Werde eine Freudenbotin und ein Freudenbote – Hochfest von der Geburt des Herrn / Am Morgen

Erste Lesung aus dem Buch Jesaja, Kapitel 52
7 Wie willkommen sind auf den Bergen /
die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, /
der eine frohe Botschaft bringt und Rettung verheißt, /
der zu Zion sagt: Dein Gott ist König.
8 Horch, deine Wächter erheben die Stimme, /
sie beginnen alle zu jubeln. Denn sie sehen mit eigenen Augen, /
wie der Herr nach Zion zurückkehrt.
9 Brecht in Jubel aus, jauchzt alle zusammen, /
ihr Trümmer Jerusalems! Denn der Herr tröstet sein Volk, /
er erlöst Jerusalem.
10 Der Herr macht seinen heiligen Arm frei /
vor den Augen aller Völker. Alle Enden der Erde /
sehen das Heil unseres Gottes.

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 2
15 Als die Engel die Hirten verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ.
16 So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.
17 Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war.
18 Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.
19 Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.
20 Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.

Autorin:
Walburga_2009Walburga Rüttenauer–Rest, Bensberg, verheiratet, drei Kinder, Grundschullehrerin, nach der Pensionierung Ausbildungskurs zum Diakonat der Frau, diakonische und liturgische Aufgaben in der Pfarreigemeinde

Die Predigt:
Werde eine Freudenbotin und ein Freudenbote!

Liebe Leserin, lieber Leser,
die erste Lesung des heutigen Weihnachtsfestes beginnt mit einem Freudenboten,
der Frieden ankündigt, /
der eine frohe Botschaft bringt und Rettung verheißt.

In unserer heutigen Zeit, wo in der ganzen Welt Kriege ausbrechen oder schon Jahre lang toben und die Sehnsucht nach Frieden wie ein unstillbarer Hunger die Menschen dort quält, würde ein solcher Friedensbote mit offenen Armen empfangen? Würde man ihm Glauben schenken. Zu oft wurden die Menschen getäuscht. Wer, so würden wir uns fragen, wer hat ihn geschickt? Welche Legitimation hat er? Wie will er die streitenden Lager dazu bringen, seine Botschaft zu hören?

Die Situation in Israel war vergleichbar mit vielen Kriegsorten in unserer Zeit. Hoffnung und Verzweiflung wechselten ständig. Da musste schon gegen alle Mutlosigkeit ein Befehl gegeben werden, der lautet:
Brecht in Jubel aus, jauchzt alle zusammen,
/ihr Trümmer Jerusalems!

Denken wir nur ans heutige Aleppo, das zum größten Teil nur noch aus Trümmern besteht. Wie oft wurde von einer Kriegspause gesprochen, die aber kaum eingehalten wurde. Auch das kannten die Kinder Israels damals.
Denn der Herr tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem
heißt es weiter. Die Boten weckten Hoffnung, aber Jubel konnte erst ausbrechen, als die Menschen getröstet mit eigenen Augen sehen konnten, dass Gott zurückgekehrt war.

Wären wir bereit und fähig, die Rückkehr Gottes in unser Leben, in unser reiches Land wahrzunehmen? Wir hier in einem Land, wo seit mehr als 70 Jahren kein Krieg stattgefunden hat, müssen wir überhaupt getröstet werden? Die Bilder von Kriegsschauplätzen – das Wort allein zeugt davon, wie wir die auswärtigen Kriege wahrnehmen -, als Schauplätze, die wir schrecklich finden, aber auch unsere Schaulust stillen. Doch wie schnell vergessen wir die unmenschlichen Situationen, wenn wir einen anderen Sender eingeschaltet haben.

Der Herr macht seinen heiligen Arm frei /
vor den Augen aller Völker

Über diesen Vers bin ich gestolpert. Was ist damit gemeint? Im Krieg ist es gefährlich, ein Körperglied zu entblößen. Gott liefert sich hier den Völkern aus. Er zeigt ihnen eine Stelle, wo er verwundbar ist.
weihnachten-2016

Als ich vor einigen Jahren dieses Bild gemalt habe, habe ich mir keine theologische Gedanken gemacht. Es entstand wie von selbst. Heute sehe ich es als eine Antwort auf die Fragen, die sich mir bei diesem Vers stellen. Gott macht sich mit der Menschwerdung seines Sohnes verletzbar. Die Antwort auf die Frage, die sich daraus ergibt: „Warum aber zeigt Gott in der Menschwerdung seines Sohnes diese große Verwundbarkeit?“ müsste in einer Karfreitags-Predigt gesucht werden.

Im heutigen Evangelium geht es wie in der ersten Lesung auch um Freudenboten. Zunächst ist es der Engel, der den Hirten die Botschaft von der Geburt des Retters, des so lange erwarteten Messias, verkündet. Doch er verlässt sie und nun zeigt sich, ob die Botschaft von den Hirten wirklich angenommen wird. Als Beweis hatte der Engel ihnen gesagt: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Hätte uns solch ein Beweisstück genügt? Hätten wir der Botschaft des Engels geglaubt? Hätten wir den Mut gehabt, die Botschaft des Engels weiterzugeben, wie es die Hirten spontan taten? Wären wir aufgebrochen und hätten unseren ach so wichtigen Arbeitsplatz verlassen?

Eine Futterkrippe mit einem Neugeborenes in Windeln gewickelt ist zwar ungewöhnlich, aber in wie vielen Schlauchboten der Flüchtlinge wurden und werden Kinder zur Welt gebracht. Dasselbe gilt für viele Entwicklungsländer, wo Kinder auf nacktem Lehmboden geboren werden. Das waren und sind noch bis heute ungewöhnliche Orte für Neugeborene wie eben auch eine Futterkrippe. Aber ist das ein Beweis für die Ankunft des von Gott geschickten Retters? Die Leute, die anwesend waren, Nachbarn oder Neugierige, die die Krippe mit dem Kind sahen, staunten über die Worte der Hirten. Sie hatten das Kind in der Krippe bereits gesehen, doch das hatte nichts bei ihnen ausgelöst. Erst die Worte der Hirten bracht sie zum Staunen.

Selbst für Maria war die Hirtenbotschaft so wichtig, dass sie diese Worte in ihrem Herzen aufbewahrte und darüber nachdachte. Selbst sie, die bereits die Botschaft eines Engels empfangen hatte, brauchte die Botschaft der Hirten, um ihren eigenen Glauben zu stärken. Sie selbst war nicht in der Lage oder willens, den Menschen an der Krippe zu sagen, dass auch ihr ein Engel mit einer ähnlich lautenden Verkündigung verheißen hatte, dieses, ihr Kind, sei der erwartete, von Gott geschickte Retter. Die Worte der Hirten waren also wirklich so überzeugend, dass die Zuhörer über das Unglaubliche staunten. Ob sie alles glaubten, wird offen gelassen. Die Hirten aber kehrten voll Freude und Dank zu ihren Schafen zurück. Ihr Glaube war so stark, dass sie Gott rühmten und priesen.

Bei der exegetischen Auslegung des heutigen Evangeliums wird oft darauf hingewiesen, dass der Beruf der Hirten damals nicht gut angesehen war. So wurde bereits bei der Geburt Jesu deutlich, dass der Retter der Welt vor allem für die Unterschichten, die Verachteten, die Armen und Ausgegrenzten gekommen ist. Doch das erschwert bis auf den heutigen Tag, seine Botschaft mit Erfolg zu vertreten. So scheint es auch den Hirten ergangen zu sein, denn von einer weiteren Verbreitung ihrer Kunde wird in keinem Evangelium berichtet. So bleibt für uns die Aufforderung der Hirten, die Botschaft weiterzugeben, die der Engel in der Heiligen Nacht verkündete.

Uns sind keine Engel erschienen, aber in allen Neugeborenen, die nackt, hilflos und wehrlos geboren werden, begegnet uns Gottes Sohn. Bei den Flüchtlingsfamilien aber auch bei deutschen Harz IV Familien habe ich oft beobachtet, dass sie einen gebrauchten Kinderwagen nicht annehmen. Sie kratzen stattdessen ihr letztes Geld zusammen, ja sie leihen sich Geld oder machen Schulden, nur um das Neugeborene in einen neuen Kinderwagen legen zu können. Unbewusst zeigen sie damit, dass Gott in jedem Neugeborenen uns begegnet. Mit der menschlichen Vernunft kommen wir hier nicht weiter und diese Familien als verschwenderisch zu brandmarken, zeigt nur, dass wir die Botschaft des Engels nicht verstanden haben: „Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der HERR„( Lk2,11)

Das heutige Evangelium ruft uns auf, den Hirten folgend Glaubensboten und Botinnen zu werden. Ein schwieriger Auftrag! Setzt es nicht einen unbeirrbaren Glauben voraus? mögen wir uns rechtfertigen. Ein Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wäre die Freude, mit der wir die Botschaft des Engels weitergeben könnten und nicht hinter vorgehaltener Hand gähnten oder die Botschaft der Engel höchstens als eine rührende Legende stehen ließen.

Vor zehn Jahren wurde in der Osternacht eine junge muslimische Frau getauft. Nach einer mehr als zweijährigen Vorbereitungszeit, hatte sie sich dafür entschieden, was nicht leicht war. Sie verlor damit ihre ganze muslimische Familie, ausgenommen ihre beiden Kinder, die zu einem späteren Zeitpunkt sich taufen ließen. Für die muslimische Familie war sie eine Verräterin, die eigentlich hätte getötet werden müssen. Doch S. ließ sich nicht beirren. Ihre Freude und ihre Dankbarkeit strahlte sie so aus, dass manch einer in unserer Gemeinde sie als ein gelebtes Evangelium erlebte. Besonders in dem Kreis von Frauen mit dem Schwerpunkt Bibelteilen, an dem sie regelmäßig teilnimmt, erzählt sie auch heute noch bewegt und authentisch, wie sie mit ihrem „Herrn“, gemeint ist Christus, in guten und vor allem auch schweren Tagen Gespräche führt.

So ähnlich stelle ich mir die Hirten vor, als sie in Bethlehem, wie auch später in den umliegenden Dörfern von der Botschaft des Engels berichteten. Lasst uns Freudebotinnen in diesen Tagen sein auch wenn die Welt um uns herum gereizt und pessimistisch alle Freude im Kern ersticken will.

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