Die heilige Katharina – aus der inneren Stärke handeln – 4. Sonntag der Osterzeit B

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 10
In jener Zeit sprach Jesus:
11 Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.
12 Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht; und der Wolf reißt sie und jagt sie auseinander. Er flieht,
13 weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt.
14 Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich,
15 wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe.
16 Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten.
17 Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen.
18 Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen.

Autorin:
Elisabeth Dörrer-BernhardtElisabeth Dörrer-Bernhardt, Pastoralreferentin in Stuttgart- Vaihingen, verheiratet, drei Kinder

 
Die Predigt:
Die heilige Katharina – aus der inneren Stärke handeln

Liebe Leserin, lieber Leser,
bei der ersten Sitzung unseres neu gewählten Kirchengemeinderates haben wir uns gegenseitig einiges über uns selbst erzählt. Einige sprachen über ihre Motivation sich zur Wahl zu stellen. Dabei fiel öfter sinngemäß die Äußerung: “Ich habe mich wählen lassen, weil ich in der Kirche etwas verändern möchte und nicht nur von außen meckern“.

Das ist mir wieder in den Sinn gekommen, als ich mir Gedanken gemacht habe über die heilige Katharina von Siena, deren Festtag wir am 29. April feiern. Genauso hat auch Katharina gelebt. Sie hat die Kirche geliebt, obwohl sie in einer Zeit großer Umbrüche und Missstände in der Kirche gelebt hat. Seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts residierte der Papst in Avignon. Es tobte ein Kampf zwischen der französischen Krone und dem Papsttum, bis es gar zum Schisma, zur Spaltung der Kirche kam und zeitweise sogar drei Päpste parallel in verschiedenen europäischen Städten residierten. Es wüteten Pestepidemien in Europa, die türkischen Expansionsbestrebungen bedrohten das christliche Abendland.

Von all dem ließ sich Katharina nicht abschrecken. Sie hat sich nicht gegen die korrupte und machtbesessene Kirche gewandt, sondern in ihr ihre Stimme erhoben und unglaublichen Einfluss erlangt. Als Frau des 14. Jahrhunderts hat sie es geschafft, bis vor den Papst in Avignon zu gelangen und ihn zu überzeugen, nach Rom zurückzukehren und das, obwohl sie kein Blatt vor den Mund nahm und massive Kritik an Würdenträgern geübt hat.

Katharina war das vierundzwanzigste Kind einer einfachen Färberfamilie und hat nie eine Schulbildung genossen, galt aber als sehr klug. Schreiber haben ihre Visionen und Gedanken festgehalten. So wurde sie zum „Gewissen ihrer Zeit“. Visionen prägten ihr Leben von Anfang an. Schon als Sechsjährige fühlte sie sich dazu berufen Christus nachzufolgen. Mit 12 Jahren widersetzte sie sich den Absichten der Eltern, sie zu verheiraten und schnitt sich deshalb Zöpfe und Haare ab. Ihr gelang es nach mehreren Anläufen in den 3. Orden der Dominikanerinnen aufgenommen zu werden, der eigentlich nur Witwen zuließ.

Ihr Leben war lange Zeit geprägt durch Beten und tätige Nächstenliebe. 1998 hat deshalb der Katholische Frauenbund ihren Todestag zum „Tag der Diakonin“ ausgerufen. Der Frauenbund sieht in Katharina von Siena ein Vorbild für das diakonische Engagement von Frauen in der Kirche. Sie fordern, mutig wie Katharina, eine Öffnung des Diakonenamtes für Frauen in der Kirche.

Nach einer außerkörperlichen Erfahrung, wie wir sie aus Berichten von Menschen kennen, die eine Nahtoderfahrung hatten, begann das politische Wirken Katharinas, das eine Reform der Kirche zum Ziel hatte. Ihre innige Beziehung zu Jesus hat ihr für ihr mutiges Handeln die innere Stärke gegeben. Aus ihr hat sie ganz gelebt. In einer der letzten Visionen, die auf dem Bild zu sehen ist, beschrieb sie, wie sie ihr Herz freiwillig der Kirche schenkt. In diesem Glauben starb sie am 29. April 1380 mit 33 Jahren.

Wenn wir heute von den zwei verschiedenen Hirten im Johannesevangelium hören, dann erinnert mich der gute Hirte Jesus an eine Haltung, die sich ganz auf die ihm Anvertrauten einlässt, eine Haltung, die keine Angst kennt, Prestige oder Macht zu verlieren und beim ersten Gegenwind das Weite sucht. Jesus verkörpert, und ich denke da folgt die hl. Katharina ihm ganz nach, einen Hirten, der alles gibt, der sein Herz verschenkt, weil er ganz aus der Liebe Gottes lebt, die ihn führt. Ein Leben mit dieser Haltung hat auch Katharina geführt. Gleich nach ihrem Tod wurde sie verehrt und 1461 heiliggesprochen. 1933 wurde sie zur Patronin Europas erhoben und 1970 zur Kirchenlehrerin.

Heilige sind uns Vorbilder. Die heilige Katharina zeigt uns eindrucksvoll, wie wir, wenn wir unser Herz in Gott verankern, aus einer inneren Stärke heraus leben können. Diese innere Stärke macht uns unabhängig von Umständen, in denen wir leben. Sie sagt uns, dass wir uns vor nichts und niemanden fürchten müssen, sondern mutig unseren Glauben leben können, auch wenn uns Missstände in der Kirche stören, auch wenn der Gegenwind uns um die Nase weht und wir manchmal frustriert sind.

Die heilige Katharina von Siena ermutigt uns, uns in der Kirche für die Sache Jesu einzusetzen und auch unbequeme Dinge mutig auszusprechen. Amen
Katharina von Siena
Giovanni di Paolo, 1475. Katharina verschenkt ihr Herz, Privatbesitz.
aus: Joachim Schäfer, Ökumenisches Heiligenlexikon

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