Gott trägt unser Leben mit – Taufe des Herrn C

Erste Lesung aus dem Buch Jesaja, Kapitel 40
1 Tröstet, tröstet mein Volk, / spricht euer Gott.
2 Redet Jerusalem zu Herzen / und verkündet der Stadt, dass ihr Frondienst zu Ende geht, / dass ihre Schuld beglichen ist; denn sie hat die volle Strafe erlitten / von der Hand des Herrn / für all ihre Sünden.
3 Eine Stimme ruft: / Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße / für unseren Gott!
4 Jedes Tal soll sich heben, / jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, / und was hüglig ist, werde eben.
5 Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn, / alle Sterblichen werden sie sehen. / Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen.
9 Steig auf einen hohen Berg, / Zion, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme mit Macht, / Jerusalem, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme, fürchte dich nicht! / Sag den Städten in Juda: / Seht, da ist euer Gott.
10 Seht, Gott der Herr, kommt mit Macht, / er herrscht mit starkem Arm. Seht, er bringt seinen Siegespreis mit: / Alle, die er gewonnen hat, gehen vor ihm her.
11 Wie ein Hirt führt er seine Herde zur Weide, / er sammelt sie mit starker Hand. Die Lämmer trägt er auf dem Arm, / die Mutterschafe führt er behutsam.

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 3
15 Das Volk war voll Erwartung und alle überlegten im Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei.
16 Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
21 Zusammen mit dem ganzen Volk ließ auch Jesus sich taufen. Und während er betete, öffnete sich der Himmel,
22 und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.

Autorin:
Bild_Lerke1Maria Lerke,
Pastoralreferentin,
Seelsorgeeinheit Winnenden – Schwaikheim – Leutenbach

 
Die Predigt:
Gott trägt unser Leben mit

Liebe Leserin, lieber Leser,
haben Sie auch noch die wunderbaren Bilder der ersten Lesung im Kopf? Die wohltuenden tröstenden Worte im Ohr? Vielleicht sind auch Ihnen dabei die einmalig schönen Arien von Händel in den Sinn gekommen, der in seinem Oratorium „Der Messias“ gerade diese Stellen aus dem Buch Jesaja vertont hat. Jesaja, der Bote Gottes, ruft derart umfassenden Trost aus, dass es einem ganz wohl ums Herz wird. Diese tröstenden Worte entspringen der Glaubensgewissheit, dass Gott sein Volk sieht, dass er die Menschen hört, heilt und rettet. Dabei handelt es sich nicht um billige Vertröstung. Gott, der da tröstet, schaut tief in menschliches Elend und menschliche Schuld. Der da tröstet weiß um unsere Wüsten. Er weiß um unsere Angst, die sich wie Berge vor uns auftürmen kann. Er weiß um unsere tiefen Täler der Verzweiflung. Er weiß um die Geröllhalden unseres Scheiterns, durch die kein Weg mehr führt. Gott aber, das ist die Vision des Jesaja, bahnt sich einen Weg durch unsere Wüsten und zeigt Wege auf, wo wir keine mehr sehen. Nichts kann ihn aufhalten, keine Ausweglosigkeiten, keine Widersprüche.

An Weihnachten haben wir gefeiert, dass diese Vision des Jesaja Wirklichkeit geworden ist. Gott ist gekommen – er ist Mensch geworden. Jesus ist das Geschenk der Gnade Gottes, er ist gekommen um uns zu retten, um uns das ewige Leben zu schenken. Durch seine Menschwerdung hat Gott seine Verheißungen wahr gemacht. So weit, so gut, diese weihnachtliche Botschaft haben wir ja nun wirklich oft gehört – Warum aber nun dieses Evangelium? Warum überhaupt jetzt schon das Fest der Taufe des Herrn? Müsste nicht vorher das Fest von der Darstellung des Herrn kommen, als Maria und Josef nach jüdischem Brauch ihren Säugling in den Tempel brachten? Warum feiern wir das erst am 2. Februar? Schauen wir also genauer hin:

Scharenweise strömten die Menschen zu Johannes an den Jordan, um ihn zu hören und sich von ihm taufen zu lassen. Ob vielleicht er der lang ersehnte Retter, der Messias war? „Ich taufe euch nur mit Wasser“, gibt Johannes zur Antwort. Es wird heute angenommen, dass die Stelle, an der Johannes taufte, tief im Tal in der Jordansenke bei Jericho liegt. Das ist weit unterhalb Jerusalems an einem der tiefsten Punkte der Erde. In dieser Tiefe will Johannes die Menschen zur Besinnung, zur Umkehr bringen!

Doch weshalb braucht der Messias, der Retter der Welt, der Gesalbte Gottes eine Reinigung von den Sünden? Das ist nicht nur für die frühe Christenheit ein kaum begreifbares Ereignis. Hatte Jesus das nötig? Jesus, der Gottessohn lässt sich vom Menschen Johannes taufen. Gott steigt als Mensch vom Himmel herab in die tiefsten Tiefen der Menschheit. Nicht im strahlenden Licht Jerusalems setzt er sich auf den Thron, sondern er macht sich klein, kommt zu uns herunter. Und „zusammen mit dem ganzen Volk ließ sich auch Jesus taufen“ – er stellt sich sozusagen hinten an, mitten unter die Sünderinnen und Sünder und wartet, bis er an der Reihe ist. Nicht einmal seine verwandtschaftlichen Beziehungen lässt er spielen. Total Unspektakulär!

Jesus macht sich freiwillig ganz klein. Er zeigt uns damit: „Ich stelle mich solidarisch in eine Reihe mit euch Sündern! Obwohl ich das überhaupt nicht nötig habe, lasse auch ich mich im Wasser des Jordans taufen so wie ihr und bin damit einer von euch. Ich gehe euch Sündern nicht aus dem Weg, sondern ich gehe mit euch.“ Doch seine Taufe ist mehr als nur ein Zeugnis seiner Solidarität.

Das wird deutlich, wenn wir den geschichtlichen Zusammenhang betrachten. Die Taufe Jesu im Jordan knüpft an ein Ereignis an, das 700 Jahre davor die Welt des Judentums heilbringend veränderte. Nach ihrer Wüstenwanderung mussten die Israeliten den Jordan überqueren, um ins Gelobte Land zu kommen. Dazu trugen die Priester die Bundeslade mit den Gesetzestafeln zum Fluss. Als sie damit das Wasser berührten, bildete sich ein trockener Streifen, durch den alle ins ersehnte Land einziehen konnten. Wer über den Jordan geht, ist im Land, wo Milch und Honig fließen. Wenn nun Johannes die Menschen im Jordan tauft, dann bedeutet das, dass die Verbindung der Menschen zu Gott wiederhergestellt werden soll, so wie damals, als das Volk sich beim Auszug aus Ägypten ganz und gar auf die Führung Gottes verlassen hat.

Aber mehr noch: jetzt ist Gott nicht mehr fern, umzingelt von Priestern und bewacht von unzähligen Geboten. Er ist ganz nah, so wie es der Name Jahwe aussagt: Ich bin da. Ich bin mitten unter euch. Wenn Jesus bei seiner Taufe in den Jordan steigt, reinigt nicht der Jordan Jesus! Das hat er nicht nötig. Sondern durch sein Eintauchen in den Jordan reinigt Jesus dieses Wasser und nimmt die Sünden der Menschen auf sich. Früher haben die Priester die Bundeslade in den Fluss getragen. Jetzt hat Gott selbst sich auf den Weg gemacht! Nicht mehr Steintafeln vertreten den Willen Gottes sondern in seinem Sohn Jesus ist er selbst gekommen, um uns den Weg in das gelobte Land zu öffnen und unser ganzes verworrenes und belastetes Leben mit zu tragen.

So führt uns das Fest der Taufe Jesu auch zum Festtag unserer eigenen Taufe. Auch in unserer Taufe ist es geschehen: Der Himmel hat sich aufgetan; Gottes Heilige Geistkraft hat in uns Wohnung genommen und die Zusage unseres Vaters im Himmel ist erklungen: „Du bist mein geliebter Sohn, Du bist meine geliebte Tochter!“ Daran dürfen wir uns jedes Mal erinnern, wenn wir uns mit Weihwasser bekreuzigen, wenn wir auf den Bergen und in den Tälern, in den Wüsten unseres Lebens unterwegs sind.

Ich wünsche uns allen, dass dieses Bewusstsein der „Gotteskindschaft“ uns den Rücken stärkt und Mut macht zum Leben. „Du bist geliebt“, das ist die Zusage Gottes an uns heute und alle Tage unseres Lebens. Selbst dann, wenn wir „über den Jordan gehen“ brauchen wir uns nicht zu fürchten! – denn dann gehen wir dem Himmel entgegen. Amen

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2 Antworten auf Gott trägt unser Leben mit – Taufe des Herrn C

  1. W sagt:

    Vielen Dank für die Predigt! Nicht mehr Gesetzestafeln sondern eine Liebeserklärung Gottes bestimmen unser Leben. Bei dieser Vorgabe müssten die Ängste beim Gedanken an den Gang über den Jordan verblassen, ihre Kraft verlieren. Hoffentlich gelingt es mir, in der entscheidenden Stunde daran zu denken.

  2. Kähny sagt:

    Taufe-
    -Reinigung des Menschen,
    -Reinigung der Schöpfung (Jordan).

    liebe Frau Lerke,

    Reinigung von Kain´s Untaten:
    Golgotha,Auschwitz,Hiroshima,Guantanamo,Bautzen,Vergewaltigung…-
    und immer stand und steht ER -solidarisch – daneben:
    wer IHM glaubt ,sagt : nur ER w e i s s …!

    In der Theologie aber ist die Sünde ein moralisches Monster,welches nur noch der/die ernstnimmt, der/die daran glaubt, dass das Weltall um die Erde kreist:

    ein solidarischer Gott kann keine Sünde kennen !
    ( „… denn s i e w i s s e n n i c h t ,was sie tun… ! “ )

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