Ist das Leben das Ende? – 32. Sonntag im Jahreskreis C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 20
In jener Zeit
27 kamen einige von den Sadduzäern, die bestreiten, dass es eine Auferstehung gibt, zu Jesus und fragten ihn:
28 Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen verschaffen.
29 Nun lebten einmal sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, starb aber kinderlos.
30 Da nahm sie der zweite,
31 danach der dritte und ebenso die anderen bis zum siebten; sie alle hinterließen keine Kinder, als sie starben.
32 Schließlich starb auch die Frau.
33 Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt.
34 Da sagte Jesus zu ihnen: Die Kinder dieser Welt heiraten und lassen sich heiraten.
35 Die aber, die gewürdigt werden, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, heiraten nicht, noch lassen sie sich heiraten.
36 Denn sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und als Kinder der Auferstehung zu Kindern Gottes geworden sind.
37 Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt.
38 Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn leben sie alle.

Autorin:
_MG_7932-web Birgit DroesserBirgit Droesser, Pastoralreferentin, war tätig in der Gemeindepastoral, in der Klinikseelsorge und im Theol. Mentorat Tübingen, jetzt Pfarrgemeinderätin in St. Bruno, Würzburg

 
Die Predigt:
Ist das Leben das Ende?

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Dod – das Leben ist das Ende“ so heißt das neue Programm des Kabarettisten Gerd Duddenhöfer, alias Heinz Becker aus der „Familie Heinz Becker“. Das drückt doch genau aus, wie heute die meisten Leute denken: Sterben ist gleich Ende und aus! Einschlafen und nicht mehr aufwachen! Was bleibt sind bestenfalls liebevolle Erinnerung, oft Gefühle der Hilflosigkeit und Trauer der Hinterbliebenen.

Und im Blick auf sich selbst ergibt sich daraus: sich das Leben möglichst schön machen, möglichst viel erleben, „mitnehmen“, viel ins Leben hineinpacken: reisen, genießen, Freude erleben. Das Leben ist ja das Ende. Wenn alle versuchen, in diesem einen Leben alles nur Mögliche zu verwirklichen, so wie es ja sehr verbreitet ist, dann erzeugt das nicht nur Stress, ja nichts zu versäumen, sondern ist auch eine riesige Belastung für unsere Mutter Erde. Denken wir nur jetzt am Winteranfang an die Skigebiete mit Kunstschnee, die ständig ausgebaut werden. Der aktuelle Ausfall von 1300 Flügen der Lufthansa wegen Streiks betrifft 180 000 Flugreisende. Wenn das Leben das Ende ist, dann dürfen wir nichts anbrennen lassen. Und schlimmer: Dann sind viel zu vielen auch unlautere Mittel recht, um immer mehr Reichtum anzuhäufen. Ein Beispiel: die Internetkriminalität richtet in deutschen Wirtschaftsunternehmen jährlich über 100 Milliarden Euro Schaden an. Ich kann diese Information der letzten Tage kaum glauben. Das ist Wahnsinn.

Ganz anders die Bibel
Radikal anders und irgendwie fremd in unserer Gesellschaft spricht die Bibel: Unsere Tage zu zählen, lehre uns, Herr! Dann gewinnen wir ein weises Herz. (Psalm 90,12) Und die christliche Liedermacherin, Stefanie Schwab, sagt es so :

    „Ich lebe als hätt` ich unendlich viel Zeit und als wäre der Tag meines Endes noch weit. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, ist ein gefährliches Spiel. Lehre mich Herr, meine Tage zu zählen. Führe mich, ich will mein Ziel nicht verfehlen. Wecke mich auf, damit ich wachsam bin auf dem Weg zu dir hin.“

Da ist es: ich will mein Ziel nicht verfehlen, ich bin auf dem Weg zu dir hin, zu d i r! Dieser Satz ist aus der Beziehung zu Gott heraus gesprochen: Herr, ich stehe vor dir, ich weiß, dass ich in deiner Gegenwart bin wie in der Luft, die ich nicht sehe und doch lebensnotwendig einatme. In dir leben wir, bewegen wir uns und sind wir – sagt Paulus (Apg 17,28). Und im Psalm 139 heißt es: Herr du hast mich erforschst und du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf mich. Zu wunderbar ist für mich dieses Wissen, zu hoch, ich kann es nicht begreifen.

Wenn ich in Beziehung zu Gott stehe, weiß ich, dass mein Leben ein Ziel hat und dass ich einmal für mein Denken und Tun einstehen muss. Wenn ich in Beziehung zu Gott lebe, finde ich mich nicht damit ab, dass es in der langen Menschheitsgeschichte wenige Gewinner und viele Verlierer gibt und dass es Zufall ist, zu welcher Gruppe man selber gehört, sondern ich glaube an seine Liebe und Warmherzigkeit, seine Bereitschaft auch mir zu vergeben. Ich glaube daran, dass er Heil und Leben für alle seine Geschöpfe will.

Der Glaube an die Auferstehung ist eine Beziehungsgeschichte
Es macht wenig Sinn über die Auferstehung auf der Tatsachenebene zu verhandeln, wie es die Sadduzäer im Evangelium versuchen: mit welchem der 7 Brüder, die sie nacheinander zum Mann hatte, wird eine Frau in der Ewigkeit einmal verheiratet sein? Tatsache, was die Auferstehung betrifft, ist einzig und allein, dass Paulus und viele Jüngerinnen und Jünger Jesus nach seinem Tod als Lebendem begegnet sind. Davon sprechen die Evangelien und Paulus in seinen Briefen. Und ohne diese Tatsache wären die Jesusanhänger auseinandergelaufen, hätten sie nicht den Mut gehabt als Zeugen und Zeuginnen für Jesus aufzutreten, hätten sich keine Gemeinden gegründet, wären nicht so viele Menschen für Christus ins Martyrium gegangen. Kurz gesagt: ohne die Erfahrung der Auferstehung Jesu gäbe es uns nicht als Christinnen und Christen.

Das sind belegte Erfahrungen. Und dennoch, trotz aller Berichte über Nahtoderfahrungen, niemand ist bisher von den Toten zurückgekommen, sodass letztlich ein Beweis, den man nachprüfen kann, nicht möglich ist. Über Auferstehung zu reden macht nur Sinn im Rahmen einer Beziehung zu Gott, die wir Glauben nennen.

An der Gottesbeziehung arbeiten
Sr.Benedikta aus Kellenried hat einmal gesagt: Hauptsache, man ist im Gottesdienst dabei als Kind, als Jugendliche, als Erwachsener. Auf das Dabeisein kommt es an. – Auch wenn ich vielleicht gerade nicht so viel mit Liturgie und Predigt anfangen kann, wenn es mir gerade nichts sagt. Warum? Weil eine Beziehung nicht von heute auf morgen entsteht, sondern wachsen muss, damit sie tragfähig und stark wird. Und Glaube ist Beziehung, das Herzenswissen, geliebt und angenommen zu sein. Herzenswissen ist nicht einfach eine blumige Rede, sondern meint ein innere Gewissheit, die allmählich im Schweigen und in der Stille wächst. Paulus nennt es in der heutigen Lesung: eine sichere Hoffnung. (2 Thess 2,16)

Glauben kann man nicht machen, aber für die eigene Beziehung zu Gott kann man einiges tun, wie bei Beziehungen überhaupt. Auch wenn ich laut klage über das, was mir widerfährt, und über den Zustand der Welt und der Politik, bin ich auf Gott ausgerichtet, bin ich in Beziehung zu ihm. Da ist jemand, dem ich das alles sagen und auch vorwerfen kann. Aber ich muss etwas wissen über den Gott der Bibel, ich brauche ein Grundwissen von Jesus, der uns zeigt, wie Gott ist, und uns erkennen hilft, mit wem wir es zu tun haben. Mit Jesus zu sprechen, zu beten, das ist das Medium für die Beziehung zu ihm. Auch wenn nicht direkt eine Antwort kommt, werde ich doch im Laufe der Zeit immer mehr erfahren, dass ich auf meinem Lebensweg geführt werde, dass ich nicht ganz alleine bin. Dann höre ich die Worte von der göttlichen Liebe ganz anders. Da bin i c h ja gemeint. I c h bin von Gott geliebt. Und er will, dass ich mein Leben bestehe und am Ende für immer bei ihm bleibe. Er ist ja ein Gott der Lebenden, nicht er Toten.

In unserem Land sieht es nicht danach aus, als hätte diese gute Nachricht eine große Chance. Viele wenden sich von der Kirche ab oder sind einfach nicht mehr interessiert. Umso mehr kommt es auf jede und jeden Einzelnen von uns an, dass wir durch unsere Haltung bezeugen: das Leben ist nicht das Ende und damit auch nicht das Ende unserer ganz persönlichen Verantwortung. Wir haben eine sichere Hoffnung über den Tod hinaus. Amen

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