Ein Name und sein Programm – 24. Sonntag im Jahreskreis B

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 8
27 In jener Zeit ging Jesus mit seinen Jüngerinnen und Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Unterwegs fragte er die Jünger: Für wen halten mich die Menschen?
28 Sie sagten zu ihm: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten.
29 Da fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Messias!
30 Doch er verbot ihnen, mit jemand über ihn zu sprechen.
31 Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen.
32 Und er redete ganz offen darüber. Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe.
33 Jesus wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.
34 Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer meine Jüngerin und mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
35 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.

Autorin:
Rings-Kleer Marita Rings – Kleer, Gemeindereferentin in der Gemeinde St. Josef, Saarbrücken, Bistum Trier

 
Die Predigt:
Ein Name und sein Programm

Liebe Leserin, lieber Leser,,
im Saarland gibt es ein Wort, das wie kaum ein anderes so sehr mit der Identität der Menschen hier verbunden ist, das Wort „Saarberg“. Jeder Mensch, jedes Kind wusste, was dieses Wort bedeutete: die Grundlage für Arbeit und Wohlstand durch den Kohleabbau. Das Land war so sehr geprägt vom Bergbau, dass eigentlich fast jede Saarländerin, jeder Saarländer in irgendeiner Form mit dem Saarbergbau verbunden war, mal ganz eng, mal ganz weit. Doch dann kam es zu Umstrukturierungen und aus Saarberg wurde erst Ruhrkohle, dann die RAG und jetzt STEAG und kein Mensch, außer ein paar Insidern weiß mehr, was diese Worte bedeuten. Namen, egal ob für Firmen oder Institutionen oder auch für Menschen, sind eben immer noch mehr als nur Buchstabenkombinationen. Namen sind Kennzeichen, sind Programm. Und als das „Programm“ Bergbau zu Ende war, brauchte man auch den Namen „Saarberg“ nicht mehr und schlich sich über ein paar Schleifen aus ihm raus.

Wie sehr Namen Programm und Aussage sein können, sehen wir auch bei unseren eigenen Namen. Und da haben es dann diejenigen, die Müller, Meyer, Schmidt, Schneider, Klein oder Groß heißen, nicht so ganz einfach. Und weil das mit dem Nachnamen oft schwierig ist, wird der Vorname umso sorgfältiger ausgesucht. Oft werden Vornamen nach der Familientradition ausgesucht oder es werden jüdisch-christliche Namen ausgewählt, die dann den persönlichen Glauben ausdrücken und die Hoffnung, dass das Kind diesen Glauben einmal teilt. Es gibt auch viele Trend-Namen, die dann die Zeit bzw. den Zeitgeschmack einer Epoche wiedergeben und es gibt auch Namen, die einen sozialen Status deutlich machen. Kevinismus heißt in Fachkreisen so ein Phänomen, weil man beobachtet hat, dass besonders viele Jungen aus den sozial schwächeren Schichten Kevin heißen. Oder umgedreht: Namen, die auf eine gehobene Schicht hindeuten und einmal dazu taugen sollen, die akademische Karriere voranzubringen oder einen Doktor-Titel zu tragen. Und dann gibt es auch wieder den Trend, bestimmte Namen zu meiden, weil sie einen negativen Beigeschmack haben.

Gestern haben wir das Fest Mariä Namen gefeiert und heute steht im Evangelium auch ein Name im Mittelpunkt, wenn Jesus fragt: Für wen halten die Menschen mich? Und Petrus sagt: für den Messias. Hier also zwei Namen, die Programm sind! Maria und Messias!

Maria oder Miriam. Zu diesem Namen gibt es keine rechte Übersetzung. Viele Variationen sind möglich, von der „Bitteren“ oder „Meeresbitteren“ über „Meerstern“ bis hin zur „Umjubelten“. Aber eigentlich braucht es auch keine Deutung des Namens. Denn wenn ich den Namen „Maria“ höre, dann fallen mir sofort die Bibelstellen ein, in denen von der jungen Frau aus Nazareth die Rede ist, die Gott so unbeirrbar tief vertraut, oder von der Frau mittleren Alters, die ihren toten Sohn in den Armen hält, oder von der Frau, die mit Jüngerinnen und Jüngern betet und den Heiligen Geist empfängt…

Maria ist für mich ein Programm des Glaubens,
ein Programm des absoluten Vertrauens auf Gott,
ein Programm, das mir sagt: Gott führt alles zum Guten.
Maria heißt für mich das Sich-Einlassen auf Gott, trotz aller Bedenken,
das Getragen-Sein durch so manche Wüstenetappe, aber auch das Aufgehoben-Sein in seiner Zusage: Fürchte dich nicht! Maria, ein Name, der nicht aus der Mode kommt, aber auch ein Name, der ein Bekenntnis ist. Ich bin froh, dass meine Eltern sich mit der Wahl meines Namens zu ihrem Glauben bekannt haben und mir auch den Keim des Glaubens in mein Leben gepflanzt haben.

Der Name „Messias“, den Petrus Jesus gibt geht noch ein Stück weiter: wir wissen, dass dieser Name in der Übersetzung heißt: „Gesalbter“ und wir wissen auch, welches Programm dahinter steht, nämlich die Königswürde. Denn früher wurden vornehmlich Könige gesalbt und ihnen damit nicht nur ein Titel zugesprochen, sondern auch die Inhalte dieses Titels. Der „Gesalbte“ war stark, unangreifbar und unverwundbar, er besaß Kraft und Mut und war beliebt.

Und als solcher sollte er sein Volk führen. Als Jesus Petrus fragt: Für wen hältst du mich, da schwebt Petrus sicher auch so ein „Gesalbter“, so ein König vor und er benutzt das passende Wort dazu: Messias. Der Evangelist Markus lässt die Jünger und andere Menschen an mehreren Stellen in seinem Evangelium Jesus den „Messias“ nennen und jedes Mal, so wie im heutigen Evangelium, verbietet er ihnen, darüber zu reden. So, als ob das nicht bekannt werden soll.

Die Theologen nennen diesen Stil des Markus das „Messias-Geheimnis“ und es gibt verschiedene Versuche, die theologische Aussage des Evangelisten zu deuten. Warum will Jesus nicht, dass die Menschen ihn als den Messias wahrnehmen? Will er nicht, dass sie ihn mit dem „üblichen Programm“, das die Menschen damals mit dem Messias verbanden, zusammenbringen? Will er es jetzt noch nicht?

Wenn wir in unserem Kirchenjahr das Fest „Christkönig“ oder den Palmsonntag feiern, werden wir nicht müde zu betonen, dass Jesus kein König nach menschlichen Maßstäben ist: ein Herrscher, der mit Gewalt und Waffen regiert. Wir wollen Jesus als den sanftmütigen, liebevollen, menschenfreundlichen, rettenden und verzeihenden König sehen, der ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit aufbaut. Aber solch einen König, solch einen „Gesalbten“ kannten die Menschen damals nicht und auch unsere Regierenden heute sind davon meist weit oder sogar sehr weit entfernt.

Vielleicht will Jesus deshalb keine falsche Erwartungen in ihnen wecken,
vielleicht will er nicht, dass sie sich von ihm militärische Stärke erhoffen,
vielleicht will er nicht, dass sie von ihm denken, er würde ihre Not und Unterdrückung mit Gewalt beenden.

Erst nach seinem Leiden, seinem Tod und seiner Auferstehung durften die Menschen über Jesus als den „Messias“ reden und zu diesem Zeitpunkt war das alte Programm, das sie mit dem Namen verbunden hatten, bereits überwunden. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Menschen, die an Jesus glaubten, längst, dass es einen Programmwechsel geben hatte: von da an bedeutete „Messias“ Hoffnung, Heilung, Erlösung, Trost und Zuflucht. „Messias“, der „Gesalbte“ war von da an, Licht der Welt, guter Hirte, Friedensstifter und Brot des Lebens.

„Messias“ war eben immer doch kein bloßer Name, sondern ein Programm. Ein Programm zum Leben für alle, die sich ihm anvertraut haben – auch heute noch!

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