Gottes Heilsplan für uns – 25. Sonntag im Jahreskreis B

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 9
Übersetzung: Eine Übersetzung, die unsere Sprache spricht
30 In jener Zeit verließ Jesus mit seinen Jüngern – und Jüngerinnen – diese Gegend und zog durch Galiläa.
31 Weil er seinen Jüngern noch Wichtiges zu sagen hatte, wollte er mit ihnen allein bleiben. „Der Menschensohn wird bald in der Gewalt der Menschen sein,“ sagte Jesus, um sie auf die kommenden Ereignisse vorzubereiten. „Sie werden ihn töten.
32 Aber drei Tage nach seinem Tod wird er wieder auferstehen.“
Doch die Jünger verstanden kein Wort und trauten sich auch nicht, ihn zu fragen.
33 Sie kamen nach Kapernaum. Als sie zu Hause waren, fragte Jesus die Jünger: „Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?“
34 Sie schwiegen verlegen, denn sie hatten sich darüber gestritten, wer von ihnen der erste und größte sei.
35 Da setzte sich Jesus hin, rief alle zwölf zu sich und sagte: „Wer der erste sein will, der soll sich allen anderen unterordnen und ihnen dienen.“
36 Er rief ein kleines Kind, stellte es in die Mitte und umarmte es. Dann sagte er:
37 „Wer ein solches Kind mir zuliebe aufnimmt, der nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern Gott, der mich gesandt hat.“

Autorin:
wetzel-140x150Sabine Wetzel, Gemeindereferentin in der Seelsorgeeinheit Ailingen, Ettenkirch, Oberteuringen

 
Die Predigt:
Gottes Heilsplan für uns

Liebe Leserin, lieber Leser,
das eben gehörte Evangelium enthält deutlich erkennbar zwei Teile: Zum einen die Belehrung der Jüngerinnen und Jünger durch Jesus über seinen bevorstehenden Tod – zum andern eine Zeichenhandlung mit dem Kind. Diese Zeichenhandlung wiederum als Unterstützung einer weiteren Belehrung mit einem ganz anderen Thema. Vielleicht haben Sie sich gefragt, warum heute, so mitten im Jahr, der Leidenshinweis im Tagesevangelium vorkommt – der würde doch eher in die Fastenzeit passen. Ja. Der Leseplan ist jedoch so aufgebaut, dass – jetzt, im sogenannten Markusjahr – viele Textteile aus dem Markusevangelium fortlaufend gelesen werden.

In beiden heutigen Textteilen wird deutlich, dass Markus ein Glaubensbuch geschrieben hat – wir könnten auch sagen: ein Lehrbuch. Die Schüler kennen solche Lehrbücher ja, die Schule hat ja eben wieder angefangen. Es ist also keine Biographie über das Leben Jesu. Es ist also keine exakte Beschreibung des Lebens Jesu in der genauen zeitlichen Abfolge. Sondern: Markus nahm in den frühen Christengemeinden, in denen bisher über Jesus ausschließlich erzählt wurde, Probleme im religiösen Leben, im Glaubensleben wahr. So litten die frühen Christen zu dieser Zeit unter Verfolgung, unter Christenverfolgungen. Darum wollte Markus mit seiner Schrift die Menschen in ihrem Glauben festigen, ihnen einen Wegweiser für ihren Glauben in dieser schwierigen Zeit geben.

Wenn wir den ersten Teil des heutigen Evangeliums anschauen: es ist im Markusevangelium die zweite von drei Leidensankündigungen Jesu. Aber die Jüngerinnen und Jünger verstanden ihn nicht. Wie auch: so etwas hatte es ja noch nie gegeben! Auferstehung am dritten Tag. – aber die Jünger trauten sich nicht nachzufragen.
Verstehen wir Gottes Botschaft?
Wenn nein – oder nicht ganz: trauen wir uns nachzufragen?
Kümmern wir uns darum zu verstehen?
Sie ja. Denn auch darum sind Sie hier. Wir wissen aber auch, welch ein kleiner Prozentsatz von Christen wir sind, die mehr oder weniger regelmäßig Gottesdienste mitfeiern. Wenn wir den Text verstehen wollen, mag dann die Überlegung aufkommen: Hat Jesus tatsächlich gewusst, dass er sterben muss? Woher hat er es gewusst? Und wie konnte er sich so sicher sein, dass er drei Tage später wieder auferstehen wird?

Wir könnten es uns einfach machen und sagen: Klar konnte er es wissen – er ist ja der Sohn Gottes. Also allmächtig, allwissend. Die Theologen sagen uns hierzu jedoch etwas anderes. Dass es nicht ungefährlich war, das wusste der Wanderprediger Jesus sicher. Als Jude kannte der die jüdischen Gesetze – legte sie aber immer wieder anders aus als traditionelle Juden. Und so wurde er ja immer wieder angegriffen, auf die Probe gestellt. Aber die genaue Leidensankündigung wurde ihm sicher erst im Nachhinein so in den Mund gelegt.

Man könnte sagen: Markus entwickelte einen „göttlichen Heilsplan“. An diesen Heilsplan ihres Erlösers konnten sich die Christen in der Verfolgungszeit halten – wussten sie doch, dass Jesus Leid und Tod überwunden hatte. Das Wissen um Jesu Auferstehung stärkte sie, wenn sie selbst leiden mussten – hofften sie doch auf die eigene Auferweckung, die Jesus ihnen zugesagt hatte. Und auch, dass es gerade der dritte Tag sein wird, an dem er wieder auferstehen wird, ist Teil der Glaubenslehre. Die damaligen Christen waren ja meist Judenchristen, das heißt, sie kannten auch die Prophetenbücher. Beim Propheten Hosea greift Gott am dritten Tag in das Leid der Menschen ein und heilt. Somit endet, wie schon bei Hosea, die Leidensankündigung mit der Zusage, dass Gott heilend eingreift – ob nach drei Tagen oder zu einem anderen Zeitpunkt ist dann zweitrangig. Diese Zusage des heilenden Eingreifens Gottes half den Menschen zur Zeit der Christenverfolgung, er kann auch uns helfen, auch mitten unterm Jahr, nicht nur in der vorösterlichen Fastenzeit.

Und dann folgt im Evangelium die zweite Unterweisung. Sie ist uns allen sicher gut bekannt. Sie hat auch Eingang gefunden in unseren Alltag. Haben Sie den Umkehrschluss aus dieser Bibelstelle auch schon in bestimmten Situationen eingesetzt? „Die letzten werden die ersten sein!“ Mir fällt eine Wanderung in einer Gruppe ein, wo erst der letzte der Gruppe merkte, dass alle vor ihm an der Kreuzung falsch gegangen waren. Alle mussten umkehren. Er, der letzter war, war jetzt der erste. Aber dies ist natürlich hiermit nicht gemeint. „Wer der oder die erste sein will, soll sich allen anderen unterordnen und ihnen dienen.“ Der Rangstreit der Jünger wird als „normal“ dargestellt: es ist ganz normal, wenn wir Erste, Größter sein wollen.

Jesus sagte es nicht, aber er meinte: Bei Euch soll es anders sein! Er sagte es nicht, sondern er verdeutlichte seine Aussage mit der Zeichenhandlung mit dem Kind. Wir können es uns so richtig vorstellen: „Jesus setzte sich und rief die Zwölf zu sich.“ Als wollte er sagen: „Meine Freunde, kommt mal zusammen, ich habe Euch etwas ganz wichtiges zu sagen.“
Und Jesus umarmte das Kind.
Wen würde er heute in die Mitte stellen und umarmen?
Sicher auch Kinder.
Vielleicht – wahrscheinlich – auch Alte, Mehrfachbehinderte, Flüchtlinge.
Und dann benennt Jesus seine Weltordnung: „Wer der erste sein will, der soll sich allen anderen unterordnen und ihnen dienen. Wer einen solchen Menschen mir zuliebe aufnimmt, der nimmt mich auf.“

Wir wissen es: was Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern sagte, sagt er gleichsam uns. Seine Weltordnung ist die des Dienens. Und wir sehen gerade in unseren Tagen wieder, dass diese Weltordnung akzeptiert ist. Die vielen helfenden Hände bei dem großen Flüchtlingsstrom, um das ganz aktuelle Thema zu benennen, sie werden anerkannt, geachtet. Lasst uns in diesem Sinne danach streben, erste zu sein: indem wir dienen, indem wir aufnehmen.

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