„Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf!“ – Zum Weltgebetstag am 4. März 2016

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 10
13 Man brachte Kinder zu Jesus, damit er ihnen die Hände auflegte. Die Jüngerinnen und Jünger aber wiesen die Leute schroff ab.
14 Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.
15 Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.
16 Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.

Autorin:
A. TrautmannAndrea Trautmann, Pastoralreferentin, Geistliche Diözesanleiterin BDKJ/BJA in der Diözese Rottenburg – Stuttgart

 
Die Predigt:
„Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf!“

Liebe Leserin, lieber Leser,
unter diesem Motto feiern am ersten Freitag im März weltweit Frauen Weltgebetstag. In diesem Jahr steht Kuba besonders im Mittelpunkt. Frauen von dort haben die Liturgie geschrieben, laden ein zum Gebet und bitten darum, sie und ihre Anliegen in unsere Gebete einzuschließen. „Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf!“ – so verstehen sie die Botschaft des sogenannten Kinderevangeliums im 10. Kapitel des Markusevangeliums.

Jesus ist mit seinen Jüngern und Jüngerinnen auf dem Weg nach Jerusalem und es entspinnt sich ein Streit zwischen den Jüngern und Jüngerinnen um die besten Plätze im Reich Gottes, so erzählt der Evangelist im 9. Kapitel. Und Jesus stellte ein Kind in die Mitte, umarmte es und sagte: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf! Einige Zeit später während einer Predigt in Judäa bringen Menschen Kinder zu Jesus, damit er sie segnet. Wir hören, dass die Jüngerinnen und Jünger die Leute schroff abweisen und von Jesus zurechtgewiesen werden müssen. Jesus möchte, dass die Kinder zu ihm kommen können, denn „Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes“. Und „wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen.“ Und dann segnet er die Kinder.

Was die Jüngerinnen und Jünger Jesu betrifft, erscheint uns das Bild vielleicht ungewöhnlich. Ein Star soll geschützt werden, für eine Leitfigur gibt es feste Bilder und Schubladen, Menschen schaffen Hindernisse, bewusst oder unbewusst. Möglicherweise greift dieses Bild eine spätere Realität auf. Wer gehört eigentlich zur Gemeinde? Dürfen schon Kinder getauft werden? Kinder, in biblischen Zeiten rechtlose und schwache Menschen ohne gesellschaftlichen Status, suchen die Nähe Jesu, die Nähe Gottes. Wen hindern wir daran, die Nähe Gottes zu spüren? Vielleicht durch Regeln, die gelten, oder die Art wie wir Gemeinde organisieren oder Gottesdienste feiern. Wo lasse ich mich hindern? Was steht mir im Weg?

Jesus nimmt die Kinder in die Arme, hebt sie auf Augenhöhe und segnet sie. Uns sagt er: „Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.“ Kinder sind angewiesen auf Vertrauen, da sie klein und schwach sind. Sie kennen keine religiösen Vorschriften, sie sind direkt in ihren Kontakten und auf Beziehung angewiesen. So sollen wir glauben: Im Verzicht auf Status, rechtlos wie ein Kind, und im Vertrauen auf Gott. Das Reich Gottes ist ein Geschenk. Hier gelten neue Maßstäbe. Die Ersten werden die Letzten sein. Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Gott sättigt die Armen und lässt die Reichen leer ausgehen. Mit den Ohren von kleinen, schwachen, ausgegrenzten Menschen gehört, ist das eine verheißungsvolle Zukunft. Der Eintritt ins Reich Gottes entscheidet sich am Verhalten zu den Armen, zum Kleinen und Schutzlosen. Eine Aufforderung für eine dienende Kirche und eine Option für die Armen. Eine Aufforderung, die immer wieder neu in den Blick genommen werden muss.

Wo wenden wir uns als Gemeinden den Kindern, Rechtlosen und Schwächsten unserer Gesellschaft zu? Spüre ich hinter meinen eigenen Erfahrungen von Ohnmacht und Schutzlosigkeit einen Hauch vom Reich Gottes oder lasse ich mich von der Angst leiten? Sehe ich in Kindern, in der Begegnung mit Armen, in meinem Nächsten Gott? Denn: Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf, so hat Jesus gesagt. Die Frauen aus Kuba laden ein zu einer neuen Begegnung mit Kindern und den Schwächsten in unserer Welt, sie laden ein, uns und unsere Welt dadurch vertrauensvoll verändern zu lassen und unsere Herzen erfüllen zu lassen mit Zärtlichkeit und Liebe und der Hoffnung auf das Reich Gottes.
Amen.

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Eine Antwort auf „Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf!“ – Zum Weltgebetstag am 4. März 2016

  1. Walter sagt:

    … Bild des Jahres…
    es ist eine SEINER schmerzhaftesten Ohrfeigen für SEINE so „reich“ gesegneten abendländischen christlichen Jünger…

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