Ein einfaches Leben wird leicht – 14. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 11
25 In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast.
26 Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
27 Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.
28 Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.
29 Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.
30 Denn mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht.

Autorin:
Utta-Hahn-2-150x150Utta Hahn,
Gemeindereferentin,
Landpastoral Schönenberg in Ellwangen

 
Die Predigt:
Ein einfaches Leben wird leicht

Liebe Leserin, lieber Leser,
unweigerlich könnten wir uns beim Hören dieser Worte fragen, ob wir denn nun zu den Klugen und Weisen oder zu den Unmündigen gehören. Wie weit ist Jesu Offenbarung, seine Gute Nachricht, denn schon in unser Herz vorgedrungen? Um die nachfolgende Einladung annehmen zu können, müssen wir an der richtigen Stellen stehen, das richtige Ohr auftun. Suchende sein, nicht Wissende. Fragende sein, nicht Antworten aufzählen. Die Mühe des Lebens bis in die letzte Tiefe und kleinste Ader spüren, nicht alles fraglos hinnehmen

Unser erster Impuls im Leben und auch im Glauben ist ja doch das „Verstehen – Wollen“ und wenn wir zu suchen beginnen – nach dem Sinn, nach dem, was richtig und falsch, gut und böse ist, dann suchen wir ja auch nach Regeln. Wir studieren die Schrift, wir hören die Verkündigung und die Erklärungen. Oft sind wir glücklich, wenn wir feststellen: Jetzt habe ich wieder etwas dazugelernt. Wir werden selbstbewusst und frei, wenn wir uns in einer Materie gut auskennen, Expertinnen und Experten sind. Wer ist schon gerne ein Laie?

Und das ist auch gut so. Alle unsere Fähigkeiten und Begabungen sollen wir fördern und ausbilden und einsetzen, am besten natürlich für ein besseres Leben aller Menschen, für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt. Und doch braucht es sozusagen noch einen weiteren Schritt um zu verstehen, was Jesu Botschaft mit unserem Leben macht.
Es braucht die Einsicht, dass wir Jesus als unseren Bruder nur verstehen, wenn wir ihm von Herzen zuhören, wenn wir ihn seine Gebete, seine Worte in uns hineinversenken lassen – nicht nur im Kopf, im Gedächtnis behalten, sondern sie in uns aufnehmen, bis in unser Herz, bis in unsere tiefste Seele. Damit das gelingen kann, brauchen wir keine Hirnakrobatik und so ist es nur logisch, dass Jesus die Qualität der Einfachheit und Unmittelbarkeit so hervorhebt.

Wenn ich komplexe Systeme durchschaue, vielleicht sogar mir ausdenken kann, wenn ich mich an Gesetze und Regeln halten kann, wenn ich „nach Vorschrift“ lebe und auch mein Glaubensleben entsprechend gestalte, dass ich alle kirchlichen Gebote befolge…, dann habe ich dennoch nicht zwingend verstanden, was Jesu Botschaft von Gottes Liebe für uns Menschen ist. Um die Liebe zu verstehen, braucht es all das nicht. Um den Menschen zu lieben, braucht es nicht den scharfen Verstand, sondern ein einfaches und offenes Herz.

Es gibt eine Initiative vom Katholischen Bibelwerk und dem Caritas-Pirckheimer-Haus, Nürnberg, die heißt: Bibel in leichter Sprache. Dort finden wir die Sonntagsevangelien in einer Über- und Umsetzung in eine einfache, moderne Sprache – kurze Sätze, keine komplizierten Worte und der Versuch, die Grundbotschaft auch sprachlich aufzuschlüsseln. Unser heutiges Evangelium dort übersetzt lautet:

Einmal sprach Jesus mit seinem Vater im Himmel.
Jesus sagte:
Vater im Himmel, ich preise dich.
Ich bin sehr froh über dich.
Ich freue mich über dich.

Weißt du Vater, warum ich mich besonders über dich freue?
Ich freue mich besonders, weil du ganz einfach bist.
Du bist gar nicht kompliziert.
Du bist gar nicht schwer zu verstehen.
Du bist einfach unkompliziert.

Darum können dich alle Menschen verstehen, die unkompliziert sind.
Und die einfach sind.
Und schlicht.
Und bescheiden.
Diese Menschen freuen sich über dich.
Diese Menschen wissen, dass du Gott bist.
Und dass ich dein Sohn bin.
Vater, deswegen freue ich mich.
Deswegen bin ich so glücklich über dich.

Jesus sagte zu den Menschen:
Ihr Menschen habt viele Sorgen.
Und viel Angst.
Und viel Unruhe.
Und viel Stress.
Kommt alle zu mir.
Ich will euch helfen.
Ich will euch trösten.
Ich will euch Ruhe verschaffen.
Ich bin in meinem Herzen selber ganz ruhig.
Und gütig.
Und bescheiden.
Und einfach.
Das könnt ihr bei mir spüren.
Bei mir könnt ihr Ruhe finden.
Bei mir könnt ihr still werden.
Bei mir könnt ihr froh werden.
Ich mache keinen Stress.

Wenn wir mit offenem Herzen zuhören, dann können wir von Jesus lernen, wie er mit Gott in Beziehung steht – wie er uns einlädt, gleichermaßen mit Gott in Beziehung zu leben, denn wir sind alle Kinder Gottes. Und wir hören diese Einladung an alle, die sich plagen und schwere Lasten zu tragen haben.

Was plagt uns nicht alles und bereitet uns Sorgen? Was ist unser „Stress“?
– Der Alltag, der so eng getaktet ist, dass jede Abweichung von „normal“ unglaublich anstrengend wird?
– Der Beruf, der immer dichter und angefüllter mit Aufgaben wird, – alles muss noch effektiver werden und Arbeitsstunden sind nicht mehr in Tagen, sondern in Minuten geplant…
– In den Beziehungen, wenn wir uns unverstanden fühlen, und in Konflikten vielleicht den Kontakt zum Anderen verlieren; wenn wir einander nicht aushalten können?
– Wenn Eltern unmöglich und Kinder zur Katastrophe werden, – wer gibt uns Anleitung, wie wir miteinander unterwegs sein können?
– Wenn Krankheit oder anderes Leid uns selbst oder uns nahe stehende Menschen trifft und wir mit den existentiellen Fragen unseres Daseins ungefragt konfrontiert werden?
– Die Alltagssituationen, in denen wir die anderen Menschen um uns herum nicht als Menschen sondern eher als Hindernisse für unser eigenes Tun und Wollen wahrnehmen – die anderen Autofahrer/innen, die anderen Einkäufer/innen, die Kolleg/innen, die Nachbarn, …
– Die Angst um die Zukunft, die Zukunft meines Arbeitsplatzes, die Zukunft der Kinder, die Zukunft der Welt…

Jesus lädt uns alle ein, zu ihm zu kommen, und nicht etwa, damit er für uns die Probleme löst, sondern um uns zu lehren, wie wir damit umgehen können. In dem Moment, in dem wir auf IHN schauen, oder mit Jesus auf Gott, unsern Vater, unsere Mutter, – in dem gleichen Moment schauen wir auch weg von uns oder dann wieder von ihm her auf uns und unser Leben. Wir können den liebenden Blick Gottes auf unser Leben einüben. Dann sehen wir die Probleme, den Stress und die Lasten in jenem anderen Licht. Vielleicht sind sie dann doch nicht so groß und so schwer, wie wir meinen, oder vielleicht finden wir Sinn oder wir finden Kraft, die Last zu tragen und auszuhalten. Vielleicht finden wir, wie Jesus sagt, Ruhe für die Seele, und wir werden freier von Angst und Hetze.

Eine ruhige Seele ist wie eine Quelle, die sprudelt, und das Leben fühlt sich frisch und leicht an. Das ist das Versprechen Jesu. Jesus hat uns diesen liebenden Blick Gottes durch sein ganzes Leben, durch sein Wirken und seine Worte, jederzeit gezeigt, in jedem Gebet, in jeder totalen Zuwendung zu einem Menschen und auch in der Annahme des Leidens im Gebet von Getsemani. Die Einladung Jesu heute lautet: Stellt euch, wie ich, in die liebende Gegenwart Gottes. Doch fragen Sie sich vielleicht: Wie soll das gehen – bei all dem Stress und ohne Zeit? Bei meinem Alltag? Da sind das doch nur fromme Wünsche…

Haben Sie schon von der Gemeinschaft von Taizé gehört? Eine ökumenische Gemeinschaft von Männern, in einem kleinen Dorf in Burgund, Frankreich? Zentrum ihres gemeinschaftlichen Lebens ist dreimal am Tag die Versammlung zum Gebet. Diese Gebete sind einfach – kurze Gesänge, kurze Texte aus den Evangelien in vielen Sprachen wiederholt und jeweils eine Zeit der Stille… – Sich unter den liebenden Blick Gottes stellen. Das scheint mir die Übung dieser Gebetszeiten und all die vielen Menschen, die jahraus jahrein dort zu Gast sind und dieses Leben für je eine Woche teilen, können erfahren, das es wahr ist, was Jesus sagt. Sein Joch ist leicht, seine Last drückt nicht. Unser Glaube will Freiheit und Leben, will Liebe und Versöhnung.

Schauen Sie sich doch einmal um – vielleicht entdecken sie in ihrer Gemeinde auch eine Einladung zu einem Taizégebet, das dort regelmäßig stattfindet, oder sie nehmen sich die Zeit und setzen sich einfach so mal 10 Minuten ganz still hin – vielleicht vor einer Ikone oder vor dem Kreuz, das in der Wohnung hängt. Ganz einfach – und vielleicht wird auch ihr Leben mit Jesus an der Seite leichter – nicht sofort und nicht für allemal, aber immer mehr, je länger sie üben.

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Eine Antwort auf Ein einfaches Leben wird leicht – 14. Sonntag im Jahreskreis A

  1. clara sagt:

    Danke für die Übersetzung in leichte Sprache! Wie einfach und klar….
    Für mich ist es manchmal so wohltuend, mir abends „nur“ die Osterkerze anzuzünden, keine formelhaften Gebete vor mir zu haben, sondern einfach nur hineinzuschauen und zu atmen.
    „Gott einatmen und ausatmen, das ist alles“, habe ich einmal wo gelesen.
    Und mit der Ruhe werde ich mir der Liebe Gottes, die mich den ganzen Tag getragen hat, bewusst und atme dankbar aus.
    „Kommet alle zu mir, die ihr euch plagt… ich will euch Ruhe schenken“.
    Schönen, ruhigen Sonntag allen Leserinnen :-), clara

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