Heimatloser Gott? – Neujahr 2021 / Hochfest der Gottesmutter Maria und Weltfriedenstag

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 2
in der Übersetzung von Martin Luther
16 Und die Hirten kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen.
17 Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kind gesagt war.
18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten.
19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.
20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.
21 Und als acht Tage um waren und man das Kind beschneiden musste, gab man ihm den Namen Jesus, wie er genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war.

Autorin:
4546 023bMaria Sinz, Gemeindereferentin, KAB Aalen

 
Die Predigt:
Heimatloser Gott?

Liebe Leserin, lieber Leser,
bestätigung
diese Lesung aus dem Evangelium schließt die Geschichte von Ankündigung und Geburt Jesu ab. Hirten kommen und sehen, alles ist so wie es gesagt worden war. Auch der Name wird gegeben wie gesagt. Worte wurden Wirklichkeit. Das verheißene Kind ist in der Welt angekommen; der Bund zwischen Gott und Menschen neu ins Leben gebracht. Die Verbindung steht. Die Freude ist groß. Sie erfüllt den Raum. Eine Freude über das Ereignis selbst, über das was sie gehört und gesehen haben; nicht etwa über etwas was sie bekommen hätten oder über die Lösung all ihrer Probleme. Vielleicht eher die Freude, Teil eines Geschehens – an sich – zu sein.

menschwerdung
In Jesus bezieht sich Gott auf eine Welt, die ihn nicht aufnehmen und beherbergen kann. Es entsteht eine Nähe in der Gott Gott und Mensch Mensch bleibt. Gott geht ans Äußerste und doch zeigt sie lediglich wie man ihr nah sein kann: Er schuf Recht dem Armen und Elenden… Genau das heißt mich kennen, spricht der Ewige. (Jer 22,16). Eine Nähe, die in uns, Menschen, immer wieder die Sehnsucht nach dem mehr als alles weckt und die immer wieder zu freiwilligem, verantwortlichem Handeln lockt. Genau wie es ein Kind vermag, ohne dass es dazu einen Vertrag oder eine Anweisung braucht.

weltfriedenstag
Papst Paul VI. begann 1968 angesichts weltweiter Spannungen jährlich zum 1. Januar an Regierende und alle Menschen guten Willens einen Aufruf für entschlossenen Einsatz für den Frieden zu schreiben. Der katholische Weltfriedenstag war geboren. Zusätzlich zum Antikriegstag, der gewerkschaftlich initiiert und organisiert schon seit 1956 am 1. September begangen wird; am Tag des Überfalls auf Polen und Beginn des Zweiten Weltkrieges. Später, 1981, kam noch der UN Weltfriedenstag hinzu, jeweils am 21. September, der weltweit als Tag der Gewaltlosigkeit und des Waffenstillstandes begangen werden soll. Die Themen der Botschaften zum katholischen Weltfriedenstag sind Menschenrechte (mehrfach), Versöhnung, Brüderlichkeit (mehrfach), Gerechtigkeit ( mehrfach), Freiheit, Wahrheit, Vertrauen, Entwicklung, Solidarität, Minderheiten achten, den Armen entgegenkommen, Gewaltfreiheit, Migration, Ökologie u.a. Aufgegriffen wird die Idee des Weltfriedenstages vor allem von Verbänden wir Pax Christi, Frauenbund und BDKJ.

Das Thema der Botschaft zum 54. Katholischen Weltfriedenstag lautet: Die Kultur der Achtsamkeit als Weg zum Frieden.
Zunächst drückt Papst Franziskus allen sein Mitgefühl aus, die unter Covid 19 und den Folgen der Pandemie leiden, oder Angehörige verloren haben. Dann wird bereits in der Einleitung klar, wie Franziskus Achtsamkeit versteht: er besteht darauf, dass es eine gemeinsame Verantwortung der Regierenden sei, Maßnahmen zu ergreifen, dass die Ärmsten und Schwächsten Zugang zu Impfstoff und wesentlichen Technologien bekommen.

kompass für einen gemeinsamen kurs
Angesichts immer größer werdender sozialer Ungleichheiten innerhalb und zwischen den Nationen entwirft er einen Kompass für einen gemeinsamen Kurs im Globalisierungsprozess. Eingegangen wird dabei auf alle, die unter Armut, Krankheit, Sklaverei, Diskriminierung und Konflikten leiden. Diese aufzurichten, darum geht es. „Mithilfe dieses Kompasses ermutige ich alle, Propheten und Zeugen einer Kultur der Achtsamkeit zu werden, um die vielfältige soziale Ungleichheit zu überwinden. Und dies wird nur dann möglich sein, wenn dabei Frauen im großen Ausmaß eine Hauptrolle spielen – in der Familie und in allen sozialen, politischen und institutionellen Bereichen.“ (- ausgenommen in der katholischen Kirche? fiel mir dazu spontan ein beim Lesen).
Im Kompass werden, nach Gott als Ursprung und Leben Jesu als Beispiel, auch die Prinzipien der Soziallehre als Grundlage der Kultur der Achtsamkeit genannt und die Kultur der Achtsamkeit im Leben der Nachfolger Jesu betont. Dort wird der Kirchenvater Ambrosius zitiert:“… als in späteren Zeiten die Großzügigkeit der Christen etwas an Schwung verlor, betonten einige Kirchenväter nachdrücklich, dass gemäß Gott das Eigentum zum Nutzen des Gemeinwohls zu verstehen ist. Ambrosius sagte: »Die Natur bringt alle Erzeugnisse zum gemeinsamen Gebrauch für alle hervor. […] So schuf also die Natur ein gemeinsames Besitzrecht für alle; Anmaßung machte daraus ein Privatrecht«.

eine Utopie
das Herzstück der Botschaft ist für mich folgender Abschnitt:
„Es gibt viele Ursachen für Konflikte, aber das Ergebnis ist immer dasselbe: Zerstörung und humanitäre Krisen. Wir müssen innehalten und uns fragen: Was hat dazu geführt, dass Konflikte in unserer Welt zur Normalität geworden sind? Und vor allem: Wie können wir unsere Herzen bekehren und unsere Mentalität ändern, um in Solidarität und Geschwisterlichkeit wirklich Frieden zu suchen?

Wie viele Ressourcen werden für Waffen, insbesondere Atomwaffen, vergeudet, Ressourcen, die für wichtigere Prioritäten zur Gewährleistung der Sicherheit der Menschen eingesetzt werden könnten, wie z.B. die Förderung des Friedens und der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen, die Bekämpfung der Armut, die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung. Auch dies wird andererseits durch globale Probleme wie die aktuelle Covid-19-Pandemie und den Klimawandel deutlich. Was für eine mutige Entscheidung wäre es doch, mit dem Geld, das für Waffen und andere Militärausgaben verwendet wird, „einen Weltfonds einzurichten, um dem Hunger ein für alle Mal ein Ende zu setzen und die Entwicklung der ärmsten Länder zu fördern.“

heimatloser gott
Mir diese Idee vor Augen haltend, verstehe ich, wie wenig unsere Welt Gott annehmen und beherbergen kann. Die Sehnsucht nach Nähe zu ihm aber lockt Menschen innerhalb oder außerhalb der Kirchen sich auf den Weg zu machen und den Armen und Elenden Recht zu schaffen…. Der Friedensnobelpreis 2020 wurde an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen verliehen. Es heißt, dies sei in der Covid 19 Pandemie die aktivste Fluggesellschaft: sie chartern Flugzeuge um Hilfsmittel zu den Menschen zu bringen.

segen
Für das Sich-Locken-Lassen von der Nähe Gottes wünsche ich Ihnen und Euch für das Neue Jahr alles Gute mit Worten aus dem aaronitischen Segen:
Gott segne und behüte dich.
Gottes Antlitz hülle dich in Licht, und sei dir zugeneigt.
Gottes Antlitz wende sich dir zu, und sie schenke dir heilsame Ruhe.

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Der Grundgedanke ist entstanden in der Auseinandersetzung mit einem Aufsatz von Emmanuel Levinas: Menschwerdung Gottes? In ders. Zwischen uns, München/Wien 1995;
Botschaft zum 54. Weltfriedenstag: http://www.vatican.va/content/francesco/de/messages/peace/documents/papa-francesco_20201208_messaggio-54giornatamondiale-pace2021.html

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Eine Antwort auf Heimatloser Gott? – Neujahr 2021 / Hochfest der Gottesmutter Maria und Weltfriedenstag

  1. gabriele sagt:

    Danke sehr Maria – wichtige Perspektiven und Anregungen zum Jahr 2021. Es braucht überall auf der Welt, in allen Ländern, allen Religionen Hirten und Hirtinnen, die sich auf den Weg machen und locken lassen.

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