Deine Worte bedeuten unendliches Leben – 21. Sonntag im Jahreskreis B

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 6
60 In jener Zeit sagten viele seiner Jüngerinnen und Jünger, die ihm zuhörten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?
61 Jesus erkannte, dass seine Jüngerinnen und Jünger darüber murrten, und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß?
62 Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war?
63 Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben.
64 Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben. Jesus wusste nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde.
65 Und er sagte: Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist.
66 Daraufhin zogen sich viele Jüngerinnen und Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.
67 Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen?
68 Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.
69 Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

Autorin:
def9d78cf6Gabriele Greiner-Jopp, verheiratet, lebt in Wendlingen, z.Zt. als Dekanatsreferentin, Gemeindereferentin und Beraterin tätig

 
Die Predigt:
Deine Worte bedeuten unendliches Leben

Liebe Leserin, lieber Leser,
Wollt auch ihr weggehen? Wer von uns ist nicht schon vor so einer Entscheidung gestanden: Bleibe ich – oder gehe ich weg? Weg aus dieser Kirche, weg aus dem Betrieb oder der Firma, vielleicht sogar weg aus meiner Familie, meiner Beziehung? Die allermeisten Menschen treffen solche Entscheidungen nicht leichtfertig und oft ist das Bleiben vermeintlich leichter, weil uns die Situation vertraut und bekannt ist.

„Wollt auch ihr davongehen?“ So fragt Jesus in der Übersetzung von Fridolin Stier die Zwölf, als viele seiner Jüngerinnen und Jünger zurückgehen, ihm nicht mehr nachfolgen. Was lässt sie davongehen? Vermutlich schon die schwierigen Bild-Worte: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, wird leben; Ich bin das lebendige Brot, das von Himmel herabgestiegen ist; Ich werde aufsteigen wo ich vorher gewesen bin.“ Alles von Jesus gesagt, direkt vor unserer heutigen Stelle des Sonntagsevangeliums.

Wäre ich damals dabei gewesen, wahrscheinlich hätte ich auch den Kopf geschüttelt und gefragt: Wie soll denn das zugehen? Was soll das denn? Oder hätte mich vielleicht wie viele Menschen damals entschieden: Diesen Schmarren höre ich mir nicht mehr länger an! Und wäre gegangen. Ja, Jesus und das Johannesevangelium konfrontieren uns mit schwierigen, sperrigen Bildern und sie konfrontieren uns mit der Frage: Worauf baue ich mein Leben? Worauf vertraue ich letztendlich?

Was für Jesus wirklich zählt ist der Geist, aus dem heraus wir leben. Das sagt er heute deutlich. Leben wir aus dem Geist Gottes oder z.B. aus dem Geist der Macht, und des Geldes? Vertrauen wir nur dem, was greifbar, sichtbar und messbar ist, dem „Fleisch“ sozusagen, oder trauen wir dem Unsichtbaren? Lassen wir uns berühren und bewegen von der Atmosphäre, z.B. die in einer Gruppe herrscht, oder bewegen uns nur Fakten und Zahlen? Und trauen wir dem, was wir spüren, was uns innerlich bewegt, was uns aufleben lässt, gegen den äußeren Anschein? Vertrauen wir auf Gottes Geist auch wenn dieser uns fordert, etwas zumutet?

In der Lesung aus dem Ersten Testament haben wir gehört wie Josua die Israeliten entscheiden lässt, wem sie dienen wollen: Gott dem Herrn, den alten Göttern Ägyptens oder den Göttern des neuen Landes, in dem sie jetzt leben. Das Volk entscheidet sich für Gott den Herrn, weil es sich erinnert, dass dieser Gott das Volk aus Ägypten, also aus der Fremdbestimmung, herausgeführt und es auf dem ganzen langen Weg in die Freiheit beschützt hat. Wer sich von Gott begleitet, getragen und beschützt weiß, der kann sich leichter für diesen Gott entscheiden. Aber wenn es schwierig ist? Wenn wir nichts sehen und spüren von Gottes Macht und Größe? Wenn wir sagen: „Das kann ja alles gar nicht sein“ und nicht auf die leise Stimme unseres Herzens hören, die sich meldet und nach Leben ruft?

Für Jesus geht es an dieser Stelle um Alles oder Nichts. Bald wird er nach Jerusalem gehen. Er weiß, dass dort die Auseinandersetzung mit den Mächtigen und Herrschenden bevorsteht. Da kann er keine Mitläufer und Blindgänger gebrauchen. Mutig und riskant ist es dass er die engsten Gefährten fragt: Wollt auch ihr gehen? Was wäre passiert, wenn sie gesagt hätten: Ja, wir verstehen dich nicht mehr, wir gehen jetzt auch? Er geht das Risiko ein, weil er will, dass sie sich in dieser Situation frei für ihn und seine Botschaft entscheiden. Für die Zeit in Jerusalem und was danach kommt müssen sie innerlich entschieden sein, wofür sie Jesus nachgefolgt sind und weiter nachfolgen.

Petrus bringt die Haltung der Apostel wieder einmal unnachahmlich auf den Punkt: Zu wem sollen wir gehen? fragt er zurück. „Haben wir denn überhaupt eine Alternative“ würden wir heute vielleicht sagen. Und es schwingt für mich mit: Du bist der für uns, dessen Worte für uns ewiges Leben bedeuten, „unendliches Leben“ übersetzt Fridolin Stier. Keiner ist wie Du, könnte er sagen, nur bei dir und deiner Botschaft spüren wir Gottes Geist, atmen wir auf, nur bei dir tanken wir echte Nahrung für unsere Seelen. – Ja, wenn wir das entdecken dürfen, wenn uns aus der Botschaft Jesu eine solche Gewissheit erwächst, wohin sollten wir dann noch gehen? Dann können wir nur noch sagen und – in Abwandlung eines Liedrufes – singen:
Dein Wort ist Geist und Leben, es leuchtet uns auf allen unsern Wegen.

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5 Antworten auf Deine Worte bedeuten unendliches Leben – 21. Sonntag im Jahreskreis B

  1. Karl Wiedmann sagt:

    Hallo Gabriele,
    wieder einmal hat mich eine Deiner Predigten begeistert. Und ich konnte nicht umhin, für meine Predigt für morgen wesentliche Teile zu übernehmen. Ich bitte Dich um Nachsicht, – aber es ist ja die weitere Verteilung Deiner Worte.
    Liebe Grüße
    Charly

    • gabriele sagt:

      Lieber Charly,
      schön, wenn Du so angesprochen bist, dass Du übernimmst was Dir zusagt.
      Ich freu mich drüber.
      Gabriele

  2. Walter sagt:

    „…die Sehenden blind,und die Blinden sehend machen…!“( Joh,9,39)
    die dem og. Text vorausgehende Aufforderung zum Kannibalismus kann doch nur schockieren.Und Menschen reagieren menschlich :
    von Gott geblendet davonlaufen-ab in die Hölle…!

    • gabriele sagt:

      oder, lieber Walter sie reagieren – ebenfalls menschlich – wie Petrus!
      Wir Menschen haben ja immer mehrere Möglichkeiten zu handeln, uns zu verhalten.
      Offenbar war die Beziehung Petrus – Jesus von anderer Qualität als die der davongehenden JüngerInnen.

      • Walter sagt:

        menschliche Tragödie…
        „… weiche von mir Satan, Du bist mir ein Ärgernis…!“, so Jesus zu Petrus( Math.16,23 -uvm.).
        Der oder die Chronisten des AT/ NT stifteten die selbe Verwirrung wie einst JHWE bei der Zerstörung des babylonischen Turmes .
        Vielleicht ist es an der Zeit die Theologie und die „heiligen “ Schriften zu „entweihen“:
        „Gott allein genügt …!“ ( Th.v Avila)

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