Kuck mal, wer da schwitzt! – 10. Sonntag im Jahreskreis C

Besonders ausgewählte Lesung aus dem Ersten Petrusbrief, Kap 3
8 Endlich aber: seid alle eines Sinnes, voll Mitgefühl und brüderlicher Liebe, seid barmherzig und demütig!
9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem noch Kränkung mit Kränkung! Stattdessen segnet; denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erlangen.
10 Es heißt nämlich: Wer das Leben liebt / und gute Tage zu sehen wünscht, der bewahre seine Zunge vor Bösem / und seine Lippen vor falscher Rede.
11 Er meide das Böse und tue das Gute; / er suche Frieden und jage ihm nach.

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 7
11 Jesus ging in eine Stadt namens Naïn; seine Jünger – und Jüngerinnen – und eine große Menschenmenge folgten ihm.
12 Als er in die Nähe des Stadttors kam, trug man gerade einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe. Und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie.
13 Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht!
14 Dann ging er zu der Bahre hin und fasste sie an. Die Träger blieben stehen und er sagte: Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf!
15 Da richtete sich der Tote auf und begann zu sprechen und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück.
16 Alle wurden von Furcht ergriffen; sie priesen Gott und sagten: Ein großer Prophet ist unter uns aufgetreten: Gott hat sich seines Volkes angenommen.
17 Und die Kunde davon verbreitete sich überall in Judäa und im ganzen Gebiet ringsum.

Autorin:
Bild_Lerke1Maria Lerke, Pastoralreferentin, Seelsorgeeinheit Winnenden – Schwaikheim – Leutenbach

 
Die Predigt:
Kuck mal, wer da schwitzt!
Predigt im Ökumenischen Gottesdienst zum „Most und Rettichfest“ des Turnvereins in Bittenfeld

Liebe Leserin, lieber Leser,
endlich haben wir sommerliche Temperaturen, endlich können wir wieder raus in die herrliche Natur, endlich wieder in den Garten! Nach diesem verregneten und trüben Frühjahr eine richtige Wohltat. Jetzt müssten eigentlich alle mit dem Wetter zufrieden sein – oder? Es soll ja tatsächlich Leute geben, denen es inzwischen aber schon wieder viel zu heiß ist und die es gar nicht gerne haben, wenn sie ins Schwitzen geraten. – Okay, kann ich nachempfinden, wer mag das schon, wenn der Schweiß von der Stirn tropft, schwitzende Hände, Schwitzflecken …. Schwitzen ist Vielen unangenehm und auch ich bin froh, dass es inzwischen gute Artikel gibt, die zumindest optisch und geruchstechnisch Hilfe versprechen.

Vielleicht denken Sie jetzt – was soll denn dieses Problem in einer Predigt? Und sie haben Recht! Es klingt im ersten Moment schon komisch – aber ich denke, dass wir auch in unserem Glaubensleben ganz schön ins Schwitzen geraten können!

Ins Schwitzen geraten – das ist eigentlich eine ganz gesunde Reaktion unseres Körpers: wenn die Temperatur steigt, aus welchen Gründen auch immer, dann produziert unsere Haut vermehrt Schweiß, um uns wieder abzukühlen. Wir können unserem Körper dann helfen, indem wir entsprechend lockere und saugfähige Kleidung tragen, indem wir für eine Abkühlung mit Wasser sorgen, innerlich oder äußerlich; Luft zufächeln oder einfach in den Schatten gehen, ein bisschen ausruhen und entspannen, auch das kann helfen.
Erst gar nicht ins Schwitzen kommen – sicher wäre auch das eine Möglichkeit, aber wer will schon immer im Kühlhaus hocken? Gesund soll es ja sein, wenn wir mindestens einmal am Tag unserem Körper so viel Bewegung zumuten, dass wir so richtig an unsere Grenzen kommen. Aber das wissen Sie hier im Turnverein ja viel besser als ich!

Genauso wie es dem Körper gut tut, von Zeit zu Zeit ins Schwitzen zu geraten, ebenso tut es auch unserem Glaubensleben gut, wenn wir uns von Zeit zu Zeit dafür ins Zeug legen. In der Lesung aus dem Petrusbrief haben wir vorhin so ein kleines „Trainingsprogramm“ gehört: geschwisterlich, barmherzig, demütig sein und dem Frieden nachjagen, das in die Tat umsetzen, verlangt schon einiges an Anstrengung.
Gerade hier im Turnverein geben Sie mir da bestimmt Recht. Geschwisterlich sein – das sehen ja die meisten ein; kameradschaftlich sein, sich für die Gemeinschaft, für den Verein einsetzen, da engagieren sich heute Gott-sei-Dank viele. – Allein schon dieses Fest – ohne geschwisterliche Zusammenarbeit wäre das ja gar nicht möglich.

Mit der Barmherzigkeit tun wir uns schon schwerer: Im Zeitalter der Castingshows spielt Barmherzigkeit eher eine untergeordnete Rolle. Casting heißt wörtlich übersetzt: rauswerfen! Nur die Gewinner können punkten, nur sie stehen am Ende im Goldregen. Die anderen zählen nichts – Was für eine fürchterliche Botschaft für unsere Kinder und Jugendlichen! Wie sieht es da in unseren Vereinen aus? Wie wird da mit Verlierern umgegangen? Müssen sie vor Angstschweiß vergehen? Wie gehen wir mit unseren Schiedsrichtern um – wer setzt sich für ein friedvolles Miteinander ein – wie und mit welchen Parolen jagen wir heute dem Frieden nach?

Noch mehr müssen wir uns anstrengen, wenn es um die Demut geht. Auf etwas bewusst verzichten, um einen anderen vorzulassen, das hat wenig Platz in unserer Ellbogen Gesellschaft. Doch gerade im Turnverein geht es nicht ohne Demut: Was wäre ein Fußballspiel, in dem es nur Stürmer und Torjäger gäbe? Es kommt vielmehr auf die Mannschaft an und die ist dann gut, wenn alle Mitspieler ihre Augen offen halten und bereit sind, den Ball auch mal abzugeben und einem anderen zuzuspielen. Wichtig ist doch nicht, wer das Tor macht, sondern dass der Ball ins Netz geht.

Viel, was das kleine Trainingsprogramm des Petrusbriefes da von uns Christen verlangt. Nicht nur im Fußball, auch im Leben gibt es immer wieder diese großen Herausforderungen, auch im Leben werden wir gewissermaßen auf unseren Platz gestellt. Gott stellt mich auf meinen Platz, er hat dafür keine Andere. Er traut mir etwas zu. Obwohl ich Schwächen habe, darf ich meinen Platz einnehmen und jeden Tag das Spiel neu wagen. Auch wenn wir manchmal auf die anderen schielen, auf die, die es scheinbar besser erwischt haben als wir, auch wenn wir denken, die hätten einen günstigeren Platz erwischt, die hätten bessere Voraussetzungen, ein leichteres Schicksal, ein leichteres Kreuz, trotzdem darf ich darauf vertrauen, dass dort, wo ich stehe, mein Platz ist!

Spätestens jetzt sind wir bei den vielen Fragen angekommen, die die zweite Lesung aus dem Lukasevangelium heute an uns stellt.
Zwei Menschengruppen treffen da am Stadttor von Nain aufeinander. Auf der einen Seite zieht Jesus mit einer großen Menschenmenge auf die Stadt zu. Sie sind in Hochstimmung, Viele haben erlebt, wie Kranke durch Jesus geheilt wurden, sie haben seine großartigen Reden vom Reich Gottes gehört. Sie sind jetzt voller Hoffnung und Erwartung, sie haben Grund zum Feiern! Und in dieser Festlaune stoßen sie auf das krasse Gegenteil. Ein Trauerzug kommt aus der Stadt auf dem Weg zum Friedhof. Die Frau, die hinter dem Sarg herzieht, hatte vor kurzem ihren Mann und nun auch noch den einzigen Sohn verloren. Das war für sie das völlige Aus. Zu dem großen menschlichen Verlust kam auch noch die Angst um ihre Zukunft – für sie gab es ja nun niemanden mehr, der für ihren Unterhalt sorgte. Auf der einen Seite hoffnungsvolle Hochstimmung – auf der anderen Seite tiefste Verzweiflung und äußerste Hoffnungslosigkeit.

Wie würden wir wohl reagieren – als Fangruppe von Jesus – als Mittrauernde, als zufällig Dabeistehende? Stellen wir uns mal die Blicke vor, die da hin und her gehen?
Die Reaktion von Jesus ist aufgeschrieben: Er hat sich nicht peinlich berührt abgewandt; er hat sich von dem Schmerz der Frau bis in sein Innerstes betreffen lassen. Er hatte Mitleid mit der Frau – er hat ihr aber nicht nur sein herzliches Beileid gewünscht, sondern er hat sein Mitleid in die Tat umgesetzt. Er hat den Sohn zum Leben erweckt und ihn der Mutter zurückgegeben. Er hat dadurch nicht nur den Sohn, sondern auch die Mutter ins Leben zurückgeholt – erst jetzt hatte sie ja wieder die Chance auf ein Leben, auf einen gesicherten Lebensabend sozusagen.

Tote ins Leben zurückholen – Jesus Christus, der Sohn Gottes konnte das, er ist der Herr und handelt in dieser Erzählung mit göttlicher Macht. Das Wunder hier steht in engem Zusammenhang mit der Ostergeschichte. Gottes Macht ist stärker als der Tod, seine Liebe geht über den Tod hinaus und er will auch uns einmal dieses Leben in Ewigkeit schenken.

Aber wir brauchen nicht erst bis nach unserem Tod warten, wir können auch jetzt schon immer wieder erfahren, dass Menschen ins Leben zurückgerufen werden und wir können selbst mithelfen, dass das geschieht.
Sei es in unseren Familien, in der Schule, im Verein, am Arbeitsplatz, immer wieder begegnen wir Menschen, die vor den Scherben ihres Lebens stehen. Immer wieder begegnen wir Menschen, die Angst vor ihrer Zukunft haben, die ihre Existenz und all ihre Hoffnung verloren haben.
Da tut es gut, wenn Menschen ihr Mitleid nicht nur in Worten ausdrücken, sondern auch tatkräftig mit anpacken. Gerade letzte Woche bei der furchtbaren Hochwasserkatastrophe wurde immer wieder berichtet, wie freiwillige Helfer aus den verschiedensten Ecken Deutschlands dort hin reisten um die Leute dort zu unterstützen. Manche nahmen sogar extra Urlaub, um dort Sandsäcke zu füllen. Sich freiwillig für andere ins Zeug legen, Gott-sei-Dank gibt es diese Menschen.

Auch in unseren Vereinen gelingt es immer wieder, den Kindern und Jugendlichen Lust auf Gemeinschaft zu machen, ihre Konflikte friedlich zu lösen und mutig gegen Mobbing aufzustehen. Menschen ins volle Leben zurückholen, ihnen wieder Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft machen, das können auch wir.
Sich für eine friedvollere und gerechtere Welt einsetzen, auch wenn es nur in meiner direkten Umgebung ist, auch wenn es nur auf dem Platz ist, auf den mich Gott in seiner Güte gestellt hat, dafür lohnt sich jede Anstrengung, dafür lohnt es sich auch mal ins Schwitzen zu geraten! AMEN

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Eine Antwort auf Kuck mal, wer da schwitzt! – 10. Sonntag im Jahreskreis C

  1. Benedikta Hellrung sagt:

    Der Gegensatz : Frieden suchen, ihm nachjagen (!)—–
    den Sieg erringen wollen um jeden Preis——
    fordert eine Entscheidung heraus , immer wieder. Das bringt uns tatsächlich uns Schwitzen !

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