Gute Bäume, gute Früchte – 8. Sonntag im Jahreskreis C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 6
In jener Zeit sprach Jesus in Gleichnissen zu seinen Jüngern und Jüngerinnen:
39 Kann etwa ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen?
40 Ein Jünger steht nicht über seinem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein.
41 Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?
42 Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen!, während du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.
43 Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte bringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte bringt.
44 Denn jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von den Disteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben.
45 Der gute Mensch bringt aus dem Schatz seines Herzens das Gute hervor und der böse Mensch bringt aus dem bösen das Böse hervor. Denn wovon das Herz überfließt, davon spricht sein Mund.

Autorin:
Angela Repka Angela Repka, Offenbach, Literaturübersetzerin, verheiratet, zwei Söhne, vier Enkelkinder, Ausbildungskurs zum Diakonat der Frau, diakonische Tätigkeit in der Pfarrgemeinde

 
Die Predigt:
Gute Bäume, gute Früchte

Liebe Leserin, lieber Leser,
noch sind die Nächte frostig, aber tagsüber spüren wir schon die Wärme der Sonnenstrahlen. Noch strecken die Bäume ihre kahlen Äste in den Himmel, aber tief in ihrem Inneren beginnen schon die Säfte zu steigen. Will der Gärtner, die Gärtnerin im Herbst reichlich gute Früchte ernten, so gilt es schon jetzt, die Schere anzusetzen und störende oder überflüssige Zweige, manchmal auch kranke Äste herauszuschneiden.

So ähnlich macht es Jesus mit seinen Jüngerinnen und Jüngern im heutigen Evangelium, damit sie immer besser Gottes Willen erfüllen und jene Taten und Haltungen hervorbringen können, von denen am letzten Sonntag die Rede war: ihre Feinde zu lieben; denen Gutes zu tun, die sie hassen; die zu segnen, die sie verfluchen; Gewalt nicht mit Gewalt zu beantworten; Geld zu leihen, ohne es zurückzuverlangen; mehr zu geben, als von einem gefordert wird; Menschen Gutes zu tun, die sich nicht dafür revanchieren können. Kurz: so zu handeln wie Gott, der auch den Undankbaren und Bösen gegenüber gütig und barmherzig ist, damit sie eine Chance haben, aus dem Teufelskreis von Gewalt, Feindseligkeit, Gier und Missgunst auszubrechen.

Gar nicht einfach, was Jesus den Menschen, die ihm folgen wollen, damals wie heute abverlangt! Aber darunter geht es nicht, wenn sich in dieser immer noch ungerechten Welt mit ihren heillosen Beziehungen etwas grundlegend ändern soll, damit zumindest eine Ahnung der Liebe und des Gutseins Gottes erfahrbar werden kann. Und darum geht es Jesus, wenn er vom bereits angebrochenen Reich Gottes spricht. Im heutigen Evangelium will er seinen Leuten die Augen öffnen für das, was er selbst ihnen vorlebt, um sie zu befähigen, anderen mit gutem Beispiel vorauszugehen, ihnen Halt und Orientierung zu geben. Sonst wäre es ja so, sagt er, als ob ein Blinder einen Blinden führe, und am Ende landen sie beide im Straßengraben. Jesus ist der Meister, auf ihn müssen sie hören, ihm sollen sie nacheifern, um alles zu lernen, was nötig ist, damit sie selbst die Meisterschaft erlangen und jene guten Früchte bringen, die er von ihnen erwartet.

Was dabei am meisten im Weg steht, ist die Blindheit für die eigenen Fehler. Jesus ist ein guter Psychologe, könnten wir heute sagen, und er bringt ein sehr anschauliches Bild für diese ziemlich weit verbreitete menschliche Schwäche. Er spricht von einem, der aus dem Auge seines Bruders einen Splitter herausziehen will, dabei aber den Balken im eigenen Auge übersieht. Dass das nicht funktioniert, dürfte klar sein. Aber wer kennt das nicht? Während man über die eigenen Fehler, Unzulänglichkeiten, Versagen, ja sogar Schuld gern hinwegsieht, sie vielleicht nicht einmal wahrnehmen will, sind einem bei den lieben Mitmenschen oft schon geringste Kleinigkeiten ein Dorn im Auge, den man unbedingt loswerden will. Du Heuchler!, ruft Jesus aus und setzt damit einen kräftigen Schnitt. Ziehe zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.

Dies gilt nicht nur auf der persönlichen Ebene jeder und jedes Einzelnen, das gilt genauso für Gruppen und Institutionen – auch für die Kirche. Auf der Konferenz der Kardinäle und Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus allen Teilen der Welt mit dem Papst in Rom zum sexuellen Missbrauch von Priestern und Ordensmännern an Kindern, Jugendlichen und anderen ihrer Obhut anvertrauten Personen wurde gerade der Versuch unternommen, unter allen Teilnehmern wenigstens ein Einvernehmen darüber herzustellen, dass es sich hierbei um schwerste Vergehen handelt, die nicht ignoriert, heruntergespielt und vertuscht werden dürfen. Dass sie vielmehr zu bestrafen sind und ab sofort mit allen Kräften konsequent verhindert werden müssen. Dass die geschädigten Menschen volle Anerkennung und Wiedergutmachung erfahren müssen, soweit dies möglich ist. Ohne Balken im Auge können mit Gottes Hilfe auch die dringend notwendigen Reformen der kirchlichen Strukturen angepackt werden, um so besser unserer Aufgabe gerecht zu werden, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein.

Jesus rüttelte seine Jünger und Jüngerinnen von damals auf und er ruft heute auch uns in die Entscheidung. Wir dürfen das Schlechte und Böse in uns und um uns her nicht akzeptieren und es uns etwa noch schönreden. Nein, wir sollen uns, auf Gottes Beistand vertrauend, davon lossagen. Dann wird sich unser Herz mit guten Früchten im Sinne Jesu füllen, so dass es davon überläuft – zum Segen für uns und alle, denen wir begegnen. Gelegenheit zu Besinnung und Umkehr will uns ganz besonders die vor uns liegende Fastenzeit geben.

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