Christentum und Karneval – 8. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 6
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen – Jüngerinnen und – Jüngern:
24 Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.
25 Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung?
26 Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?
27 Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern?
28 Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.
29 Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen.
30 Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
31 Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen?
32 Denn um all das geht es den Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht.
33 Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.
34 Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage.

Autorin:
C-Bettin-komprimiert-200x300Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach – Süd im Bistum Aachen

 
Die Predigt:
Christentum und Karneval

Liebe Leserin, lieber Leser,
dieser Sonntag heißt in der Leseordnung der kath. Kirche ganz nüchtern und sachlich: „8. Sonntag im Jahreskreis“. Doch für Karnevalistinnen und Karnevalisten, noch dazu im Rheinland, heißt er sehr blumig: „Tulpensonntag“. – Kann es da eine Verbindung geben?
Wenn man in der Geschichte zurückschaut, entdeckt man, dass es uralte Vorläufer des Karnevals, der Fastnacht, bereits vor 5000 Jahren in Mesopotamien gab. Vom mittelalterlichen Europa berichten verschiedene Überlieferungen, wie auch in Kirchen ein buntes Treiben gefeiert wurde. Mit der Reformation verlor die Fastnacht zwar einiges von ihrem Sinn, doch spätestens seit 1823, mit der Gründung des „Festordnenden Comites“, wurde das Brauchtum, besonders in Köln, wieder belebt.

Von meiner Herkunft her, aus Berlin kommend, und mit „preußischen“ Tugenden aufgewachsen, bin ich erst im Laufe der Zeit dem Karnevalstreiben auf die Spur gekommen und in die rheinische Frohnatur hineingewachsen. Doch ich kann Ihnen sagen, es geht! Manches im Karneval ist mir zwar auch nach 25 Jahren hier noch unverständlich, aber im Kern, glaube ich, gibt es viele positive Berührungspunkte zwischen Karneval und Christentum. Wenn man den Karneval vom ganzen Kommerz, vom Prestige und Klüngel und auch von den Alkoholexzessen einmal frei macht, dann hat er als solcher für mich auch eine wichtige Botschaft und Berechtigung. Die Machtverhältnisse werden einmal in ihr Gegenteil verkehrt, alles „Verknöcherte“ bekommt den Spiegel vorgehalten, die Obrigkeit wird in ihre Schranken verwiesen und beim Rathaussturm durch Prinz Karneval ersetzt. Mit Humor und spitzer Zunge werden die Dinge, die im Argen liegen, beim Namen genannt und entlarvt. Einmal so richtig aus der Haut fahren und in eine andere Rolle schlüpfen. Im Schutz des Kostüms auch unbequeme Wahrheiten formulieren und dabei alles eben mit Humor und Leichtigkeit. Darum geht es im Karneval.

Der Blick ins heutige Evangelium bestätigt und ermuntert uns zu solch einer Haltung des Unbeschwert – Seins. „Mach dich frei von übermäßiger Sorge. Lebe jeden Tag mit Zuversicht!“ Mir gefällt es gut, dass das eine Haltung ist, die zur Rheinländischen Grundeinstellung passt: „Ett kütt, wie ett kütt; und ett hätt noch immer jutjejangen.“ – Das klingt auf dem karnevalistischen Hintergrund eben nicht resignativ und ergeben, sondern beschwingt, heiter und getragen von einem tiefen Vertrauen.

Mein Vertrauen richtet sich dabei auf Gott. Mit meinem tiefsitzenden Sicherheitsstreben ertappe ich mich zwar oft genug bei dem Gedanken, ich könnte vorsorgen, planen und mich gegen alles Mögliche absichern. Und dabei gelten meine Sorgen auch gar nicht nur mir selbst, sondern ich mache mir Sorgen um meine Kinder, ob ihr Leben wohl gelingt? Ich sorge mich um die älter werdenden Eltern, wie wohl alles werden wird? Sorgen auch um den Arbeitsplatz der Schwägerin, ob ihr Chef an seiner Kündigung festhält? Und, und, und… all das bereitet mir endlose, schlaflose Nächte. Doch oft genug kommt es eben ganz anders. Diese Erfahrung teilen wir sicherlich alle. Seien wir mal ehrlich, keine Versicherung, keine noch so gute Planung und Organisation schützen mich vor unvorhersehbaren Ereignissen. Ich muss mir eingestehen, dass ich die Geschicke nicht in der Hand habe. Es wäre anmaßend zu denken, ich kann alles richten! Diese Rolle kommt alleine Gott zu! Ihm darf ich mich ganz sorgenfrei in die Hand geben und darauf vertrauen, dass es schon wieder gut wird, dass sich alles in ein größeres Ganzes fügt. Wir sind eingeladen, Gott Gott sein zu lassen; von ihm nicht „klein, klein“ zu denken, sondern ein übergroßes Vertrauen zu entwickeln. Mit meiner üblichen kleinlichen Sorge mache ich mir nur Sorgenfalten, graue Haare, verbreite schlechte Stimmung und löse im letzten keine Probleme.

In der Konsequenz ergibt sich daraus eine unbeschwerte, sorgenfreie Lebensweise. Das Herz darf wirklich leicht und froh werden. Das sind die besten Voraussetzungen um mit Fröhlichkeit, beschwingt und mit Hoffnung durchs Leben zu gehen. Vielleicht weil die Rheinländer es speziell als 5. Jahreszeit intensiv zelebrieren, sind die Menschen hier Frohnaturen? Uns Christen wurde dieser Schatz unserer frohen Botschaft schon vor 2000 Jahren geschenkt! Er darf ruhig zu jeder Jahreszeit hervorgeholt und gelebt werden, um andere anzustecken. Die Kombination von beidem, von Karneval und christlichem Glauben, gibt es jedenfalls auch am diesjährigen „Tulpensonntag“ in meiner Kirche. Dann feiert das Prinzenpaar mit uns Gottesdienst und die Predigt wird zur frohen Botschaft mit Helau und Alaaf in Reimen zu Gehör gebracht; Z.B. so:

Ob Benetton, Lacoste, ob Prada
das zählt bei Gott nun wirklich nicht.
Im Glauben ist vielmehr erfahrbar:
Gott liebt mein eignes Angesicht.

Mit „Kleider machen Leute“
täusch ich nur Äußerliches vor.
Mein Seelenleben heute
lebt auf durch Gottes Wort im Ohr.

Befreit von übergroßer Sorge
leb ich viel leichter meinen Tag,
ein Lachen ich dem Griesgram borge,
weil ich den plötzlich sogar mag!

So darf ich im Vertrauen leben
auf Gott, der zu mir hält, mich trägt.
Darf ihm all meine Sorgen geben
ganz unbeschwert das Herz nun schlägt.

„Helau und Alaaf“, das rufen wir froh
im Rheinland beim Feiern, da grüßen wir so.
Die Botschaft die trägt uns zur Karnevalszeit
und macht uns zum Nachdenken trotzdem bereit.

So sind und bleiben wir Christen mit Herz,
denn Gott liebt uns alle auch mit Witz und mit Scherz.

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Eine Antwort auf Christentum und Karneval – 8. Sonntag im Jahreskreis A

  1. Hildegard Heetkamp sagt:

    Danke! Ich habe Anregung für einen Wortgottesdienst am Karnevalsdienstag gesucht. Diesen beitrag werde ich gut gebrauchen können.

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