„Lebens-Mittel“ – Mittel zum Leben / Fronleichnam C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 9
10 Die Apostel kamen zurück und erzählten Jesus alles, was sie getan hatten. Dann nahm er sie beiseite und zog sich in die Nähe der Stadt Betsaida zurück, um mit ihnen allein zu sein.
11 Aber die Leute erfuhren davon und folgten ihm. Er empfing sie freundlich, redete zu ihnen vom Reich Gottes und heilte alle, die seine Hilfe brauchten.
12 Als der Tag zur Neige ging, kamen die Zwölf zu ihm und sagten: Schick die Menschen weg, damit sie in die umliegenden Dörfer und Gehöfte gehen, dort Unterkunft finden und etwas zu essen bekommen; denn wir sind hier an einem abgelegenen Ort.
13 Er antwortete: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische; wir müssten erst weggehen und für all diese Leute Essen kaufen.
14 Es waren etwa fünftausend Männer. Er erwiderte seinen Jüngern: Sagt ihnen, sie sollen sich in Gruppen zu ungefähr fünfzig zusammensetzen.
15 Die Jünger taten, was er ihnen sagte, und veranlassten, dass sich alle setzten.
16 Jesus aber nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, segnete sie und brach sie; dann gab er sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten.
17 Und alle aßen und wurden satt. Als man die übrig gebliebenen Brotstücke einsammelte, waren es zwölf Körbe voll.

Autorin:
Susanne-WalterSusanne Walter
Gemeindereferentin in Filderstadt
verheiratet, vier Kinder

 

Die Predigt:
„Lebens-Mittel“ – Mittel zum Leben

Liebe Leserin, lieber Leser,
Das Evangelium, das zum heutigen Fronleichnamsfest gehört, ist den meisten von uns wohl ziemlich bekannt:
die Brotvermehrung.

Nüchtern betrachtet geht es einfach darum, dass viele Menschen zusammen sind, am Abend alle Hunger haben, fast nichts zu essen da ist, Jesus die Initiative ergreift, das Wenige segnet und austeilt, bzw. austeilen lässt und alle satt werden und sogar noch eine Menge übrig bleibt.
Alle können zufrieden nach Hause gehen.

Was also ist das Besondere an dieser Erzählung, wenn wir davon absehen, dass von fünf Broten und zwei Fischen über fünftausend Menschen satt werden?
Was hat das mit Fronleichnam zu tun – dem Fest des Leibes des Herrn, den wir nachher in unserer Prozession durch die Straßen tragen?

In den Gemeinden meiner Seelsorgeeinheit haben wir als Thema für Fronleichnam das Thema „Lebens-Mittel“ ausgewählt.
Lebens-Mittel sind auf der einen Seite Nahrungsmittel. Doch brauchen wir Menschen noch viel mehr Lebens-Mittel um gut leben zu können.

Im heutigen Evangelium sind einige solcher Lebens-Mittel zu entdecken.

Gespräche sind Lebens-Mittel
Was wäre unser Leben ohne Gespräch, ohne Kommunikation?
Es gibt wohl keinen Haushalt ohne Telefon und die meisten haben sicher einen PC zuhause.
Kommunikation ist immer einfacher geworden, dank Handy und Internet.
Natürlich können wir uns da schon fragen, ob das, was da kommuniziert wird, alles so notwendig ist, dass es der oder die andere weiß.
Sicher ist aber, dass ich dadurch mit anderen in Kontakt kommen, in Kontakt bleiben kann. Ich kann erzählen, nachfragen, zuhören, mit jemandem sprechen.

Wenn man jemanden seit längerer Zeit nicht gesehen hat, dann ist doch die erste Frage, wie geht es dir, was machst du?
Es tut gut, zu reden, voneinander zu erzählen, das mitzuteilen, was man so erlebt hat, aber auch das, was belastet, was schwer fällt.

Gerade für die Menschen, die alleine leben, ist das ganz wichtig. Da ist niemand, wenn sie nach Hause kommen; umso wichtiger ist es, mit jemandem telefonieren zu können.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Telefonkette, die es in unserer Stadt gibt.
Da ruft ein Kreis von älteren Frauen und Männern sich jeden Tag an, um nachzufragen, ob es einem gut geht und das schon seit Jahrzehnten.
Jesus redete zu den Menschen vom Reich Gottes, heißt es gleich zu Beginn des Evangeliums
Es ist nicht einfach eine Unterhaltung, die er mit den Menschen führt, kein Smalltalk, kein Reden über die Familie, den Urlaub, die Arbeit. Jesus redete zu den Menschen vom Reich Gottes.
Jesus nimmt die Menschen, die zu ihm kommen Ernst, er sieht ihre Sorgen und Nöte.
Er weiß, dass er ihnen mit dem, was er ihnen erzählt, etwas ganz Wichtiges, nämlich Hoffnung geben kann.
Er bietet ihnen ein Mittel zum Leben an.

Zuwendung ist Lebens-Mittel
Im heutigen offiziellen Evangelium ist ein Vers leider ausgelassen. Bevor Jesus mit den Menschen spricht steht da:
Er empfing die Menschen freundlich
Viele Menschen haben gehört, dass Jesus in der Gegend ist. Sie sind ihm gefolgt und wollen von ihm hören, wollen ihn sehen.
Und Jesus empfängt sie freundlich.
Er macht keinen Unterschied, wie die Menschen gekleidet sind, welche Hautfarbe sie haben, welchen Beruf sie ausüben, welche Macken oder Vorlieben sie haben. Er wendet sich ihnen freundlich zu.

Wenn man freundlich empfangen wird, dann kann man sich eingeladen fühlen, da möchte man gerne bleiben.
Und das spüren die Menschen, die zu Jesus kommen, denn am Abend sind sie immer noch da.
Mir fällt dazu die Begebenheit von Rainer Maria Rilke und einer Bettlerin in Paris ein:
Eine Bettlerin saß mit ausgestreckter Hand und gesenktem Kopf an einem Platz, an dem Rilke regelmäßig vorbeikam. Er gab ihr nie etwas.
Seine Begleiterin fragte ihn nach dem Grund und er antwortete: „Wir müssen ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand.“ Kurze Zeit später legte Rilke ihr eine frisch aufgeblühte Rose in die Hand. Die Bettlerin hob den Kopf, stand auf, küsste Rilke die Hand und verschwand mit der Rose.
Erst nach einer Woche kam sie zurück. Auf die Frage, wovon die Frau die Woche gelebt habe, antwortete Rilke:
„Von der Rose!“

Gesundheit ist Lebens-Mittel
Jesus heilt alle, die seine Hilfe brauchen, haben wir gehört.
Wer längere Zeit krank war, der weiß, wie die Lebensqualität unter der Krankheit leidet.
Es gibt fast keine Krankheit, gegen die es nicht irgendein Medikament oder eine Therapie gibt. Ob damit wirklich alle Krankheiten geheilt werden können steht auf einem ganz anderen Blatt.
Unser Gesundheitssystem wird ständig umgebaut, perfektioniert, doch ich frage mich, ob die Menschen dadurch wirklich gesünder werden.
Die Pflegekräfte in den Krankenhäusern, Altenheimen oder den mobilen Pflegezentren werden oft in Arbeitsabläufen erfasst, die alleine der medizinischen Versorgung dienen.
Da bleibt kaum Zeit, einmal einen Tee einzuschenken, die Haare zu kämmen, oder einfach ein paar Minuten zuzuhören. Das muss dazugebucht und extra bezahlt werden.
Wie können da Menschen wirklich wieder gesund werden?
Wenn Jesus Menschen heilt, dann geht es ihm nicht nur um die körperliche Heilung, sondern darum dass die Menschen wieder ganz heil werden und Teil der Gemeinschaft, aus der sie durch die Krankheit ausgeschlossen sind.

Wir sind nicht Jesus und können den Menschen die Hände auflegen und sie körperlich gesund machen, doch wir können dazu beitragen, dass die Seele gesund wird.
Wir können die Menschen in den Blick nehmen, die Heilung und Zuwendung brauchen und ihnen helfen bei ihrem Heilungsprozess.

Gemeinschaft ist Lebens-Mittel
Am Abend lässt Jesus die Menschen zusammen sitzen.
Er schickt sie nicht nach Hause, so dass jeder mit dem Problem, nichts zu essen zu haben, alleine fertig werden muss.

Er lässt sie in Gruppen zu ungefähr fünfzig zusammen sitzen.
Die Zahl fünfzig hat an dieser Stelle durchaus eine Bedeutung.
50 ist die Zahl der Freude, des Festes,
Jedes 50. Jahr werden nach alttestamentlicher Vorschrift Sklaven befreit und Schulden erlassen, es ist das Jubeljahr.
Jesus bringt die Menschen zusammen. Mit Jesus zu sein, ist ein Fest, wie ein Jubeljahr!
Deshalb ist es auch schön, wenn wir als Gemeinden immer wieder Feste feiern, auch wenn wir nicht in Gruppen zu fünfzig zusammen sitzen.

Gebet ist Lebens-Mittel
Bevor Jesus die Jünger das Essen austeilen lässt wendet er sich an Gott, er dankt für die Gaben und spricht einen Segen.Jesus blickte zum Himmel auf und segnete die Brote und Fische .Er fragt nicht nach, ob das Essen überhaupt reicht.
Er vertraut darauf, dass alles gut wird und dankt Gott für das, was da ist.

Essen ist Lebens-Mittel
Fünf Brote und zwei Fische sind da.
Das ist nicht viel für so Viele. Umso kostbarer ist es.
Da frage ich mich schon, wie unser Umgang mit Lebensmitteln ist.

Beim Lebensmittelkauf gilt für Viele: Billiger ist besser.
In der EU sind die deutschen Lebensmittelpreise am niedrigsten und im Durchschnitt gaben im Jahr 2011 die Deutschen nur 14,7 Prozent ihrer gesamten Konsumausgaben für Nahrungsmittel aus. Um das Jahr 1900 waren das noch 57 Prozent. Die Deutschen sind damit Schlusslicht in der EU.
Gleichzeitig werden jährlich 6,5 Millionen Tonnen Lebensmittel in Deutschland weggeworfen.
Mais und Getreide werden als Brennstoff für unsere Autos angebaut.

Es gibt genügend zu essen auf der Welt, es müsste nur gerecht verteilt werden.

Genau das haben die Menschen im Evangelium getan.
Sie haben geteilt. Und darin ereignet sich das Wunder.
Jesus macht das nicht alleine. Er nimmt die Jünger mit in die Verantwortung und sagt zu ihnen:
Gebt ihr ihnen zu essen“.
Das tun sie und es bleibt sogar noch übrig, zwölf Körbe voll.
Ich denke, dieser Auftrag: gebt ihr ihnen zu essen, gilt nicht nur den Jüngern heute, sondern genauso uns.

An uns geht wie damals der Auftrag: gebt ihr ihnen zu Essen.
Gebt ihr ihnen Lebens-Mittel.
Lebens-Mittel in diesem umfassenden Sinn:
Im Gespräch, in der Zuwendung, in der Heilung, in der Gemeinschaft, im miteinander Essen und miteinander Glauben.

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