Vom Loslassen – Zulassen – Weglassen – 23. Sonntag im Jahreskreis C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 14
25 Viele Menschen begleiteten Jesus; da wandte er sich an sie und sagte:
26 Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht meine Jüngerin oder mein Jünger sein.
27 Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.
28 Wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und rechnet, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen?
29 Sonst könnte es geschehen, dass er das Fundament gelegt hat, dann aber den Bau nicht fertigstellen kann. Und alle. die es sehen, würden ihn verspotten
30 und sagen: Der da hat einen Bau begonnen und konnte ihn nicht zu Ende führen.
31 Oder wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, setzt er sich dann nicht zuerst hin und überlegt, ob er sich mit seinen zehntausend Mann dem entgegenstellen kann, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt?
32 Kann er es nicht, dann schickt er eine Gesandtschaft, solange der andere noch weit weg ist, und bittet um Frieden.
33 Darum kann niemand von euch mein Jünger oder meine Jüngerin sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.

Autorin:
J. Schnitzler-Forster 2016Jutta Schnitzler – Forster, Gemeindereferentin in Ulm, tätig in der Gemeinde, in der Klinikseelsorge und in der Beratung

 
Die Predigt:
Vom Loslassen – Zulassen – Weglassen

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Ein erfülltes, glückliches Leben besteht im Loslassen – im Zulassen und im Weglassen!“ Dieser Spruch bringt für mich das heutige Evangelium auf einen prägnanten Nenner. Jünger und Jüngerin sein, das erfordert aus meiner Sicht zuallererst Haltungen. Kann jemand, der seine Familie und das eigene Leben zum ausschließlichen Maßstab und Mittelpunkt seiner Handlungen macht, in der Nachfolge Jesu leben? Das Evangelium sagt nein.

Wer Jesus nachfolgen will, der muss offensichtlich vieles loslassen.
In den verschiedenen Bereichen unseres Lebens haben wir Vorstellungen und Wünsche und wir tun viel dafür, diese umzusetzen. Wir meinen unser Leben so in den Griff zu bekommen und es glücklicher zu machen. Das ist gut und wichtig, aber es gibt immer wieder Zeiten, in denen genau das nicht geht. Wenn sich zum Beispiel ein Konflikt in der Familie verfestigt hat oder wenn ein Schicksalsschlag alles in Frage stellt. Wenn es beruflich nicht mehr läuft oder wenn das, was früher Sinn gegeben hat, plötzlich nicht mehr trägt, dann kommen wir an Grenzen. Diese zeigen uns: wir dürfen und wir müssen loslassen, damit es weiter geht. Das bedeutet, eine Situation, einen Menschen und häufig auch eigene Vorstellungen frei zu geben und dadurch frei zu werden. Es bedeutet, die eigene Existenz in die Hand Gottes zu legen.

Loslassen ist auch eine wichtige Haltung im Alltag und viele haben es in den vergangenen Urlaubs- und Ferienwochen erleben dürfen. Der Zeitplan des Alltags, die Anforderungen von Beruf und Schule, Konflikte, die man mit sich herumschleppt und andere sorgenvollen Dinge waren plötzlich weit weg, denn wer los lässt, fühlt sich freier, leichter und glücklicher. Die Lebenskräfte fließen und regenerieren sich.
Loslassen ist eine Lebenshaltung und bedeutet, Dinge nicht mehr so wichtig nehmen und sich durch diese nicht bestimmen zu lassen. Durch das Loslassen entsteht Raum, der sich neu füllen kann.

Loslassen von dem, was das eigene Leben geprägt hat, tut weh. Es macht zunächst hilflos, hilft aber auch flexibler zu werden und sich für Neues zu öffnen. Es fühlt sich entlastend an, die Verantwortung abzugeben und nichts mehr festzuhalten und in eine bestimmte Richtung zu lenken. So lebe ich mein Gottvertrauen! Loslassen ist für mich eine wesentliche Haltung in der Jesusnachfolge. Loslassen tut gut und Loslassen ist immer wieder unendlich schwer.

Das heutige Evangelium benennt noch eine weitere Haltung. Es ist das Zulassen:
Die Aufforderung, das eigene Kreuz anzunehmen und es zu tragen, ist eine weitere Zumutung. Zur Nachfolge gehört die Bereitschaft, sich auch auf Leid im Leben einzulassen und das persönliche Schicksal anzunehmen. Wir wissen erst dann, wie schwer es ist, wenn es uns selber getroffen hat. Oft dauert es Monate und Jahre, bis man mit etwas leben gelernt hat, das man sich nicht selber ausgesucht hat.

Eine dritte Haltung im Bereich des Lassens ist das Weglassen. Wie gut es tut, wenn wir unser Leben entschlacken, wenn wir uns immer wieder von Dingen und manchmal auch von Menschen und Situationen trennen, das vergessen wir oft. Wir sollten unser eigenes Leben und das der anderen nicht komplizierter machen und uns stets bemühen, bei Herausforderungen nach einfachen und nachhaltigen Lösungen zu suchen.

Nachfolge erfordert also immer auch kluge Entscheidungen. Letztendlich sollen wir mit diesen Haltungen und unserem ganzen Lebensstil frei werden für Gott. Dann wird Nachfolge möglich, die sich gerne in konkretem Handeln zeigen darf.

Nachfolge geschieht für mich im Grundrhythmus des Lassens: Loslassen – Zulassen – Weglassen. Immer wieder darf und muss ich schauen, was gerade dran ist.

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2 Antworten auf Vom Loslassen – Zulassen – Weglassen – 23. Sonntag im Jahreskreis C

  1. Walter sagt:

    „… Christus hat uns ( vom Gesetz,zum Loslassen,etc.) erlöst…“ (Gal.3/13).
    Haben nicht die Theologen über diese evolutionäre Erkenntnis den Dogmatismus gestülpt- „herausgedacht“ aus den sog. Hl. Schriften ?
    Und sind wir Heutigen mit der Notwendigkeit der „Entweltlichung der Kirchen “ nicht wieder näher an der Ausgesetztheit – und gelassenen Freiheit der ersten JüngerInnen ?

  2. Walburga Rüttenauer-Rest sagt:

    Nachfolge geschieht auch für mich im Grundrhythmus des Lassens: Loslassen – Zulassen – Weglassen. Das fasst endlich mein oft chaotisches Streben nach echter Nachfolge in eine Formel zusammen, die mir eine lebenswichtige Erleichterung schenkt.
    Mir fehlte bisher das „Weglassen“. Vielen Dank! Walburga

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