Mein Leben ist meine Antwort darauf – 11. Sonntag im Jahreskreis B

Erste Lesung aus dem Buch Ezechiel, Kapitel 17
22 So spricht Gott, der Herr: Ich selbst nehme ein Stück / vom hohen Wipfel der Zeder / und pflanze es ein. Einen zarten Zweig aus den obersten Ästen breche ich ab, / ich pflanze ihn auf einen hoch aufragenden Berg.
23 Auf die Höhe von Israels Bergland pflanze ich ihn. / Dort treibt er dann Zweige, / er trägt Früchte und wird zur prächtigen Zeder. Allerlei Vögel wohnen darin; / alles, was Flügel hat, wohnt im Schatten ihrer Zweige.
24 Dann werden alle Bäume auf den Feldern erkennen, / dass ich der Herr bin. Ich mache den hohen Baum niedrig, / den niedrigen mache ich hoch. Ich lasse den grünenden Baum verdorren, / den verdorrten erblühen. / Ich, der Herr, habe gesprochen und ich führe es aus.

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 4
26 In jener Zeit sagte Jesus zu der Menge: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät;
27 dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie.
28 Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre.
29 Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.
30 Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben?
31 Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät.
32 Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.
33 Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten.
34 Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern – und Jüngerinnen – aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.

Autorin:
Konny
Kornelia Vonier-Hoffkamp, Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Remseck mit Ludwigsburg-Poppenweiler,
Gestaltpädagogin

 
Die Predigt:
Mein Leben ist meine Antwort darauf

Liebe Leserin, lieber Leser,
haben sie noch die Worte der ersten Lesung im Ohr?
Gott spricht: Ich nehme ein Stück vom hohen Wipfel der Zeder, einen zarten Zweig und pflanze ihn ein auf einem hoch aufragenden Berg. Dort treibt er dann Zweige, trägt Früchte und wird zur prächtigen Zeder.

Dieses Bild fasziniert mich. Wie kann aus etwas so Kleinem, dessen Fehlen niemand bemerkt, ganz unbemerkt etwas so Mächtiges werden? Eine prächtige Zeder, die ganz oben auf dem Berg steht, die Früchte trägt, Schatten spendet und Platz hat für alles, was Flügel hat?
Ein großer Baum, dem Himmel ganz nah und weithin sichtbar für alle, an dem alle erkennen: Gott ist der Herr?

Wir haben das gleiche Bild noch einmal im Senfkorngleichnis, das Kleine, Unscheinbare, aus dem ein Baum wird, größer als alle Gewächse.
Ein wichtiges Bild also.

Wofür aber steht der Baum?

Ein Baum hat Wurzeln. So wurzeln auch wir in unserer Geschichte, wir reden ja auch von unserem Stammbaum, einer langen Ahnenreihe von Menschen, die vor uns gelebt haben und in uns und durch uns weiterleben – ob wir das wollen oder nicht. In diesen Menschen wurzeln wir, sie haben uns gezeugt und genährt, sie haben uns großgezogen, sie haben uns mitgegeben, was wir zum Leben brauchen, den einen mehr, den anderen nur das Nötigste.
Und so sind wir gewachsen, haben uns verwurzelt, haben einen Stamm gebildet, Äste getrieben, Blätter und eine Baumkrone hervorgebracht und ganz unterschiedliche Früchte in unserem Leben gebracht in der Arbeit, in der Familie, in mir, vielleicht sogar – hier haben wir das Bild wieder – „Stammhalter“ gezeugt. – Wir haben uns eingewurzelt in der Erde und sind in den Himmel gewachsen und so verbinden wir in uns beide Welten, das Diesseitige und das Jenseitige.

Ich war gerade auf einer gestaltpädagogischen Fortbildung in den Pfingstferien, auf der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach einer Phantasiereise ihr Baumbild gemalt haben. Da gab es Bäume, gut gewachsen, mit kräftigen Wurzeln, einem kräftigen Stamm und einer ganz kleinen Baumkrone. Da gab es Bäume, mit ganz schwachen, kaum erkennbaren Wurzeln, die einen stolzen Baum mit wunderschönen Früchten getragen haben. Und es gab andere mit einem Stamm, der eine große Wunde enthält oder einen halben Baumstumpf hat, der nicht mehr treibt, es gab einen Baum, der verkohlt war. Ich brauche Ihnen nicht erzählen, dass diese Bäume viel von der Lebensgeschichte der /des Malenden erzählen. – Es wäre spannend, wie Ihr Baum aussieht, was er von Ihnen erzählt, von dem, was Ihnen mitgegeben wurde, was Sie schon in ihrem Leben getragen haben, erleiden mussten, es sind viele hier, die entwurzelt wurden, ihre Heimat verlassen haben, Ihre Familie verloren. – Und dennoch sind Sie gewachsen, haben Frucht gebracht, die Stürme des Lebens haben Sie nicht umgehauen. Manche aber haben diese Stürme mutlos und hoffnungslos gemacht, sie erwarten sich nichts mehr von ihrem Leben. Die Aussage einer der Teilnehmerinnen zu ihrem Bild war: Ich steh hier einfach `mal so rum.

Wir haben auf unserer Gestaltfortbildung gemeinsam die Bäume betrachtet, ohne zu wissen, wer welchen gemalt hat. Und wir haben diesen Bäumen Wünsche zugesprochen: ich wünsche dir Sonne, Vögel, die deinen Baum besuchen, ich wünsche dir Wasser, dass deine Wurzeln nährt und Farbe in deinen Früchten. Ich wünsche dir tiefe Wurzeln, damit du den Stürmen des Lebens standhältst. Ich wünsche dir Platz zum Wachsen, eine kleine Blume, die aus deinem Baumstumpf wächst. Alles wohltuende, heilende Bilder, denn die Macht unserer Phantasie kann die Dinge verändern. Sie ermöglicht es mir, auch wenn ich eine schlimme Kindheit hatte, dieses kleine, innere Kind, das in mir ist und nach Trost und Halt sucht, in den Arm zu nehmen als Erwachsene, die ich inzwischen bin, und zu trösten. Sie ermöglicht mir, Licht und Farbe in mich einzuatmen mit jedem Atemzug, den ich tue, Wärme in mich aufzunehmen, wenn ich innerlich erstarrt bin, und das Eis zum Schmelzen zu bringen und vieles mehr. In meiner Phantasie kann ich mir meine Welt schaffen und davon träumen, was wäre wenn – und das ist gut so, denn dadurch gewinne ich Kraft für den Alltag und spüre, wonach ich mich eigentlich sehne. Und so können mir meine Träume den nötigen Impuls geben, einen ersten Schritt zu tun, damit etwas davon wahr werden kann. Und da ist es egal, ob ich am Anfang meines Lebens stehe, in der Mitte oder am Ende. Martin Luther hat einmal gesagt: Und wenn morgen die Welt unterginge, ich würde noch heute ein Apfelbäumchen pflanzen. – Das ist Hoffnung.

Und so ahnen Sie schon längst: Wir sollen die Bäume sein, an denen andere erkennen: Gott ist der Herr.

JA, wenn das so ist. so hat ein alter Priester, von dem ich viel gelernt habe, immer wieder gesagt auf meinen Gestaltfortbildungen. Ja wenn das so ist, dann …

Ja, was dann? Was muss ich tun, damit ich zu dieser prächtigen Zeder werde? Was muss ich tun, damit der in mich gepflanzte Same, das Wort Gottes, Raum bekommt, wächst, groß wird, so dass ich zur Verkünderin / zum Verkünder des Reiches Gottes werde?
Die Antwort gibt uns das gehörte Gleichnis vom Wachsen der Saat. Der Same ist gelegt, die Erde aber bringt von selbst ihre Frucht.
Da haben wir es wieder, dieses Hoffnungsbild und zugleich ein ganz tröstliches Bild: wir müssen nicht meinen, immer alles in der Hand haben zu müssen, für alles verantwortlich sein zu müssen, immer zu machen und zu planen, Leistung zu bringen, auch wenn uns unsere Gesellschaft das vorgaukelt und es schwer fällt dagegen anzuhalten. Wir dürfen glauben, dass Gott es wachsen lässt in unserem Leben, dass Gott uns wachsen lässt – bis zum Ende unseres Lebens – und wir dürfen darauf vertrauen, dass es gut wird – auch wenn wir nicht wissen wie.

Denn Gottes Reich ist schon da, mitten unter uns, wer es sehen will, kann Spuren davon entdecken:
Es ist da, wo Menschen sich gut tun, sich um andere kümmern, sich tröstende, heilsame Worte sagen, sich segnen.
Es ist da, wo Menschen sich für ihren Glauben einsetzen, sich gegen Willkür und Unrecht erheben. Es ist da, wo ich barmherzig mit mir selber umgehe, mir meine Fehler verzeihe im Wissen darum: zuallererst ist Gottes bedingungslose Liebe zu mir und mein Leben ist meine Antwort darauf.

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2 Antworten auf Mein Leben ist meine Antwort darauf – 11. Sonntag im Jahreskreis B

  1. W sagt:

    Diese Predigt hat gut getan! Wenn ich den Setzling betrachte, der von einem großen Baum genommen wurde, getrennt wurde und dann trotzdem zu einem weithin sichtbaren Baum heranwuchs, kann das ein Trost, ein Ansporn sein, für all die Menschen, die sich von ihrer Herkunftsfamilie, ihrem Stammbaum trennen mussten oder als kleine Kind getrennt wurden.

  2. KleinesRädchen sagt:

    Wir versuchen, uns die Schöpfung zu erklären, man spricht von „Evolution“ ohne zu wissen, wie Gott das Universum und die Erde erschuf, wie lange ein „Schöpfungstag“ gedauert hat, wissen wir nicht. Die Bibel gibt Antworten. Das Buch der Bücher enthält viele Antworten, bei denen man die Gnade braucht, diese zu sehen und zu verstehen…u.a. redet sie von „bewegten Bildern an der Wand“ (TV Kino etc.) …von „fliegenden Schwertern“ (Raketen, Geschosse) …“ ein „Wermut“ (russisch übersetzt:“Tschernobyl“), der alles Wasser zu Blut werden lässt. Wer hält den Orion zusammen?“…. Der Mensch weiß nichts, aber er vollendet Taten, die die Welt zerstören . Über jedes unnütze Wort müssen wir Rechenschaft ablegen, der Mensch entwirft schlimmste Waffen und zerstört seine eigene Umwelt, manipuliert in seiner Unkenntnis über die Folgen das Erbgut, führt seit Jahrtausenden Kriege, lernt nichts dazu und mordet weiter gegenseitig! „Ich werde Deine Schöpfung verändern“ diesen Frevel las ich einmal in der Bibel….Der Mensch ist in der Lage die Schöpfung zu vernichten. Forscher, die die Natur ergründen und schützen wollen, ermitteln , wie das Plankton funktioniert und warum und wie es u.a. auf die Erderwärmung reagiert, der Fallout der überirdischen Atomtestzeiten? Man kann nur hoffen, dass der Schöpfer uns Menschen nicht allein lässt mit unserem unweisen „Tun“! Ich bete, dass wir Menschen das Gute wollen und tun, weltweit und das die grausamen Kriege aufhören mögen, weil sie die Spirale des Hasses und der Rache schüren.. Damit es nicht tatsächlich eines Tages wahrhaftig heißt …“..und würde die Zeit nicht verkürzt, würde kein einziger Mensch seelig“…..

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