Die Antwort – 21. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Matthäus , Kapitel 16
13 Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine – Jüngerinnen und – Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn?
14 Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten.
15 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
16 Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!
17 Jesus sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel.
18 Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.
19 Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.
20 Dann befahl er den – Jüngerinnen und – Jüngern, niemand zu sagen, dass er der Messias sei.

Autorin:
scale-210-210-12_25508028_2Maria Sinz, Gemeindereferentin, Aalen, stellvertretende geistliche Leiterin der KAB (Katholische Arbeitnehmerbewegung)

 
Die Predigt:
Die Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,
heute das berühmte Wort, vom Felsen, auf den die Kirche gebaut ist. Mit Schmunzeln erinnere ich mich an die Zeit im Studium, als wir entdeckten, dass sie historisch gesehen gewaltig wackelt, die Begründung des Papsttums mit Hilfe des berühmten Felsenwortes und einer lückenlos konstruierten Linie bis zu Petrus. Da geht es eher um Selbstbestätigung, Status, Sicherheit, als um die Gründung einer Gemeinde. Die vielzitierte Rede von der Schlüsselgewalt stellt ein Geschehen in den Schatten, das zur Grundlage der Gemeinde Jesu wird. Gemeint ist der Prozess von erfahren, reflektieren, antworten. Und dem vorausgehend, die Kunst der Begegnung.

Vermutlich kennen Sie Folgendes: an der Reaktion ihres Gegenübers sehen Sie, dass Ihr Wort, ihre Geste, ihre Handlung aufgenommen wird. Die Aufmerksamkeit steigt, ein Lächeln folgt, vielleicht gibt es eine Unterbrechung. Das Geschehen klingt nach, belebt. Resonanz ohne Bewertung ist für uns Menschen existentiell. Wollen wir etwas ins Leben bringen, sind wir angewiesen auf andere, die erkennen, mit uns streiten, handeln. In echten Begegnungen finden wir zu unserer Identität. In Begegnungen können wir wachsen, uns verändern; Neues kann entstehen. Menschen begegnen Menschen; das allein schon ist eher die Ausnahme als die Regel. Denn dazu gehört Interesse, Absichtslosigkeit, Bereitschaft zu leiden, oder, weniger drastisch, unangenehme Regungen auszuhalten. Wir Christen nun halten genau so Gottesbegegnung für möglich. Nicht irgendwie diffus, mit irgendeiner Kraft, einem höheren Selbst, einer zufälligen Konstruktion. Sondern geschult an der jahrhundertealten Tradition der Bibel, Reflexionen, Meditationen und der Verständigung darüber. Wir gehen von einem Gott aus, die sich den Menschen mitteilen will.

Jesus fragt, „für wen halten die Menschen mich“? Was von dem, was ich tue und sage, kommt bei ihnen an? Welche Resonanz ruft es hervor? Was erkennen sie in meinem Leben? Die Antwort ist zunächst charakteristisch für uns Menschen. Wir erkennen, was uns bereits vertraut ist. Die Leute damals identifizieren Jesus mit Johannes, Elija, oder einem Propheten. Jesus wartet vermutlich gespannt auf die Antwort seiner Jüngerinnen und Jünger. Hier geht es nicht um Abfragen. Die Stille zwischen Frage und Antwort knistert. Jesus setzt sich mit seiner Frage aus. Ob Petrus gespürt hat, wie nah er Jesus mit seiner Antwort kommt, mit der er gleichzeitig eine nicht zu überbietende Unterscheidung trifft: wir Menschen und du Sohn Gottes? In diesem Moment bekommt Jesus Antwort. Erkennen. Vielleicht ist Petrus selbst überrascht von seiner Aussage?

Das Neue, das in der Antwort „du bist der Messias“ aufscheint, konnte Petrus formulieren, weil er die Fähigkeit hatte, auf den Begriff zu bringen, was er in den Begegnungen der Menschen mit Jesus miterlebt hatte. Seine Aussage bringt auf den Punkt, was er zuvor gesehen und gehört hatte. Er ‚liest‘ im Verhalten der Menschen, Menschen, die Jesus darum bitten, heil zu werden. So ging die Heilung zweier Blinder voraus, bei der Jesus fragte: glaubt ihr, dass ich euch helfen kann? (Mt 9,28).Ebenso die Heilung des Gelähmten, der von seinen Freunden zu Jesus getragen wurde. Als Jesus ihren Glauben sah(Mt 9,2), reagierte er. Bei der Bitte der heidnischen Frau stellte Jesus fest: dein Glaube ist groß (Mt 15,28). Diese Menschen vertrauen sich Jesus an. Sie glauben an ihn. Sie formulieren nicht bewusst, wer er für sie ist, doch an ihrem Tun lässt sich Glaube ablesen. So bahnt sich das Messiasbekenntnis an. Und nun, da es ausgesprochen ist, was ändert sich? Das Wort steht im Raum.

Es wird zum Grund der Gemeinde, die stärker ist als der Tod. Hier werden die Jüngerinnen und Jünger darauf vorbereitet, dass eine Gemeinde Jesu auch nach seinem Tod weiterleben wird. Wer von Angesicht zu Angesicht sagen kann: „du bist Gottes Sohn“, macht sich ein für alle Mal fest. Das Fundament der Gemeinschaft ist gelegt. Sie wird Kreuzigung und Verfolgung durchtragen und überstehen. Eine Gemeinde, die in vielen Formen durch Jahrhunderte hinweg neu gegründet wird, indem sich Menschen zu Jesus als dem Sohn Gottes bekennen.

So stark ist dieses aus Erfahrung geronnene Bekenntnis, von Petrus formuliert, oder ihm in den Mund gelegt. Petrus, der seine Kräfte gern überschätzt und dann klein beigibt, wie beim Versuch übers Wasser zu Jesus zu kommen, bei der missglückten Verteidigung Jesu, als dieser zum Verhör geholt wird, oder beim Scheitern an der versprochenen Loyalität.

Unser Leben mit allen Widrigkeiten ist in seiner Gesamtheit eine Antwort, die auf das Bekenntnis folgt. Ein Moment in der Ewigkeit. Amen.

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3 Antworten auf Die Antwort – 21. Sonntag im Jahreskreis A

  1. Kähny sagt:

    Math.16,17:
    ER fragt.
    Und in der Antwort antwortet der Schöpfer dieser Schöpfung.
    Sie ist Resonanzboden und Spiegel.
    So schaut Gott in den Spiegel,fragt und antwortet:
    und bekommt die Antwort, die ER will…!

  2. W. sagt:

    Vielen Dank für diese klare, tiefgreifende Auslegunge dieses nicht unproblematischen Evangeliums. Es geht heute nicht so sehr um Begründung des Papsttumes, auch wenn in der Predigt, die ich am Sonntag anhören musste, das alleine angesprochen wurde.
    Es geht wirklich um unsere Antwort auf die Frage Jesus: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Die Antwort begleitet unser Leben, denn es ist keineswegs so, wie Kähny sagt, dass Gott die Antwort gibt, die Er will. Jede von uns ist gefragt (mit der Freiheit des Menschen ausgestattet) Unsere Antwort drückt sich in unserem Leben mit allem Für und Wider aus, wie es in der Predigt gesagt wurde.
    Oder ist das Töten von Kindern im Namen Gottes, wie wir es zur Zeit erleben, Gottes Antwort??

    • Kähny sagt:

      Liebe(r) W.

      Vielleicht ist gerade das Leiden SEINER Schöpfung d i e Frage Gottes an das menschliche Bewusstsein.

      Und unterliegt die Bewältigung a l l e n Leids,und damit die Antwort, nicht SEINEM Willen ?

      Hierzu würde ich auch die prophetische Antwort des aktuellen Bischofs von Rom zählen.

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