche an vielen Orten gestalten“. Gestern blickten unsere drei Kirchengemeinderäte in einer Klausurtagung, nach einem analysierenden Blick zurück, in die Zukunft unserer Gemeinden hier vor Ort. Diesen Weg miteinander und mit Gott gehen die gewählten Ratsmitglieder aber nicht alleine. Es soll und muss ein Weg mit allen werden. Wenn es hier heißt: Komm mit! – weiß noch niemand genau, wo und wie dieser Weg aussieht. Aber Jesu Aufforderung gilt auch hier, für Jung und Alt: Komm mit! Im Gebet und in den einzelnen Ausgestaltungen des Gemeindelebens, ob es jetzt Kindergottesdienste sind, andere besonders gestaltete Gottesdienste für spezielle Zielgruppen oder sonstige Aktivitäten in der Sakramentenvorbereitung, in der Jugendarbeit, in der Caritas… oder… oder… oder. Komm mit!

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2 Antworten auf Komm mit! – 3. Sonntag im Jahreskreis B

  1. walter sagt:

    „… stell´Dir vor es ist Krieg ,und keiner geht hin.. !“
    das scheint die Haltung zumindest der “ Zählchristen“/Getauften zu sein.Die Sehnsucht nach Veränderung ( 2. Vat. Konzil ) – ist sie ausgebrannt,weil die Pharisäer und Schriftgelehrten , unterstützt oder aus Angst vor der „Glaubenskongregation“ die „Kleruskirche“ reanimiert haben ?
    Diese Kirche hat „ausgedient“! Die Schafe haben sich zerstreut. Die Sehnsucht aber … ?

  2. Anazodo Alfred sagt:

    ich finde ihre Predigten ausgezeichnet und faszinierende.

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