Licht und Leben – 2. Sonntag nach Weihnachten

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 1
Übertragung: Elmar Rettelbach
1 Am Anfang war das Wort, und zwar war das Wort auf Gott hin ausgesagt, und d.h.: göttlich war das Wort.
2 Dieses Wort war schon am Anfang auf Gott hin da.
3 Alles wurde durch ihn, und getrennt von ihm wurde auch nicht Eins.
4 Was geworden ist durch ihn, war Leben. Und das Leben war da als das Licht für die Menschen.
5 Und das Licht leuchtet in der Dunkelheit; doch hat die Dunkelheit es in seiner inneren Tiefe nicht erfasst.
6 Es trat ein Mensch auf, abgesandt von Gott, mit Namen Johannes.
7 Dieser kam zum Zeugnis. Er sollte Zeugnis geben von dem Licht, damit alle durch ihn Vertrauen gewinnen.
8 Er war nicht das Licht, sondern er war nur da, um Zeugnis zu geben von dem Licht.
9 Es war das wirkliche Licht, das jeden Menschen mit Licht erfüllt, indem es in die Welt kommt.
10 Es war in der Welt, und so ist die Welt durch es geworden, und doch hat die Welt ihn, der als das Licht da war, nicht zur Kenntnis genommen.
11 Er kam in seinen Lebensraum, und doch haben die, welche zu diesem Raum gehören, ihn nicht angenommen.
12 Alle aber, die ihn annahmen, ihnen gab er die Fähigkeit, in Freiheit zu handeln, um Gottgeborene zu werden, und zwar denen, die auf seinen Namen vertrauen,
13 denen nicht ihre Zeugung vom Blute her, auch nicht aus dem Wollen eines Mannes entscheidend ist, sondern die geistige Zeugung aus Gott.
14 Und so ist das Wort Menschenwesen geworden und hat in uns sein Zelt aufgeschlagen. Und wir haben seine Kraft geschaut, als lichthaft-kraftvolle Erscheinung wie eines Einziggezeugten vom Vater her, der voll ist von liebender Zuwendung in unverstellter Treue.

Autorin:
Greiner-Jopp Gabriele 2017Gabriele Greiner-Jopp, lebt in Wendlingen, war als Gemeindereferentin, Dekanatsreferentin und geistliche Begleiterin tätig

 
Die Predigt:

Einführung
„Was bleibt stiften die Liebenden“, so heißt ein Buch von Jörg Zink.
Wir befinden uns zwischen dem Weihnachtsfest und dem Fest der Erscheinung am 06.Januar, dem offiziellen Abschluss der Weihnachtszeit.
Was bleibt uns von diesen Festen, ihren Botschaften, was bleibt uns von dieser Zeit?
Bleibt uns die Fähigkeit zu lieben? Bleibt uns das Licht in unserem Leben?
Bitten wir für diese Feier um Gottes Erbarmen, dass uns etwas bleibt.

Licht und Leben
Liebe Leserin, lieber Leser,
kommt Ihnen der Text bekannt vor? Auch wenn die Übersetzung eine andere ist als bisher gewohnt? Dann vermuten Sie richtig. Sie haben diesen Text so ähnlich schon einmal gehört, und zwar am 1. Weihnachtstag.
Es ist die Eröffnung des Johannesevangeliums, der so genannte Johannesprolog.

Die heutige Übersetzung geht zurück auf einen alten Text, der dem Schreiber des Johannesevangeliums vorgelegen haben dürfte. Es ist ein Lied auf die Weisheit. In seinem Evangelium wird Jesus immer wieder als der Sohn dieser Weisheit dargestellt. Es ist dieselbe Weisheit, die uns auch in der Lesung begegnet ist. Johannes beginnt sein Evangelium wie das erste Buch der Bibel, die Genesis beginnt: „Im Anfang war…..“

Wie Gott von Anbeginn da ist, vor aller Zeit, so ist auch das Wesen dieses Menschen Jesus vor aller Zeit da; ist die Weisheit da, ist Leben und Licht da; zeit-los, immer schon da.

Wesentliches vergeht nicht, so wie das Sein nicht vergeht, wie der Namen Gottes nicht vergeht: „Ich bin da, als der/die ich da sein werde.“ Vielleicht wird deshalb dieser Text in der Weihnachtszeit Jahr für Jahr innerhalb von zwei Wochen zweimal gelesen, damit wir uns fragen und erinnern: Was bleibt von Weihnachten? Was ist Ihnen, mir, uns wesentlich an diesem Fest?

Für den Schreiber des heutigen Evangeliums ist das Wesentliche Licht und Leben. Beides ist in diesem Kind Jesus Christus auf die Welt gekommen. Das Evangelium drückt es spirituell so aus: es hat sein Zelt aufgeschlagen in uns Menschen.

Die Engel verkünden das den Hirten und viele Menschen erfahren es durch den erwachsenen Menschen Jesus. Er macht ihr Leben heil, damit hellt er es auf. Jesus Christus will, dass jeder Mensch sein eigenes Leben in Würde leben kann. In Freiheit sollen wir handeln, verantwortlich für unser Tun. Gott will keine Marionetten.

Jesus stiftet Beziehungen und schenkt den Menschen sein Vertrauen. Er verzichtet auf Prunk, Herrschaft im üblichen Sinn und Unterwerfung. Statt Gehorsam will er Nachfolge, statt Angst zu haben sollen wir vertrauen. Für seine Botschaft ist er bereit sich hinzugeben. Jesus ist ein kraftvoll Liebender; das bleibt von ihm und wirkt durch alle Zeiten fort bis zum heutigen Tag, bei allen Menschen, die seinen Spuren folgen.

Dieses Licht, das von einem solchen Leben ausgeht, feiern wir heute noch. Wir feiern es an Weihnachten, weil wir glauben, dass Gottes Wesen uns im Menschen Jesus aus Nazareth begegnet ist. Dieser Glanz und dieses Licht wird sichtbar in allen Menschen, die heute leben und handeln in seinem Geist. Gottgeborene nennt sie das Johannesevangelium. Wir begegnen ihnen überall, wo Menschen mutig handeln, wo Menschen füreinander einstehen, dafür sorgen, dass andere wieder Hoffnung schöpfen können und dem Leben vertrauen. Wir begegnen diesem Licht in uns, wo wir der göttlichen, liebevollen Kraft in uns trauen.

Wenn wir als Kinder Gottes, als Schwestern und Brüder Jesu leben, legen wir Zeugnis ab von seiner Botschaft. In der Sprache des Johannesevangeliums wohnt dann die Weisheit Gottes unter uns. Sie verleiht unserem Leben Glanz und Würde. Kein Virus, keine Krankheit, keine Menschenmacht kann dieses göttliche Sein, dieses Licht in uns, töten. Im Anfang ist und am Ende bleibt es. Für immer.

Ich wünsche uns, dass wir als Gott Geborene, in diesem göttlichen Licht durch das Jahr 2022 gehen können.

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