Auf Jesus hören – 2. Fastensonntag C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 9
In jener Zeit 28b nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten.
29 Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß.
30 Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija;
31 sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte.
32 Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen.
33 Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.
34 Während er noch redete, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie. Sie gerieten in die Wolke hinein und bekamen Angst.
35 Da rief eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
36 Als aber die Stimme erklang, war Jesus wieder allein. Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon.

Autorin:
Maria Lerke Maria Lerke, Pastoralreferentin, Seelsorgeeinheit Winnenden – Schwaikheim – Leutenbach

 
Die Predigt:
Auf Jesus hören

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Da blickt doch keiner mehr durch!“ – So viele Situationen scheinen derzeit so aussichtslos und verwirrt; oftmals meinen wir wie vor einem riesengroßen, unbezwingbaren Berg zu stehen und wir wissen nicht, wie es weitergehen soll.

Ob es sich um die Politik dreht, die sich immer weiter in ihren Wahlkampf verbohrt, anstatt dringende Probleme gemeinsam und besonnen in den Griff zu bekommen, oder ob es sich um Situationen im beruflichen Bereich handelt, wo das Menschliche kaum noch Platz hat und sich alles der Gewinnoptimierung des Betriebes unterordnen muss. Wie lange können Menschen solche Zustände aushalten, ohne krank zu werden oder völlig ausgebrannt aufzugeben?

Aussichtslos – so schien auch die Situation der Jüngerinnen und Jünger gewesen zu sein, nachdem Jesus zu ihnen von seinem bevorstehenden Leidensweg gesprochen hatte. Sie mussten mit dem Schlimmsten rechnen – und das, obwohl es doch gerade so gut voran ging. Endlich hatten die Jünger erkannt, wer Jesus wirklich war und Petrus hatte es ausgesprochen: Du bist der Messias. Wir vertrauen Dir! Auf Dich hat die Welt gewartet!
Endlich ist er da, der Messias, der mächtige Herrscher, der politische Befreier, der von Gott Gesandte!

Doch Jesus verbindet mit dem Wort Messias etwas völlig anderes. Seine schockierende Leidensansage soll diese recht irdischen Vorstellungen zurechtrücken: Er will nicht der triumphale Sieger sein, sondern er ist der „Knecht Gottes“, der schon im Alten Testament angekündigt wurde. Dieser Knecht muss leiden und wird sogar dem Hass seiner Gegner ausgeliefert. Doch Gott steht zu ihm und wird ihm letztlich doch zum Sieg verhelfen. Jetzt ist die Verwirrung des Jüngerkreises vollkommen: Wie kann einer, der gefoltert und umgebracht wird, der scheitert, bevor er noch Großes vollbringen konnte, wie kann so einer von Gott gesandt sein, wie soll so einer Befreiung und Erlösung bringen?

In dieser Situation ruft Jesus Petrus, Johannes und Jakobus zu sich, nimmt sie mit sich auf den Berg, um zu beten. Ähnlich wie am Abend vor dem Karfreitag zieht sich Jesus allein zum Gebet zurück. Die Jünger sind müde, vielleicht vom Aufstieg, vielleicht auch von den verwirrenden Ereignissen, auf jeden Fall schlafen sie ein. So merken sie zunächst nichts von der Verklärung Jesu.

Dafür bekommen wir, die dem Evangelium zuhören, einen Einblick in die ganz großen Zusammenhänge der jüdischen Heilsgeschichte. Um die Gotteserfahrung Jesu in Worte zu fassen, benützt Lukas Bilder und Motive, die den Gläubigen damals aus den Heiligen Schriften bestens bekannt waren:
Jesus ist auf dem Berg – auch Mose und Elija wurde auf einem Berg die Offenbarung Gottes zuteil. Die Wolke, die Jesus umgibt, ist auch schon beim Auszug aus Ägypten ein Bild für die Gegenwart Gottes.
Und schließlich erscheinen Mose und Elija selbst – Mose als der Gesetzesüberbringer und Elija als der größte Prophet von allen. Sie vertreten das Gesetz und die Propheten, also die ganze jüdische Tradition. Während Mose bei seiner Gottesbegegnung auf dem Sinai so vom Lichtglanz Gottes getroffen wurde, dass er strahlend den Berg hinabstieg, leuchtet Jesus von sich selbst heraus in strahlendem Licht. Mose und Elija sprechen mit Jesus darüber, dass er als Messias, als Gesalbter Gottes leiden und sterben müsse. Als die Jünger endlich aufwachen, begreifen sie nicht, was sich vor ihren Augen ereignet. Mit den Hütten, die der verwirrte Petrus dann bauen will, werden wir schließlich an das Laubhüttenfest erinnert, bei dem jährlich an die Offenbarung Gottes in der Wüste erinnert wird.

Wieder einmal haben die Jünger das Messiasgeheimnis nicht verstanden – erst nach dem Tod und der Auferstehung Jesu werden sie diese großen Zusammenhänge begreifen können. Wenn sie sich sonst nicht immer an das Schweigegebot Jesu hielten, dieses Mal taten sie es! Wie hätten sie auch diese unglaubliche und verwirrende Botschaft verkünden können, die von Gott selbst aus der Wolke kam: Wichtiger als das Gesetz und die Propheten ist es, auf den Herrn zu hören!

Jesus steht also nicht nur in einer Reihe mit den großen Heilsgestalten des Volkes Israel – wer die vielen Anzeichen immer noch nicht erkannt hat, bekommt es von Gott sogar selbst gesagt: Jesus ist der Sohn, der Erwählte auf den alle hören sollen.
Jetzt müsste es allen klar sein, dass Jesus kein gescheiterter Prophet ist, sondern er ist von Gott „durchleuchtet“! Jesus erfüllt voll und ganz den Auftrag, der von Gott selbst kommt. Mit Jesus erreichen die Gottesoffenbarungen der Heilsgeschichte ihren unüberbietbaren Höhepunkt: das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
Ob es sich bei der Verklärung um eine historische Begebenheit aus dem Leben Jesu handelt oder nicht, Lukas will mit dieser Geschichte in erster Linie uns allen seinen Glauben vermitteln: Jesus ist trotz Leiden und Kreuzigung der von Gott gesandte und beglaubigte Messias, der Erlöser der Menschen.

Leiden und Tod als Durchgang zur Herrlichkeit – was für eine Botschaft! Die Verwirrung der Jünger ist wirklich verständlich! Wer soll das begreifen? Warum muss Jesus diesen Weg gehen – hätte es nicht auch andere, menschlichere Möglichkeiten gegeben?
Im heutigen Evangelium gibt Gott selbst die Antwort: „Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.“ Auf Jesus hören – darum geht es, sein Wort kann aus dem tiefsten Dunkel herausführen, sein Wort führt aus dem Nebel in die Klarheit:„Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt.“ – dieses Versprechen Jesu ist für mich so ein Wort, das alles verwandeln kann. Jesus ist auch dann bei mir, wenn ich in diese Welt und ihre Schuld hinein verstrickt bin, oder wenn ich vor lauter Angst den Mund halte. Jesus ist auch dann bei mir, wenn ich nach tröstenden Worten ringe, oder wenn mir die Stimme versagt am Sarg einer Jugendlichen. Im tiefsten Dunkel ist er an meiner Seite! Diese Offenbarung der Liebe Gottes kann auch mein Leben verwandeln, verklären.

Jesus hat durch die Offenbarung Gottes auf dem Berg Klarheit für seinen weiteren Weg bekommen, die Begegnung mit Gott, seinem Vater, hat ihn gestärkt. Die Fastenzeit will auch uns einladen, herauszusteigen aus unseren Verstrickungen, uns im Gebet wieder an Gott zu wenden und uns in sein Licht zu stellen. Auch wir dürfen wie Jesus darauf vertrauen, dass Gottes Liebe uns den rechten Weg weist. Amen

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