Ganz, heil und frei werden in den Spuren Jesu – Hochfest Allerheiligen

Zweite Lesung aus dem ersten Johannesbrief, Kapitel 3
Schwestern und Brüder,
1 seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es. Die Welt erkennt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat.
2 Liebe Schwestern und Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
3 Alle, die dies von ihm erhoffen, heiligen sich, so wie Er heilig ist.

Autorin:
def9d78cf6Gabriele Greiner-Jopp, verheiratet, lebt in Wendlingen, z.Zt. als Dekanatsreferentin, Gemeindereferentin und Beraterin tätig

 
Die Predigt:
Ganz, heil und frei werden in den Spuren Jesu

Liebe Leserin, lieber Leser,
was feiern Sie an Allerheiligen? Feiern Sie überhaupt? Wofür braucht es ein Fest für alle Heiligen? Und die Toten – Heilige und Nicht – Heilige, Bekannte Freunde Verwandte, sind schon immer durch den Gräbergang an Allerheiligen mit dabei. Ja, was feiern wir an Allerheiligen und weshalb am ersten November? Das sind Gedanken, die mich seit langem begleiten.

Vor einer Woche bin ich im Schwarzwald gewandert. Überall wurden die Gärten gerichtet, aufgeräumt und auf den Winter vorbereitet. Die Gärten werden winterfest gemacht – tun wir das auch in diesen Tagen? Hilft es uns „winterfest“ zu werden, wenn wir uns mit den Heiligen verbinden? Schließlich beginnt jetzt die dunkle Zeit des Jahres, auch wenn wir es dank der vielen elektrischen Lichter kaum mehr spüren, und es wäre Zeit langsam zu tun, nach innen zu schauen, wie es die Natur uns vormacht.

Bei den Kelten hieß das Fest, das am 1. November gefeiert wurde „samhein“, das bedeutet Sommerende. Es gab bei den Kelten nur zwei Jahreszeiten: Sommer und Winter. Die Nacht auf den 1. November war eine Zeit dazwischen. Der Sommer und das Jahr hatten geendet, das neue Jahr und der Winter begannen erst am nächsten Morgen. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und Ewigkeit: alles in einem innerhalb dieser zwölf Stunden. Auch die Begrenzung zwischen Lebenden und Toten war in dieser Nacht aufgehoben. Noch heute erinnert das Brauchtum von Halloween an diese alte Vorstellung. Am Abend vor Allerheiligen = All – Hallows – Evening werden die Geister gebannt, vertrieben, verspottet – ganz ähnlich unseren alten Fastnachtsbräuchen im Frühjahr, mit denen der Winter vertrieben werden sollte. Auch das eine Zeit des Übergangs. Es kann hilfreich sein, wenn wir uns bewusst werden, dass Übergänge besondere Zeiten sind und eigene Regeln haben. Dazwischen sein. Schon und noch nicht. Übergänge brauchen viel Beachtung. Bei der Geburt kennen wir das, beim Sterben, an Flußübergängen und Furten, an Grenzstationen, beim Starten und Landen eines Flugzeugs. Übergänge und Übergangszeiten zu beachten dient dem Leben, ja kann es retten.

Allerheiligen also, gefeiert in einer Übergangszeit. Ursprünglich war es dazu gedacht einmal im Jahr all der Heiligen zu gedenken, die im Kirchenjahr keinen Platz mehr hatten. Jetzt ist das Fest verbunden mit dem Gedenken an die Toten, das wir am 2. November, an Allerseelen begehen, aber praktischerweise mit dem Gräbergang auf den Feiertag vorverlegten. Vielleicht ist es ja heilsam, sich einmal im Jahr mit dem Ende des Lebens bewusst auseinander zu setzen. Vielleicht kann es uns heilen – im Sinne von befreien – wenn wir uns bewusst werden, dass wir ausruhen dürfen, wie die Natur sich ausruht, dass es Rhythmen gibt, denen wir folgen sollten, dass in Ruhe und Dunkelheit – siehe Schlaf – Kräfte geweckt werden, die uns tragen in den hellen und aktiven Zeiten des Lebens.

Heilige und Heilig-Sein als Zeichen für das Ganz-Sein. Im Englischen ist das Wort „Holy“= heilig verwandt mit dem Wort „Whole“ = ganz. Wenn wir uns „ganz“ fühlen, sind wir gesund/heil. Heilige sind und waren Menschen, von denen wir sagen: Sie waren ganz. Manchmal verrückt, oft herausfordernd, nie langweilig. Die eigenen Möglichkeiten ausschöpfen und einsetzen, das macht uns zu ganzen Menschen und bringt Heil.

Für den Apostel Paulus sind alle Christen geheiligt durch Gottes Geist. Sie haben Gemeinschaft mit dem Schöpfer wie Jesus Christus. Deshalb redet er sie in den Briefen gerne mit“ Heilige“ an. (Siehe Röm 1,7: An alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen; 1.Kor 1,2: An die Kirche Gottes, die in Korinth ist,- an die Geheiligten in Christus Jesus, berufen als Heilige mit allen, die den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, überall anrufen; Eph1,1: Paulus, durch den Willen Gottes Apostel Jesu Christi, an die Heiligen in Ephesus, die an Jesus Christus glauben.)

Heil und heilig können wir sein, wenn wir uns auf die Spuren Jesu begeben, wenn wir auf Gottes Güte vertrauen, wie er vertraut hat, wenn wir frei werden von Angst und Zwängen, wie er frei war, wenn wir lernen zu glauben, dass wir immer schon geliebt sind – ohne jede Vorbedingung.

In der Lesung zu Allerheiligen beschreibt das der Johannesbrief. Als Getaufte und Gefirmte sind wir Gesalbte Gottes. Das bedeutet das Wort „Messias“. Jede/r von uns ist ein Teil der Geschichte Gottes mit uns Menschen. Jede/r von uns hat die Würde eines Messias. Diese Würde kann uns niemand und nichts nehmen. Und: Diese Würde wird uns heil und ganz machen, wo wir aus ihr heraus leben. Sie begleitet uns in allen Zeiten der Übergänge. Mit DEM Gesalbten Gottes, Jesus Christus, und mit vielen anderen Heiligen sind wir unterwegs dem Absoluten zu begegnen. Darin ist der Tod aufgehoben. Auch das feiern wir als Heilige an Allerheiligen.

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Eine Antwort auf Ganz, heil und frei werden in den Spuren Jesu – Hochfest Allerheiligen

  1. Kähny sagt:

    Übergang…
    Vielleicht hat DER ABSOLUTE die Schöpfung mit Bedacht als ein Imperfektum,somit Unvollständiges und Unheiliges geschaffen.
    ER liebt dieses Unheilige,die Imperfekten, Opfer u n d Täter..
    ER hat sich damit am Kreuz solidarisiert.
    Vielleicht sollte das Fest „Allerheiligen“ neu (!) als ein Fest der Freude über das „göttliche Imperfektum“ gefeiert werden.

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