Schön bist du – Zum Valentinstag am 14. Februar

Lesung aus dem Hohen Lied, Kapitel 4
1 Schön bist du, meine Freundin, / ja, du bist schön. Hinter dem Schleier / deine Augen wie Tauben. Dein Haar gleicht einer Herde von Ziegen, / die herabzieht von Gileads Bergen.
2 Deine Zähne sind wie eine Herde / frisch geschorener Schafe, / die aus der Schwemme steigen. Jeder Zahn hat sein Gegenstück, / keinem fehlt es.
3 Rote Bänder sind deine Lippen; / lieblich ist dein Mund. Dem Riss eines Granatapfels gleicht deine Schläfe / hinter dem Schleier.
4 Wie der Turm Davids ist dein Hals, / in Schichten von Steinen erbaut; tausend Schilde hängen daran, / lauter Waffen von Helden.
5 Deine Brüste sind wie zwei Kitzlein, / wie die Zwillinge einer Gazelle, / die in den Lilien weiden.
6 Wenn der Tag verweht und die Schatten wachsen, / will ich zum Myrrhenberg gehen, / zum Weihrauchhügel.
7 Alles an dir ist schön, meine Freundin; / kein Makel haftet dir an.

Elisabeth RedelsteinElisabeth Redelstein,
Pastoralreferentin in Heidenheim,
Familienpastoral im Dekanat

 
Die Predigt:
Du bist schön
Predigt im Ökumenischen Gottesdienst für Paare
zum Valentinstag

Liebe Leserin, lieber Leser,
Du bist schön!
So haben wir es im Text aus dem Hohen Lied eben gehört!
Du bist schön meine Freundin – und die Bilder und Worte dieses Textes lassen erahnen, wie schön diese Frau in den Augen ihres Freundes gewesen ist.

Du bist schön!
Wenn ich mit den Augen des Verliebtseins schaue, dann sehe, spüre, fühle ich die Schönheit des anderen. Keiner und keine ist schöner als Du. Schmetterlinge im Bauch bringen die Augen zum Leuchten.

Du bist schön!
Ich erinnere mich noch gut, an die Augenblicke als ich zum ersten Mal unsere Kinder nach der Geburt im Arm gehalten habe. Ein Wunder, und meine Augen sahen das Schönste, was es überhaupt auf der Erde gibt.

Du bist schön!
Immer wieder darf ich Ehepaare, die lange, lange Zeit verheiratet werden beim Abschied eines Partners begleiten. Es rührt mich zu Herzen, wenn sie die Hände ihres sterbenden Ehemannes streichelt und ihm zusagt: Schön bist Du.

Du bist schön!
Unsere mediale Welt gaukelt uns vor, wie Schönheit zu sein hat. Germany´s next top model hat tausende von Bewerberinnen, die sich um: „Wer ist die Schönste im ganzen Land“ streiten. Die Körpermaße sind vorgegeben und die meisten nähern sich den ominösen 90 – 60 – 90 an. Sie sind schön und trotzdem stellt sich angesichts dieser Schönheiten die Frage: Was ist schön? Wer oder was ist für mich schön?

Menschen sind auf ganz unterschiedliche Weise schön:
Die alte Frau in deren faltigem Gesicht die Spuren ihres Lebens eingezeichnet sind: Sie ist schön!
Der dreckverschmierte kleine Junge aus Asien: Er ist schön!
Die strahlenden jungen Eltern: Sie sind schön!
Das sorgenvolle Paar voller Spannung: Sie sind schön!

Schönheit hat viele Gesichter und im Schauen auf diese Gesichter werden zwei Dinge deutlich:

Schönheit hat viel mit dem zu tun, der mich anschaut

Und es gibt einen „Tiefenblick“. Antoine de Saint-Exypérie lässt den Fuchs sagen: „Du siehst nur mit dem Herzen gut“.

Gerade die Erfahrungen, von denen wir am Anfang erzählt haben, verdeutlichen dies: Wenn Eltern ihr Kind im Arm halten, dann sehen sie nicht mit den Augen, die äußerliche Schönheit beschreiben könnten. Es ist ihr Kind, die Frucht ihrer Liebe und die Augen ihres Herzens erkennen die unbeschreibliche Schönheit ihres Kindes. Schön bist Du, mein Kind.

Und Gleiches gilt für die Augen der Liebe. Augen der Liebe bleiben nicht an der Oberfläche haften, sie durchdringen und verwandeln das äußerlich Beschreibbare und sehen im anderen das einzigartig Schöne: Schön bist Du meine Freundin. Schön bist Du mein Freund. Es gehört wohl zu den tiefsten menschlichen Erfahrungen, dass mich ein anderer Mensch so ansehen kann.

Simon Weil, eine französische Denkerin, sagt: „Was schön ist, fasziniert und zieht an, aber es gebietet auch, fordert Abstand und Respekt. Denn schön ist das, was man nicht verändern will“:
Schön ist das, was man nicht verändern will. In dieser Aussage wird nochmals prägnant der Unterschied herausgearbeitet zwischen einer gemachten, manipulierten, äußeren Schönheit und der Erfahrung von Verliebten oder Paaren, die zum ersten Mal ihr Kind auf dem Arm haben. Schönheit ist das, was ich nicht verändern möchte. Die Worte Wunder oder Geheimnis kommen dieser Erfahrung von Schönheit ganz nahe.
Schönheit in diesem Sinne ist unverfügbar. „Solange man denken, wollen, wünschen kann, erscheint das Schöne nicht. Ich kann Schönheit nicht herbeizitieren. Sie zeigt, schenkt sich mir.“

Da ist es fast logisch und folgerichtig, dass Schönheit und Religion sich ganz nahe sind. Nirgends sei der Mensch dem Geheimnis, das wir Gott nennen, näher als dort, wo es um Schönheit geht, so die oben schon genannte französische Philosophin. Im schönen Gesicht meines Partners, im geschenkten Blick meines Kindes wird etwas von Gottes Gegenwart in dieser Welt erfahrbar.

Schön bist Du meine Freundin! Schön bist Du mein Freund! Wenn wir uns mit den Augen der Liebe anschauen, dann durchdringen wir das Äußere und sehen im ungeschminkten Gesicht das Schöne und Geheimnisvolle des anderen.
Zu glauben, dass Gott mein Gesicht freilegt, und ich trotz aller Verwundungen und Verletzungen schön bin, das ist Geheimnis unseres Glaubens.

Ich wünsche uns, dass unser Blick immer wieder frei wird für die Schönheit dieser Welt und wir insbesondere zueinander sagen können:
Schön bist Du meine Freundin!
Schön bist Du mein Freund!

Ammerkung:
Du,
ich will dir sagen:
So, wie du bist,
ist es gut.
Glaub mir,
du brauchst nicht so zu sein,
wie du immer sein willst,
um mir zu gefallen.

Ich merke,
dass du mir nicht glaubst,
aber in Wirklichkeit
glaubst du dir nicht.
Du bist schön.
Ulrich Schaffer

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Eine Antwort auf Schön bist du – Zum Valentinstag am 14. Februar

  1. Kähny sagt:

    Religion und Schönheit…,
    Religion und Attraktivität…

    das eine offenbart das Herz unseres Gottes,
    das andere SEINE Dreingabe: „…in der Welt habt ihr (Verlust-) Angst…!“(Joh 16,33), von der „der Versucher “ lebt.
    Wie gerne möchte ich nach dieser Valentins-Frauenpredigt wieder in die Augen meiner Frau schauen.

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