Wenn das Wort zur Tat wird – 2. Sonntag nach Weihnachten

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 1
1 Im Anfang war das Wort, / und das Wort war bei Gott, / und das Wort war Gott.
2 Im Anfang war es bei Gott.
3 Alles ist durch das Wort geworden / und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
4 In ihm war das Leben / und das Leben war das Licht der Menschen.
5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis / und die Finsternis hat es nicht erfasst.
9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, / kam in die Welt.
10 Er war in der Welt / und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht.
11 Er kam in sein Eigentum, / aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
12 Allen aber, die ihn aufnahmen, / gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, / allen, die an seinen Namen glauben,
13 die nicht aus dem Blut, / nicht aus dem Willen des Fleisches, / nicht aus dem Willen des Mannes, / sondern aus Gott geboren sind.
14 Und das Wort ist Fleisch geworden / und hat unter uns gewohnt / und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, / die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, / voll Gnade und Wahrheit.

Autorin:
Dr. Ulrike Altlherr Dr. Ulrike Altherr, Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Guter Hirte – Kolumban in Wendlingen mit Oberboihingen und Köngen mit Unterensingen, verheiratet, eine Tochter

 

 
Die Predigt:
Wenn das Wort zur Tat wird

Liebe Leserin, lieber Leser,
wir stehen am Anfang eines neuen Jahres.
Das was am Anfang steht, prägt oft das danach Kommende.
So haben wir heute auch den Anfang eines Evangeliums, nämlich den sogenannten Johannesprolog, als Evangeliumstext. Im Anfang war das Wort, fängt der Evangelist Johannes sein Evangelium an.

Ganz am Anfang also das Wort. Wieso steht das Wort am Anfang? Damit hatte bereits Goethes Faust seine Probleme. Worte sind Schall und Rauch, bloße Worte. Und doch: Worte haben Gewicht im Guten und im Bösen. Wenn ein Mensch zum anderen sagt „Du bist nichts wert“, dann kann das alle Lebendigkeit und Fähigkeiten eines Menschen ersticken. Oder ein „Ich hasse Dich“, kann jemanden wirklich vernichten. Wenn dagegen die Mutter zum ängstlichen Kind sagt: „Alles ist gut“, dann ist für das Kind alles gut. Wenn zwei Menschen zueinander sagen: „Ich liebe Dich“, bauen sie darauf nicht selten ihr Leben auf. Wenn Bräutigam und Braut sich die Treue in guten und bösen Tagen versprechen, so verlassen sie sich gegenseitig darauf. „Er hat mir sein Wort gegeben“, sagen wir, wenn wir ein Versprechen meinen, an das wir glauben. Worte drücken Wirklichkeit aus und schaffen auch Wirklichkeiten.

Der Johannesprolog ist in seinen Ursprüngen ein Lied, das der Evangelist vorfand und etwas bearbeitet an den Anfang seines Evangeliums stellte. Im Grunde ist es eine Neufassung des Schöpfungsberichts im ersten Buch der Bibel, dem Buch Genesis. In der Erzählung von der Erschaffung der Welt geht es auch um das Wort, wenn es dort heißt Und Gott sprach… Z. B. steht dort Und Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht. Gottes Wort schafft alles, was es in der Welt gibt. Das Wort wird zur Tat. Im Johannes-Evangelium heißt es ganz ähnlich: Und alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. Dieses Wort kann im Johannesevangelium als Jesus Christus verstanden werden, der schon vor aller Zeit bei Gott war und von Gottes Art ist. Im Weiteren wird erzählt, wie dieses Wort in die Welt kam. Dazu wird dreimal angesetzt: 1.Er war in der Welt. 2. Er kam in sein Eigentum 3. Das Wort ist Fleisch geworden. Und zweimal wird gleich dazugesagt, dass er – Jesus – nicht ankam: 1. aber die Welt erkannte ihn nicht. 2. aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Dann wird positiv ausgesagt, was für die, die ihn aufnahmen daraus folgt: Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht Kinder Gottes zu werden. Das griechische Wort, das hier für Kinder steht bedeutet Söhne und Töchter, also zur Familie Gottes gehörend und damit auch erbberechtigt. Der Text endet damit, dass das Wort Gottes unter uns gewohnt, – „unter uns gezeltet“ wäre die noch bessere Übersetzung – hat und wir haben seine Herrlichkeit gesehen; damit sind alle mit hineingenommen als Zeugen.

Im Angelusgebet beten wir „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Damit sollen wir uns immer daran erinnern, dass Gott Mensch geworden ist. Durch die Menschwerdung ist zum zweiten Mal Gottes Wort zur Tat geworden: zum Ersten Mal bei der Erschaffung der Welt und nun bei der Menschwerdung seines Sohnes.

Gott spricht keine leeren Worte, er lässt sie zu Taten werden. Wie regieren wir auf Gottes Wort? Lassen wir es/Ihn ankommen bei uns oder erkennen wir ihn nicht und nehmen ihn nicht auf? Aufnehmen heißt nicht, ihn an uns ablaufen zu lassen wie Wasser, wenn wir in den Regen gekommen sind. Es heißt nicht, imprägniert durch die Welt zu gehen. Sondern es heißt: uns von ihm prägen zu lassen. Er soll Spuren in uns hinterlassen und uns in seinem Sinn verändern.

Ja, das Wort muss Hand und Fuß bekommen. Es muss auch bei uns Fleisch werden. Und dann hat es Folgen. Wer es aufnimmt, hat die Macht, Kind Gottes zu werden. Und das ist doch das Größte für einen Menschen. Von Gott her hat er seine Würde. Das zählt letztlich mehr als Reichtum, Macht und Ansehen in der Gesellschaft. Ich glaube, Christen müssten so leben, dass dies spürbar wird. Das Wort, das aufgenommen wurde, verlangt eine Antwort. Menschen, die das Wort aufgenommen haben, haben es nicht mehr nötig, nur auf sich und die eigene Größe bedacht zu sein. Sie haben aber auch keine religiösen Höchstleistungen nötig, sondern können als Kinder Gottes in aller Gelassenheit das tun, was ihre Prägung als Sohn oder Tochter Gottes ausmacht.

Gott hat es vorgemacht, wie aus Worten Taten werden. Wir könnten es nachmachen… (Dann hat übrigens auch Goethes Faust wieder recht, wenn er zur Auffassung kommt „Am Anfang war die Tat.“)
Lassen wir uns am Anfang eines neuen Jahres wieder neu darauf ein!
Amen!
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Sehr instruktiv: Michael Theobald, Das Evangelium nach Johannes Kapitel 1-12 (RNT), Regensburg 2009

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