1 Am Anfang war die Weisheit
und die Weisheit war bei Gott
und die Weisheit war wie Gott.
2 Diese war am Anfang bei Gott.
3 Alles ist durch sie entstanden
und ohne sie ist nichts entstanden.
Was in ihr entstanden ist,
4 war Leben, und das Leben war das Licht für die Menschen.
5 Und das Licht scheint in der Finsternis
aber die Finsternis hat es nicht aufgenommen.
9 Die Weisheit war das wahre Licht,
das allen Menschen leuchtet, die in die Welt kommen.
10 Sie war in der Welt,
und die Welt ist durch sie entstanden,
aber die Welt hat sie nicht erkannt.
11 In das ihr Eigene kam sie,
aber die Ihrigen haben sie nicht aufgenommen.
12 Allen denen aber, die sie angenommen haben,
denen gab sie Vollmacht, Kinder Gottes zu werden.
Das sind die, die an Gottes Namen glauben,
13 die nicht aus Blut und nicht aus irdischem Bestreben
und nicht aus dem Willen eines Mannes,
sondern aus Gott geboren sind.
14 Und die Weisheit wurde Materie
und wohnte unter uns,
und wir sahen ihren Glanz,
einen Glanz wie den eines einzigen Kindes von Mutter und Vater
voller Gnade und Wahrheit.
– Übersetzung Bibel in gerechter Sprache –
Autorin:
Gabriele Greiner-Jopp, verheiratet, lebt in Wendlingen, z.Zt. als Dekanatsreferentin, Gemeindereferentin und Beraterin tätig
Die Predigt:
Weisheit – Licht – Leben
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Das kenne ich aber anders“ – haben Sie das gedacht, als sie den Text des Johannesprologs gelesen haben?
Stimmt! Normalerweisen hören wir die Einheitsübersetzung und dort steht im Deutschen „Wort“; im griechischen Urtext steht „Logos“ für „Weisheit“.
Die Übersetzung der „Bibel in gerechter Sprache“ hat statt „Logos“ bzw. „Wort“ den Begriff „Weisheit“ gewählt. Zwei Gründe sprechen dafür:
Der Johannesprolog hat einen vorliegenden Hymnus verarbeitet. In diesem Hymnus wird von der Weisheit gesprochen oder besser gesungen, die werbend durch die Welt zieht und um Aufnahme bittet.
Johannes beginnt sein Evangelium mit ganz ähnlichen Worten wie das Erste Testament beginnt: „Durch einen Anfang hat Gott Himmel und Erde geschaffen. Da war die Erde Chaos und Wüste, Dunkelheit war da angesichts der Urflut und Gottes Geistkraft schwebte über dem Wasser.“
Die Geistkraft Gottes und die Weisheit – sie gehören zum Urbeginn; beide sind im Anfang da. Sie sind von Gott nicht zu trennen, Gott ist ohne sie nicht zu denken oder vorstellbar.
Nach dem Zauber der Heiligen Nacht, nach dem Wunder, dass uns Gott in einem Kind einfacher Leute begegnet, meditiert und besingt der Johannesprolog die Bedingungen dafür durch alle Zeiten hindurch.
Bei Tageslicht besehen hören wir, dass aus der Weisheit Gottes Leben entsteht, erfahren aber auch, dass die Finsternis von Anfang an da ist. Duale Kräfte von Anfang an: Licht – Finsternis, Weisheit – Welt, Gott – Mensch, aufgenommen werden – abgelehnt werden. So entsteht Spannung, daraus Energie und daraus Leben. Die göttlichen Kräfte und die Kräfte der Schöpfung sind in Beziehung und aus dieser Beziehung entsteht, was die Welt lebendig hält.
Im Anfang – das besingt Johannes in seinem Prolog – ist schon alles enthalten, alles ist da und wir brauchen es „nur“ zu er-greifen, wenn wir es be-greifen.
WEISHEIT – LICHT – LEBEN, um diese drei Begriffe kreist das Lied. Wenn wir diese drei Begriffe in uns wirken lassen, wenn wir ihnen Raum und Herberge geben, dann kann das göttliche Kind in uns wachsen.
Versuchen Sie es heute, morgen, immer wieder einmal. Treten Sie in Beziehung zum Johannesprolog, lesen Sie ihn halblaut oder laut, verweilen Sie bei einzelnen Worten, lassen Sie diese in sich nachklingen und spüren Sie, was geschieht.
Ein gnadenreiches Weihnachten wünsche ich Ihnen.
„…ohne die Weisheit ist nichts entstanden…“
weiter: „… sie ist alles in Allem…“
Sie erhellt ,und sie verdunkelt unser Bewusstsein.Sie macht mächtig und ohnmächtig.
Wo und wie sie will.
Eine solche Weisheit lässt sich lieben und be-greifen,weil sie sich im Mitleid an ihrem Geschöpf, im Stall und am Kreuz, offenbarte .