Freut euch alle im Herrn am Fest aller Heiligen – Hochfest Allerheiligen

Hallelujavers von Allerheiligen
Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen (Mt 11,28)

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 5
1 Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jüngerinnen und Jünger traten zu ihm.
2 Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte:
3 Selig, die arm sind vor Gott; /denn ihnen gehört das Himmelreich.
4 Selig die Trauernden; /denn sie werden getröstet werden.
5 Selig, die keine Gewalt anwenden; /denn sie werden das Land erben.
6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; /denn sie werden satt werden.
7 Selig die Barmherzigen; /denn sie werden Erbarmen finden.
8 Selig, die ein reines Herz haben; /denn sie werden Gott schauen.
9 Selig, die Frieden stiften; /denn sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden.
10 Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; /denn ihnen gehört das Himmelreich.
11 Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet.
12 Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.

Autorin:
Walburga_2009Walburga Rüttenauer – Rest, Bensberg, verheiratet, drei Kinder, Grundschullehrerin, nach der Pensionierung Ausbildungskurs zum Diakonat der Frau, diakonische und liturgische Aufgaben in der Pfarreigemeinde

 
Die Predigt:
Freut euch alle im Herrn am Fest aller Heiligen

Liebe Leserin, lieber Leser,
jedes Evangelium ist eine Frohbotschaft, das heutige Evangelium aus der Bergpredigt besonders. Denn heute geht es um das Himmelreich. In der Volkstradition ist der Himmel mit wunderbarer von Engeln gespielter Musik erfüllt. Auch bei Lukas im zweiten Kapitel tritt ein Engelchor vor die Hirten, die Gott mit Gesang preisen. Ich kann mir den Himmel ohne Musik nicht vorstellen.

Jedes Mal, wenn ich Lektorendienst habe, bereite ich mich zunächst auf den Hallelujavers vor, oder besser gesagt auf die Melodie zu diesem Vers. Vor etlichen Jahren nahm ich an einer Kurzausbildung zur Kantorin teil. Es wurde dabei Wert darauf gelegt, dass wir auch in der Lage sein sollten, ohne vorgegebene Noten den Antwortpsalm nach der ersten Lesung und den Hallelujavers vor dem Evangelium singen zu können.

Mit dem jeweiligen Hallelujavers verbringe ich oft eine Woche lang, denn ich stellte bald fest, dass der Vers fast immer die Quintessenz des Evangeliums enthält. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser verstehe ich das Evangelium. So ist es für mich zu einer Gewohnheit, geworden, eine Melodie aufzuschreiben, die den Vers, in seiner Bedeutung unterstützt. Die Melodie begleitet mich dann oft noch die ganze kommende Woche. Sie ändert sich manchmal auch, wenn ich das Evangelium nach einiger Zeit noch einmal betrachte. So entstehen verschiedene Melodie-Fassungen. Am Sonntag muss ich mich dann entscheiden und bin gespannt, ob die Predigt zu meiner kleinen Melodie passt.

Schauen wir uns das heutige Evangelium geruhsam an. Jesus sieht die vielen Menschen und begibt sich auf eine Erhöhung, damit alle ihn sehen und hören können. Er setzt sich hin und schenkt damit den Menschen das Zeichen, „Ich habe für euch Zeit, lasst euch auch nieder“. Es ist ein Hügel, der einen Blick auf den See Genezareth frei gibt. Es ist ein Ort, bei dem man verweilen möchte, das habe ich selbst auf einer Reise dorthin erfahren.

Warum aber spricht Matthäus von einem Berg? Im Ersten und im Neuen Testament spielen die Berge eine bedeutende Rolle. Sie tauchen auf, wenn Gottes Nähe spürbar wird. Doch hier möchte ich nur den Berg Horeb nennen. Gott gab seinem Volk durch Moses auf diesem Berg die zehn Gebote, das Grundgesetz für sein Volk. Jesus steigt auf einen namenlosen Berg, eigentlich einen Hügel, und spricht den Menschen hier in ihren verschiedenen Lebenslagen zehn Seligsprechungen ohne Bedingungen zu. Gebote enthalten Forderungen, die erfüllt werden sollen. Seligsprechungen aber sind Versprechungen, Zusagen, die den Hörer beglücken und zum Verweilen einladen. Die Seligsprechungen erfolgen nicht auf Grund besonderer Leistungen, sondern weil Gott uns liebt, uns, die wir einfach unser jeweiliges Leben ihm vorhalten.

Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen.

Jesus stellt die Seligsprechungen bewusst den zehn Gebote gegenüber. So wie die Gebote sich an alle Menschen wenden so auch die Seligpreisungen und nicht wie einige Exegeten den Text so verstehen, dass es sich hier nur um erlesene Menschen wie die Jünger handelt. Die Seligpreisungen verstehe ich wie ein großes Bild vom Himmelreich. Die Verschiedenheit der Menschen mit ihren Schwächen und Stärken und ihren Situationen geben dem Bild vom Himmelreich eine reiche Vielfalt. Alle diese Menschen finden in den Seligpreisungen ihr Ziel, ihre Heimat.

Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen.

Die erste und die letzte Seligsprechung endet mit dem Wort: Himmelreich. So kann man zurecht diesen Text als eine Beschreibung dessen verstehen, was Jesus unter Himmel versteht. Wir werden mit unserer persönlichen Geschichte dort einen Platz finden, wo wir uns bei Gott ausruhen können. Ich stelle mir das so vor:

V 3.Selig, die arm vor Gott
Die Armen vor Gott sind die Menschen, die nur wenig Selbstachtung haben, weil sie glauben, dass sie nichts vorzuweisen haben. Sie werden von Gott besonders liebevoll aufgenommen. Sie haben keinen Besitz, der ihnen den Blick auf Gott verstellen kann. Sie sind am Ziel, wo sie ohne Scham zu Gott aufsehen können und sich geborgen fühlen..

V 4 Selig, die Trauernden
Die Trauernden erleben die Aufnahme bei Gott als eine tiefe Tröstung, als eine Zuwendung, die alle Tränen abwischt. Jetzt werden sie ihren großen Verlust als einen unerwarteten Gewinn erfahren. Denn Gott hat ihre Tränen gesammelt (siehe Psalm 56,9) und so ihnen einen besonderen Wert gegeben.

V 5. Selig, die Gewaltlosen
Die Gewaltlosen werden ihre Sanftmut als Kraft erleben, die es ihnen möglich macht, ihr himmlisches Erbe, den Frieden, über das ganze Reich des Himmels, auszubreiten.

V 6 Selig, die hungern und dürsten
Die unter der Ungerechtigkeit in der Welt leiden, werden zu einem großen Mahl eingeladen, wo der göttliche Gastgeber sie mit seiner Gerechtigkeit sättigt, in dem sie dann für das „Warum“ eine Antwort erhalten, die allem Leid die Schmerzen nimmt.

V 7.Selig, die Barmherzigen
Die Barmherzigen werden Gottes Erbarmen in besonderer Weise als einer Fülle von unbeschreiblicher Liebe erleben. Sein Erbarmen ergießt sich über alle, die ohne einen besonderen Grund sich der Armen, Verletzten, Ausgebeuteten … annehmen.

V 8 Selig, die ein reines Herz haben
Die Menschen, die sich nicht vom Verstand allein, sondern vor allem vom Herz leiten lassen, und dem Vorbild Gottes folgen, werden bei Gott eine unvorstellbare Harmonie, einen Gleichklang erfahren.

V 9.Selig, die Frieden stiften
Die Friedensstifter und Friedensstifterinnen werden eine besondere Nähe Gottes erfahren, wo all ihre Misserfolge, Versagen und Verletzungen dadurch verwandelt werden, dass man sie sogar in der gottlosen Welt als Kinder Gottes anerkennt.

V10. Selig, die um der Gerechtigkeit verfolgt werden
Die Verfolgten werden, weil ihre Gerechtigkeit mit der Gerechtigkeit der Welt unvereinbar ist, mit göttlichen Schutz umgeben, um endlich für immer bei Ihm angekommen zu sein.

– Die Verse 11 und 12 wurden in einer späteren Zeit hinzugefügt und richten sich konkret an die anwesende Gemeinde mit ihren Problemen. So werden sie direkt angesprochen.
V11 Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. V12 Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein“.
Diese beiden Verse spielen auf die schwierige Situation der frühen Kirche an und die erste Christenverfolgung. –

Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen.

Mit meiner kleinen Melodie habe ich versucht, die Worte: alle, schwere Lasten, ich, Ruhe verschaffen, hervorzuheben. Wäre ich eine Generation jünger, dann würde ich Ihnen diese kleine Melodie als Hintergrundmusik unterlegen. Technisch gesehen, wäre es möglich. In der Kirche habe ich den Vers gesungen. Da ich leider meine Predigt nicht anfügen durfte, konnte ich Zuhörer damit nicht wieder aufwecken, um Jesu Ruhe zu erfahren.

Ich stelle mir diese Ruhe so vor, dass im Himmelreich alle mit ihrem besonderen Lohn einander stärken und annehmen, so dass keiner mehr auf sich aufmerksam machen will oder muss, weil wir als große Familie gemeinsam diese lebendige Ruhe genießen werden. Wie in einem Bild sich die Farben vermischen, sich gegenseitig hervorheben oder abschwächen so stelle ich mir das Gemälde vom Himmelreich vor, das Jesus mit seinen Seligpreisungen beschreibt. Die Plagen und Lasten nimmt Gott uns nicht weg, denn sie gehören zu uns. Wir sollen sie zu ihm bringen. Bei ihm werden wir sie ablegen können, um dann seine heilsame Ruhe im Himmelreich zu erfahren.

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Eine Antwort auf Freut euch alle im Herrn am Fest aller Heiligen – Hochfest Allerheiligen

  1. Walter sagt:

    … selig sind ,die (mit-) leiden… !
    Das „Böse “ im Diesseits ? Das „Gute“ im Jenseits/ Himmelreich ?
    Kann ein Geschöpf auf Dauer Leid ertragen, ohne Schaden zu nehmen ?
    Flucht mit dem „Opium des Himmelreichs“ als Ausweg ?

    „Wenn ihr nicht werdet, wie diese (m e i n e ) Kleinen !“
    Vielleicht will ER, dass wir im ( Mit-) Leid schon h i e r Frieden finden…

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