Von der Leuchtkraft und vom Scheitern – 32. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 25
Jesus sprach:
1 Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen.
2 Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug.
3 Die törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl,
4 die klugen aber nahmen außer den Lampen noch Öl in Krügen mit.
5 Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein.
6 Mitten in der Nacht aber hörte man plötzlich laute Rufe: Der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen!
7 Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht.
8 Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus.
9 Die klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es weder für uns noch für euch; geht doch zu den Händlern und kauft, was ihr braucht.
10 Während sie noch unterwegs waren, um das Öl zu kaufen, kam der Bräutigam; die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen.
11 Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf!
12 Er aber antwortete ihnen: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
13 Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.

Autorin:
IMG_8551Elisabeth Dörrer-Bernhardt, Pastoralreferentin in Stuttgart- Vaihingen, verheiratet, drei Kinder

 
Die Predigt:
Von der Leuchtkraft und vom Scheitern

Liebe Leserin, lieber Leser,
dieses Evangelium hat es in sich. Es wirft Fragen auf. Da sind erstmal diese uns fremden Bilder von einer Hochzeit mit zehn Jungfrauen und einem Bräutigam, doch die Braut fehlt. Dann der heftige Schluss mit der schroffen Ablehnung der zu spät gekommenen Mädchen, die Öl für ihre Lampen nachgekauft haben. Und die klugen Jungfrauen, die nicht teilen können. Das weckt nicht gerade positive Assoziationen bei mir.

Der Evangelist Matthäus erzählt uns dieses Gleichnis über das Himmelreich. Das Gleichnis ist eingebettet in Endzeitreden, es geht also um die Erwartung der Gemeinde des Matthäus, dass Jesus wiederkommt und das Ende der Welt bevorsteht. Doch die Erfahrung der ersten Gemeinden ist: das Ende kommt nicht, es verzögert sich ganz augenscheinlich. Also ist Wachsamkeit angesagt!

So ähnlich wie beim heute zunehmend gefeierten Junggesellinnenabschied, war es auch zur Zeit Jesu üblich, dass vor der Hochzeit die Frauen und Männer getrennt gefeiert haben. Wenn nun die unerwähnt gebliebene Braut zehn Freundinnen hat, die sie begleiten oder von zu Hause abholen, war dies eine Hochzeit hochgestellter Persönlichkeiten. Es verwundert auch nicht, dass der erst spät kommende Bräutigam von der Gemeinde des Matthäus mit Jesus gleichgesetzt wird. Es ist ja Jesus, der am Ende der Zeit wiederkommen soll.

Mit den Öllampen werden die jungen Frauen den Bräutigam zum Festsaal geleiten. Das Licht ist wichtig. Die Nachfolgerinnen Jesu haben Leuchtkraft, sie sind Licht der Welt auf dem Weg zum Himmelreich. Und so sehr wir mit dem Ende des Gleichnisses, dem Ausschluss der fünf törichten Jungfrauen, kämpfen, für die ersten Gemeinden war viel entscheidender, dass das Himmelreich erreichbar ist, dass es mit Wachsamkeit und Weitsicht zu schaffen ist, ins Himmelreich zu kommen, egal wann es kommt.

Und es braucht dafür nicht viel, nur Ausdauer und Weitsicht. Darauf kommt es an, wachsam und vorbereitet zu sein, das ist klug und gottesfürchtig. Es ist gottlos, töricht zu sein, denn das Leben hat ein Ziel und zur Vorbereitung darauf gehören Lampe und Öl, gehören das Hören und Tun der Worte Jesu.

Nach zwei Jahrtausenden Kirchengeschichte, bei der oft Kirchenmacht sich in der Rolle des Bräutigams sah und entschieden hat, wer dazugehört und wer vor der Tür bleibt, begreifen wir heute zunehmend, dass diese drastische Schwarz-Weiß-Malerei unserem Bild von der Barmherzigkeit Gottes widerspricht. Wie oft sind wir, wie die törichten Jungfrauen, selbst ohne Öl, ohne starken Glauben und darauf angewiesen, dass andere für uns bitten und für uns beten. Im Gebet aber werden wir alle ins Licht gestellt. Wie wäre es, von Zeit zu Zeit den Glauben zu teilen und sich gegenseitig mit derselben Lampe den Weg zu leuchten? Jesus sagt von sich an einer anderen Stelle der Bibel, nämlich im Johannesevangelium, etwas weit weniger Erschreckendes: „Ich bin das Licht der Welt“. Und „Ich bin die Tür“. Deshalb können wir darauf vertrauen, dass Jesus ein barmherziger Bräutigam ist.

Das Leben hat ein Ziel; es ist nicht egal, ob wir unsere Sehnsucht nach Erfüllung leben oder im Alltag vergessen; das ist die eine Seite, die unser heutiges Evangelium stark betont.

Das Leben hat ein Ziel; es trägt aber auch die Gesichtszüge des Gekreuzigten und Auferstandenen, es trägt die Gesichtszüge des Mitleidenden und Mitgehenden, der das Scheitern des Menschen kennt und der rettet. Gerade deshalb ist es für mich wichtig zu wissen: Jesus, Jeschua heißt „der Retter“! Amen

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Eine Antwort auf Von der Leuchtkraft und vom Scheitern – 32. Sonntag im Jahreskreis A

  1. claus kilian sagt:

    für das Öl setze ich gern Energie – „Kraftstoff“, ein Verb, das uns näher ist als Öl

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