„Wäre Christus nicht auferstanden, wäre sinnlos euer Glaube“ (1 Kor 15,14) – Ostermontag

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 28
5 Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten.
6 Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch die Stelle an, wo er lag.
7 Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden. Er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Ich habe es euch gesagt. 8 Sogleich verließen sie das Grab und eilten voll Furcht und großer Freude zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden.
9 Plötzlich kam ihnen Jesus entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße.
10 Da sagte Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen.

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Maria von Magdala verkündet den Aposteln: Jesus lebt! (aus dem Albani- Psalter 12. Jahrhundert)

11 Noch während die Frauen unterwegs waren, kamen einige von den Wächtern in die Stadt und berichteten den Hohenpriestern alles, was geschehen war.
12 Diese fassten gemeinsam mit den Ältesten den Beschluss, die Soldaten zu bestechen. Sie gaben ihnen viel Geld
13 und sagten: Erzählt den Leuten: Seine Jünger sind bei Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen.
14 Falls der Statthalter davon hört, werden wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, dass ihr nichts zu befürchten habt.
15 Die Soldaten nahmen das Geld und machten alles so, wie man es ihnen gesagt hatte. So kommt es, dass dieses Gerücht bei den Juden bis heute verbreitet ist.

Autorin:
Walburga_2009Walburga Rüttenauer – Rest, Bensberg, verheiratet, drei Kinder, Grundschullehrerin, nach der Pensionierung Ausbildungskurs zum
Diakonat der Frau, diakonische und liturgische Aufgaben in der Pfarreigemeinde

 
Die Predigt:
„Wäre Christus nicht auferstanden…, wäre sinnlos euer Glaube“(1 Kor 15,14),

liebe Leserin, lieber Leser,
dieser Satz hat mich auf einer sehr beeindruckenden Reise begleitet.
Vor drei Wochen war ich acht Tage lang mit meinem Sohn in Jerusalem. Wir haben uns bewusst auf die Stadt beschränkt, in der Hoffnung, Jesu Wirken in Jerusalem, seinem Leiden und vor allem seiner Auferstehung näher zu kommen.
Doch so einfach, wie ich es mir erhofft hatte, war es nicht.
Gleich zwei Gräber wurden uns angeboten, die den christlichen Traditionen nach, als die Grabstelle Jesus angenommen werden.
Beide Gräber waren zwar leer und doch von betenden Pilgern umlagert. Der Glaube an den Auferstandenen hat über zwei Jahrtausende hinweg Menschen bewegt. Daran hat auch das Gerücht, wie wir es im Evangelium eben erfahren haben, welches die Hohenpriester ausstreuen ließen, nichts geändert.
Doch das leere Grab allein kann den Glauben an den auferstandenen Christus kaum bewirkt haben.
Mit einem starken Glauben habe ich mich gebückt und klein gemacht um durch den winzigen Eingang ans leere Grab zu gelangen.
Mit einem schwachen, zweifelnden Glauben verließ ich das leere Grab. Mag sein, dass er dort gelegen hat, doch das leere Grab beweist nichts.
Mit wurde klar:
Da es keine unwiderlegbare Beweise gibt, ja nicht geben kann, hängt alles von meiner Glaubensfähigkeit oder besser Glaubenswilligkeit ab.

Es sind die verschiedenen Erscheinungen, über die in den vier Evangelien berichtet wird, die den Glauben an die Auferstehung Jesu bis auf den heutig Tag wach gehalten haben.
Im heutigen Evangelium, aber auch in der anderen Evangelien, sind es die Frauen, denen als erste eine Erscheinung, eine Gotteserfahrung, geschenkt wird.
Mit Geburt und Tod sind Frauen aufs engste vertraut. Weil sie Leben schenken, fühlen sie sich auch besonders mit dem Tod verbunden. Maria von Magdala und die übrigen Frauen eilen zum Grab, weil mit Jesu Tod ihre Liebe zu ihm nicht gestorben ist. Darum steigen bei ihnen auch keine Zweifel auf, als sie die Botschaft von der Auferstehung Jesu vernehmen.

Ein Engel verkündet ihnen die Auferstehung Jesu und gibt ihnen den Auftrag, den Jüngern davon zu berichten und sie nach Galiläa zu schicken, wo Jesus sie erwartet.
Nicht einen Augenblick zweifeln die Frauen an der Botschaft des Engels. Sie machen sich sofort auf den Weg „voll Furcht und Freude“. Ein seltsame Gefühlsmischung: Furcht, heute würden wir vielleicht Ehrfurcht sagen, das Kennzeichen einer Gotteserfahrung und Freude darüber, dass ihr geliebter Freund Jesus von den Toten auferstanden ist, erfüllte sie.

Wie haben sie sich das wohl vorgestellt: Von den Toten auferstanden?
Sie hatten den Leichnam mit ins Grab gelegt, bevor die Öffnung mit einem großen Stein verschlossen wurde. Sie hatten am Grab ausgeharrt bis in die Nacht hinein.
Ihre Liebe zu ihm, ihrem Meister, wie sie ihn gerne nannten, war nicht durch seinen Tod erloschen. Nur darum waren sie aufnahmefähig für die Botschaft des Engels. Sie zögerten keinen Augenblick, seinen Auftrag auszuführen.
Jesus aber wusste, dass die Frauen einen schweren Auftrag erhalten hatten, denn er kannte seine „Brüder“, wie er sie bald nennen wird, nur zu gut.
Große Worte hatten sie noch im Abendmahlssaal von sich gegeben. Doch schon in der gleichen Nacht waren sie bei seiner Gefangennahme geflohen.
So waren sie nicht dabei, als man Jesus das schwere Kreuz auf die Schultern legte,
Sie waren nicht dabei, als er sein schweres Kreuz nicht mehr tragen konnte.
Sie waren nicht dabei, als man ihm seine Kleider nahm und ihn nackt ans Kreuz nagelte.
Sie waren nicht dabeigewesen, als er starb, abgesehen von Johannes in seinem Evangelium.
Sie hatten nicht gesehen, wie sein Leichnam vom Kreuz genommen wurde.
Sie war nicht da, als er in ein Grab gelegt wurde.

Angst und Zweifel hatten sie bei seiner Gefangennahme so gepackt, dass sie das Weite gesucht hatten. Sie hatten nur an ihre eigene Sicherheit gedacht.
Als sie die Nachricht von seinem Tod erreichte, ließen sie alle Hoffnung fahren und verschlossen die Türen fest, aus Angst, ihnen könne gleiches widerfahren
Alles, was sie mit Jesus erlebt hatten, schien vergessen.
Es fehlte ihnen die Erfahrung, dass Liebe zu dem Verstorbenen über den Tod hinaus stärkt und verbindet.
Würden diese Männer auf die Worte der Frauen hören?
Würden sie ihnen glauben, wo doch Frauen im alltäglichen Leben nie als Zeuginnen anerkannt wurden?
Stand ihnen das Gefühl der Scham darüber, im wichtigsten Augenblick versagt zu haben, im Wege, um die Botschaft der Frauen glauben zu können?

All das mag Jesus bewogen haben, sich den Frauen selbst zu zeigen und sie dadurch für den Verkündigungsauftrag zu stärken. Er ließ es zu, dass sie vor ihm nieder fielen und seine Füße umfassten. Er wusste, dass sie das aus Liebe taten, nicht aus einem Zweifel an seiner Auferstehung heraus.
Die Frauen hatten das leere Grab gesehen und geglaubt!
Bei mir hatte der Anblick des leeren Grabes in Jerusalem nichts ausgelöst.
Was hatte ich erwartet? Welche Wirkung sollte der Anblick eines leeren Grabes bei mir auslösen, von dem die Wissenschaftler, die Archäologen, sich nicht einmal einig waren, welches Grab wohl das richtige sei?

Erst allmählich wurde mir klar:
Mein Grab war nicht leer!

Es war gefüllt mit der großen Erwartung
eines Gefühls von Sicherheit in Bezug auf meinen Glauben.
Es war gefüllt mit der großen Hoffnung
auf Tilgung aller Zweifel.
Es war gefüllt mit dem unbedingten Wunsch
auf Erfahrung göttlicher Nähe.
Es war gefüllt mit dem tiefen Verlangen
auf göttliche Zusicherung, dass ich auf dem richtigen Weg bin
Es war gefüllt mit der Überzeugung, von nun an glaubwürdige Verkündigung leisten zu können, …
Mir wurde plötzlich klar: Ich muss mein Grab erst freischaufeln, bis es leer ist von all meinen religiösen Voreingenommenheiten.
Nur ein bedingungslos leeres Grab macht mich reif für eine unbeirrbare Liebe zu Gottes Sohn und damit für einen unerschütterlichen Glauben an seine Auferstehung.
Wie der Apostel Thomas hatte ich mich zu sehr an das materielle Faktische geklammert.
So schnell konnte ich mein Grab nicht leer schaufeln.
Gab es keine andere Möglichkeit?

Im heutigen Evangelium, aber auch bei Markus und Lukas, werden die Jünger aufgefordert, nach Galiläa zu gehen. Dort würden sie ihn sehen.
Warum nimmt Jesus diesen Umweg? Warum erscheint er den Männern nicht genauso wie den Frauen hier in Jerusalem? Warum verlässt er sich darauf, dass die Frauen den vor lauter Angst weggelaufenen Männer die Botschaft von seiner Auferstehung glaubhaft überbringen?
Warum vor allem aber sollen sie nach Galiläa zurückkehren ?
Was hatten Sie dort mit Ihm erlebt?
Hatte Jesus die Jünger dort nicht mit tiefen Heilserfahrungen beschenkt und sie auf diese Weise vorbereitet auf seine Auferstehung?

Gab es in meinem Leben auch ein Galiläa? Eine Heilserfahrung, wo der Auferstandene mir begegnet war? All meine Zuwendung, mein Fürsorge, meine Gebete und durchweinten Nächte, nichts hatte geholfen. Kein Arzt, kein Therapeut konnte meinem Sohn helfen.

Es war am Ufer des Sees Genesareth, als man einen Taubstummen zu ihm brachte.
Das war mein Sohn. Er hatte seine Ohren für die Außenwelt verschlossen und sprach mit keinem mehr.
Bei aller Verzweiflung konnte ich in mir ein kleines Licht von Hoffnung wieder alle Hoffnung hüten. So wartete ich viele Monate, Jahre.

Jesus sah ihn an. Ich weiß nicht, ob mein Sohn den Blick erwiderte.
Ich sah nur, wie er seine Finger in die Ohren meines Sohnes legte. Er verschloss sie für alles, was von Außen in ihn eindringen wollte und ihm Angst machte. Dann berührte er seine Zunge mit Speichel. Nur bei einem intensiven Liebeskuss geschieht Ähnliches. Als er dann die Finger aus den Ohren nahm, drang als erstes Wort: „Effata“ in die Ohren meines Jungen, „öffne dich“!
Da geschah langsam das Unerwartete und doch so lange Herbeigesehnte. Er öffnete sich, von Innen heraus. Wie von Fesseln befreit, begann er allmählich zu reden.
Damals begann für ihn, aber auch für mich ein neues Leben.

Viel später wurde mir bewusst: Ich war dem Auferstandenen begegnet!
Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie Ihr Galiläa finden.

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Eine Antwort auf „Wäre Christus nicht auferstanden, wäre sinnlos euer Glaube“ (1 Kor 15,14) – Ostermontag

  1. Kähny sagt:

    als Familienmutter mit 3 Kindern sind Sie-trotz Pensionierung- permanent gefordert,“funktionieren “ oft genug nur noch…
    So hat ER S i e durch das leere Grab in Jerusalem ,die verbrauchte,ausgemergelte Muttererde vorbereitet für den Gotteszweifel (Tod) und – die Freude über die Frucht der Gnade (Leben) :
    aus 12 Jüngern wurden 2,3 Milliarden Christen !!!
    Frohe Ostern !

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