Ich bin da, wo du bist – Hochfest der Auferstehung des Herrn

Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 24
1 Am ersten Tag der Woche kamen die Frauen am frühen Morgen zur Gruft und brachten die Duftöle, die sie vorbereitet hatten.
2 Da fanden sie den Stein von der Gruft weggewälzt.
3 Als sie hineingingen, fanden sie den Körper Jesu, des Herrn, nicht.
4 Während sie noch ratlos darüber waren, geschah es: seht, zwei Männer in blitzenden Kleidern traten herzu.
5 Die Frauen gerieten in Furcht und neigten sich tief zur Erde, da sprachen sie zu ihnen: »Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?
6 Er ist nicht hier, sondern er ist auferweckt worden. Erinnert euch, wie er zu euch geredet hat, als er noch in Galiläa war,
7 indem er sagte: Der Mensch muss ausgeliefert werden in die Hände gottesferner Menschen und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.«
8 Und die Frauen erinnerten sich an seine Worte.
9 Sie kehrten von der Gruft zurück und verkündigten dies alles den Elf und allen Übrigen.
10 Maria aus Magdala und Johanna und Maria des Jakobus und die übrigen Frauen, die mit ihnen waren, sagten dies den Aposteln.
11 Und diese Worte kamen den Aposteln vor wie leeres Gerede; und sie glaubten ihnen nicht.
12 Petrus stand auf und eilte zur Gruft und beugte sich hinein, da sah er nur die Binden. Er ging weg, verwundert über das, was geschehen war.

Autorin:
A.-Trautmann-150x150Andrea Trautmann, Pastoralreferentin in Böblingen

 
Die Predigt:
Ich bin da, wo du bist.

Liebe Leserin, lieber Leser,
keine große Osterfreude ist zu spüren in unserem Evangelium, vielmehr Ratlosigkeit, Verwunderung, Schrecken und Unsicherheit. Trauernde Frauen gehen zum Grab Jesu. Der Tod ist in ihr Leben getreten, und nichts ist mehr so wie vorher. Doch als sie zum Grab kommen, ist der Stein weg und das Grab leer. Ihre Ratlosigkeit ist groß. Und es kommt noch schlimmer: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ Ist der Vorwurf, den sie von den Männern in blitzenden Kleidern zu hören bekommen. Kein vorsichtiges »Fürchtet euch nicht«. Wer kann den Frauen ihr Erschrecken und ihre Verunsicherung verdenken? Sie hören das völlig Unerwartete, Unvorstellbare: Jesus lebt, er ist auferstanden! Sie werden aufgefordert, sich an Jesu Worte zu erinnern, als er in Galiläa predigte, als er davon sprach, dass der Menschensohn sterben und auferstehen wird.

Das, was die Frauen an diesem Morgen erfahren, wird verknüpft mit der Geschichte Jesu. Ihnen wird eine neue Blickrichtung angeboten: Über das Erinnern an Jesu heilvolles Wirken geht es weg vom Grab in ein neues Leben hinein. Ob das den Frauen geholfen hat? Wir hören, dass sie sich erinnern und den anderen Jüngern davon berichten. Doch als wenig später Petrus zum Grab kommt, ist auch er voller Verwunderung. Der Anblick des leeren Grabes allein führt offensichtlich nicht zum Glauben.

Es ist tatsächlich so: Ostern bleibt rätselhaft. Dem Geheimnis, dass das Leben den Tod besiegt hat, kann ich mich nähern, manchmal vertrauensvoll, manchmal ganz zögerlich und unsicher. Und auch, wenn uns Christinnen und Christen heute das damals Unvorstellbare vertraut ist, wenn wir Jahr für Jahr Ostern feiern: Ist es deshalb stärker in unserem Leben verankert? Vielleicht können wir gerade die Unsicherheit der Frauen nachvollziehen. So vieles ist heute unsicher: Europa, das Klima, die Rente, der Frieden, manche Beziehung. Und auch in Glaubensdingen ist vieles nicht mehr sicher: Alte Werte und Normen zählen immer weniger, die Kirche ist keine Größe mehr, Gott scheint keinen Platz mehr zu haben. Und doch spüren viele Menschen eine große Sehnsucht nach Tiefe. Viele Menschen sind auf der Suche nach einer lebendigen Beziehung zu Gott, zu Jesus.

Ob unsere Unsicherheit daher kommt, dass wir an der falschen Stelle suchen, dass wir den Lebenden bei den Toten suchen? Dort, wo unsere Sinne betäubt werden vom Lärm und der Hetze des Alltags und Konsumbetriebs? Oder dort, wo wir uns eingerichtet haben in unserem Wohlstand, unserer Bequemlichkeit und dem Immer-so-weiter?

Was hilft uns in unserer Unsicherheit? Vielleicht ist es gerade die Osterzeit, die uns wie die Frauen damals erinnert an Gottes Geschichte mit den Menschen. Das Evangelium zeigt uns die Blickrichtung an: Gott hält die Welt und damit uns in seiner Hand von Anbeginn an und bis heute. Gott befreit sein Volk und damit uns aus Abhängigkeit und führt uns in die Freiheit. Das Evangelium weist uns darauf hin, dass wir mit dem Auferstandenen ins Leben gehen können.

„Ich bin da, wo du bist.“ Hier ist der Ort der Geschichte Gottes mit den Menschen. Ganz konkret. Da, wo wir wohnen, in unserer Umgebung, in unseren Familien, bei der Arbeit, will die Verheißung Gottes Wirklichkeit werden: Ich bin da – gerade auch, wenn viele lebensfeindliche und unsichere Situationen bleiben. Wir können sicher sein, dass Gott uns darin nicht allein lässt, dass er gerade dann uns begleitet und neues Leben schafft. Denn Jesus hat den Tod überwunden und uns damit einzigartige Hoffnung geschenkt. Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaft auferstanden. Amen.

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