1 Im Anfang war das Wort, /
und das Wort war bei Gott, /
und das Wort war Gott.
2 Im Anfang war es bei Gott.
3 Alles ist durch das Wort geworden /
und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
4 In ihm war das Leben /
und das Leben war das Licht der Menschen.
5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis /
und die Finsternis hat es nicht erfasst.
6 Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.
7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, /
kam in die Welt.
10 Er war in der Welt /
und die Welt ist durch ihn geworden, /
aber die Welt erkannte ihn nicht.
11 Er kam in sein Eigentum, /
aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
12 Allen aber, die ihn aufnahmen, /
gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, /
allen, die an seinen Namen glauben,
13 die nicht aus dem Blut, /nicht aus dem Willen des Fleisches, /
nicht aus dem Willen des Mannes, /
sondern aus Gott geboren sind.
4 Und das Wort ist Fleisch geworden /
und hat unter uns gewohnt /
und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, /
die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, /
voll Gnade und Wahrheit.
15 Johannes legte Zeugnis für ihn ab und rief: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war.
16 Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, /
Gnade über Gnade.
17 Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
18 Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.
Autorin:
Andrea Trautmann, Pastoralreferentin, Geistliche Diözesanleiterin BDKJ/BJA in der Diözese Rottenburg – Stuttgart
Die Predigt:
Gottes Liebe ist der Anfang von allem
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Ich liebe dich – ich liebe dich auch“. Worte Liebender, die oft nur unzureichend ausdrücken können, was der liebende Mensch innerlich fühlt. Worte, die nicht ausgesprochen werden müssen, um sich dem anderen verständlich zu machen, sondern die eher betonen, was gefühlsmäßig schon bekannt ist. Worte, die nach außen bringen, was innen ist.
Im Anfang war das Wort. Damit beginnt die Frohe Botschaft des Weihnachtstages. Wie eine Überschrift über das ganze Evangelium sagt uns dieser eine Satz, dass zumindest ein Wort bereits gesprochen ist: Das entscheidende Wort, Gottes Wort. Es beginnt wie die Schöpfungsgeschichte der Genesis: Im Anfang. Und auch dort hat Gott gesprochen. Gott sprach und es wurde die Welt. Und Gott sah, dass es gut war. Und sie wurde zu einer Welt, die für uns gut ist. Gott sprach und er rief uns ins Leben, in ein Leben, das alles enthält, was für uns gut sein kann. Und Gott sprach das Wort, das bei ihm war, und Mensch geworden ist. Gott sandte dieses Wort zu uns, ließ es sogar Fleisch werden und tat dies, damit wir begreifen, dass alles Entscheidende, das Allerwichtigste, dass genau dies bereits getan ist – und zwar von Gott. Gott wurde Mensch – eine einzigartige Liebeserklärung Gottes an uns Menschen: Seht, ich bin bei euch.
Das Wort Gottes – eine philosophische Hilfskonstruktion mit der die Theologie beschreibt, wie Gott in die Welt kommt. Dabei ist die Übersetzung „Wort“ oft unzureichend. Im Anfang war „die Weisheit“, „die Wahrheit“, „der Sinn“,… – alle diese Übersetzungen versuchen in Worte zu fassen, was eigentlich nur mit dem Herzen fühlbar ist. So wie bei den beiden Liebenden die Worte nur die Bestätigung einer Wirklichkeit sind. Gott liebt diese Welt und die Menschen. Gott hat sie gut geschaffen. Das ist der Anfang von allem. Gott hat einen Anfang gemacht, einen Anfang, bei dem es jetzt an uns ist, ob wir ihn fortführen oder nicht. Ob Gottes Wort, Gottes Liebe, unter uns Menschen Kreise ziehen kann, weitergeht und andere ansteckt, das liegt zu einem guten Teil an uns.
Wir wissen, was aus dem Krippenkind von Betlehem geworden ist: Der menschgewordene Gott, Jesus, wurde mit seiner Botschaft und mit seinen Taten angefeindet und verfolgt – von den religiösen Führern und ihren Anhängern. Das aufgewiegelte Volk hat ihn erst hochgejubelt und dann verspottet. Von den politischen Machthabern wurde er gefoltert, verurteilt, aufs Kreuz gelegt und hingerichtet.
So beschreibt es auch unser Evangelium: Er war in der Welt, … aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, die Seinen aber nahmen ihn nicht auf. Auch heute könnte man meinen, die Jesusgeschichte geht gleichermaßen aus: Annahme verweigert. Denn es gibt auch weiterhin Ablehnung, Gleichgültigkeit, Konsumdenken in der Kirche und in Bezug auf die Kirche. Ich zahle, also bin ich Christ bzw. Christin. Taufe und Kirche gehört irgendwie noch dazu, dass dies auch eine Verpflichtung zu religiösem Leben und eine Mitmacherklärung ist, wird oft nicht mehr verstanden.
Er war in der Welt, aber die Welt erkannte ihn nicht. Das ist die Geschichte von Weihnachten: Gott ist in der Welt. Bis heute. Gott ist da und es liegt an uns, Gott wahrzunehmen. Die Seinen aber nahmen ihn nicht auf. Es liegt an uns, Gottes Angebot anzunehmen, sozusagen auf Sendung zu gehen, uns auf Gott hin auszurichten und Gott zu suchen im Kleinen, im armen Krippenkind, in den Geflüchteten, im Stall am Rand der Welt.
Und es gibt noch die andere Seite. Gott hat Jesus nicht am Kreuz gelassen. Jesus ist auferstanden. Gott hat den Menschen gezeigt, wie bedingungslos Liebe ist. Gerade wenn es schwierig wird, in den dunklen Stunden des Lebens, leuchtet Gottes Licht hell. Das Licht leuchtet in der Finsternis. Aber die Finsternis hat es nicht erfasst. Es gibt die Finsternis, auch für die Menschen, die Gott in ihrem Leben einen Platz geben. Aber das Licht Gottes leuchtet in der Finsternis. Das ist die Hoffnung der Kinder Gottes. Es gibt keine Nachfolge ohne Dunkelheiten. Keine Liebe ohne Leiden. Für ein verliebtes Paar wiegen die Herausforderungen des gemeinsamen Lebens nicht schwer. Was zählt, ist die Liebe. Wer Gottes Liebe in sein Herz lässt, wer aus Gott geboren wird, wird die Dunkelheiten des Lebens bestehen. Amen.