Gott – immer auf der Suche nach einer Wohnung in uns – 4. Adventssonntag B

Erste Lesung aus dem zweiten Buch Samuel, Kapitel 7
1 In jenen Tagen, als König David in seinem Haus wohnte und der Herr ihm Ruhe vor allen seinen Feinden ringsum verschafft hatte,
2 sagte er zu dem Propheten Natan: Ich wohne in einem Haus aus Zedernholz, die Lade Gottes aber wohnt in einem Zelt.
3 Natan antwortete dem König: Geh nur und tu alles, was du im Sinn hast; denn der Herr ist mit dir.
4 Aber in jener Nacht erging das Wort des Herrn an Natan:
5 Geh zu meinem Knecht David und sag zu ihm: So spricht der Herr: Du willst mir ein Haus bauen, damit ich darin wohne?
8 Ich habe dich von der Weide und von der Herde weggeholt, damit du Fürst über mein Volk Israel wirst,
9 und ich bin überall mit dir gewesen, wohin du auch gegangen bist. Ich habe alle deine Feinde vor deinen Augen vernichtet und ich will dir einen großen Namen machen, der dem Namen der Großen auf der Erde gleich ist.
10 Ich will meinem Volk Israel einen Platz zuweisen und es einpflanzen, damit es an seinem Ort sicher wohnen kann und sich nicht mehr ängstigen muss und schlechte Menschen es nicht mehr unterdrücken wie früher
11 und auch von dem Tag an, an dem ich Richter in meinem Volk Israel eingesetzt habe. Ich verschaffe dir Ruhe vor allen deinen Feinden. Nun verkündet dir der Herr, dass der Herr dir ein Haus bauen wird.
12 Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern legst, werde ich deinen leiblichen Sohn als deinen Nachfolger einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen.
14 Ich will für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein.
16 Dein Haus und dein Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein Thron soll auf ewig Bestand haben.

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 1
26 In jener Zeit wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret
27 zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria.
28 Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.
29 Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe.
30 Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden.
31 Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben.
32 Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben.
33 Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.
34 Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?
35 Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.
36 Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat.
37 Denn für Gott ist nichts unmöglich.
38 Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel

Autorin:
C-Bettin-komprimiert-200x300Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach – Süd im Bistum Aachen

 
Die Predigt:
Gott – immer auf der Suche nach einer Wohnung in uns

Liebe Leserin, lieber Leser,
in der Zusammenschau dieser beiden Schrifttexte wird für mich erkennbar, dass sich eine Zeitenwende ereignet hat. Im ersten Testament ist Gott stets ein Gott der Geschichte des wandernden Volkes Israel. Gott begleitet und geht mit am jeden Ort. Dieser bedeutsame Wesenszug spiegelt sich auch im Gottes-Namen „JHWH – Ich bin da“ wider, den er dem Mose im brennenden Dornbusch offenbart. – In der heutigen ersten Lesung hören wir nun von der Überlegung Davids, Gott eine bleibende Wohnstatt zu verschaffen, einen festen Wohnsitz, einen bleibenden Ort, wo Gott immer anzutreffen ist. Wir hören von der Ankündigung und Bestätigung, dass Davids Nachfolger, sein Sohn, später einmal eine solche Wohnstatt für Gott errichten wird. Einen angemessenen Tempel zur Verehrung. Dort, wohin er sein Volk einpflanzt, dort will Gott sich finden lassen, sich gleichsam niederlassen. Der Tempel als der Ort, wohin man sich aufmacht, wohin die Gläubigen pilgern.

Das markiert wirklich eine Zeitenwende, ein krasses Umdenken im religiösen Empfinden und in der spirituellen Praxis der Israeliten. Beides, „mitgehen und begleiten“ sowie „Wohnung nehmen, an einem festen Ort sich niederlassen“, scheint seine Berechtigung zu haben. Es geht dabei also nicht um ein „Entweder oder“ sondern vielmehr um ein „Sowohl als auch“!

Im zweiten Testament, in den Worten des Lukasevangeliums, legt Gott sich noch einmal in besonderer Weise fest. Dabei ist es keine Festlegung an einen aus Stein gebauten Wohnort Gottes oder Gebetsort, wie ein Tempelgebäude. Diesmal heißt der „Ort“: „bei den Menschen“! Ja sogar: „Im Menschen“!!!

In der Frau, Maria, nimmt Gott Wohnung! Hierin legt Gott sich fest, hier lässt er sich dingfest machen und nimmt menschliche Gestalt an. Als Mensch bekommt er in Jesus Konturen und Profil. Diese Form von „Wohnung nehmen“ zeigt für mich, wie sehr sich Gott auf das Wesen der Menschen einlässt. Eine engere Verbundenheit zwischen Gott und Mensch kann es nicht geben. „Wohnung nehmen“ so verstanden, ist dann ein Beziehungsgeschehen und ein „Sich-Binden“ aneinander. Gott legt sich damit fest und bekennt sich in nie da gewesener Weise zu uns Menschen. Das hat einschneidende Konsequenzen! Ich erkenne hier schon den Zusammenhang zwischen Geburtsankündigung und Kreuzestod: Denn Gott zieht sein „Ja“ zu uns nie zurück! Gott legt sich fest auf die menschliche Gestalt; lässt sich „festnageln“; lässt sich auf´s Kreuz legen; lässt sich kreuzigen.

Gott steht damit dauerhaft zu seinem Wort und Bekenntnis, er hält daran fest, selbst über die Todesgrenze hinweg: denn noch einmal in den Bildern des Johannesevangeliums ausgedrückt: Wir haben eine Wohnung bei ihm, an einem Ort, den er für uns bereitet (Joh 14,1ff) – Ich spreche oft bei Beerdigungen davon. Und mich spricht dieses Bild von den Wohnungen, auch auf das Jenseitige bezogen, wirklich sehr an. Wie genau es hinter der Todesgrenze ist, das kann natürlich niemand sagen. Es sind vielmehr Sprachbilder, in denen wir uns darüber tastend, suchend ausdrücken. Es geht dabei natürlich nicht um die Realität von Wohnungen, sondern um das Gefühl von Geborgenheit, ankommen dürfen bei Gott, eine offene Tür vorfinden, einen Platz für mich persönlich vorbereitet finden, erwartet sein; auch Gemeinschaft zu haben, wie in einem „Mehrgenerationenhaus“, alle unter einem Dach. Was für eine Verheißung!

Wohnen, einen Platz haben, das ist etwas ganz Wesentliches für die Menschen auch zu unserer Zeit. Wenn wir genau hinschauen, besitzt ja nur eine Minderheit ein eigenes Haus. Die Bedeutsamkeit des persönlichen Ortes sehen wir besonders schmerzlich im Umkehrschluss, bei Menschen, die keine Wohnung haben, bei Obdachlosen, bei Heimatvertriebenen und Menschen auf der Flucht vor Terror und Gewalt.
Wenn wir das Lukasevangelium in seiner Fortsetzung, beim Geburtsgeschehen, einmal wörtlich nehmen, dann ist dieses oft verkitschte, liebliche Bild von der Krippe im Stall der Weihnacht nun sicherlich nicht besonders gemütlich gemeint. Auch die junge Familie von Maria und Josef mit dem Kind wird uns ja als heimatlos und ohne festen Wohnsitz vorgestellt.

Bei all den Überlegungen zur theologischen Zeitenwende zwischen „flexibel und festgelegt“, scheint es mir im Zusammenhang mit dem nahen Weihnachtsfest um das Einüben einer Willkommenskultur zu gehen! Willkommen heißen all die vielen, auch im weitesten Sinne „Heimatlosen“, die uns begegnen, wenn wir die Augen richtig offen halten. Das ist für Christinnen und Christen eine zutiefst adventliche, weihnachtliche Haltung: Willkommen heißen unseren Gott im Menschen, der eine „Wohnung“ sucht, eine bleibende Wohnstatt bei und in uns. Denn er will sich gerne dauerhaft festlegen in seinem Bekenntnis zu uns.

Dann erschließt sich uns sicherlich noch tiefer dieses „Teekesselchen“, diese Doppelbedeutung von „Kirche“: Kirche als Gebäude und Kirche als: wir selber, alle Gläubigen. Ein Haus aus wirklich Lebendigen. So nur bilden wir eine Bleibe für Gott.
Wir sind eingeladen uns Gott zu öffnen und uns überraschen zu lassen, was sich dann Wundersames ereignet.
Mit lauter guten Wünschen zum vierten Advent! Amen.

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Eine Antwort auf Gott – immer auf der Suche nach einer Wohnung in uns – 4. Adventssonntag B

  1. Kähny sagt:

    Die Angst vor dem Wunder…

    sowohl die reale und v.a. die virtuelle (TV-)Welt machen aus dem Advent und der „Stillen Nacht “ ein betriebsblindes (Davon-) Rennen:

    „Ich bin gekommen ,um die Sehenden blind und die Blinden sehend zu machen…!“(joh.9.39)

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