Neue Einheitsübersetzung
31 Siehe, Tage kommen – Spruch des HERRN -, da schließe ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund,
32 Er ist nicht wie der Bund, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe an dem Tag, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägypten herauszuführen. Diesen meinen Bund haben sie gebrochen, obwohl ich ihr Gebieter war – Spruch des HERRN.
33 Sondern so wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe – Spruch des HERRN: Ich habe meine Weisung in ihre Mitte gegeben und werde sie auf ihr Herz schreiben. Ich werde ihnen Gott sein und sie werden mein Volk sein.
34 Keiner wird mehr den andern belehren, man wird nicht zueinander sagen: Erkennt den HERRN!, denn sie alle, vom Kleinsten bis zum Größten, werden mich erkennen – Spruch des HERRN. Denn ich vergebe ihre Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr.
Autorin:
Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach – Süd im Bistum Aachen
Die Predigt:
Der Blick in mein Herz
Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn ich mich an die Aussagen der Kinder während des Schulgottesdienstes am Aschermittwoch, also zu Beginn der Fastenzeit, erinnere auf die Frage, was denn für sie „Fasten“ bedeutet, war viel von „Verzicht“ die Rede. Etwas unterlassen und auf etwas verzichten: keine Süßigkeiten, weniger Schokolade, weniger Fernsehen, Zeiten ohne Smartphone. – Sie merken vielleicht, dass es sich um recht katholisch sozialisierte Schülerinnen und Schüler der 3. und 4. Klassen einer konfessionellen Grundschule im Rheinland handelt. Fasten also, in dem sie auf etwas verzichten, woran sie sonst viel Freude haben, was ihnen Spaß macht und was ihnen vielleicht lecker schmeckt. Das soll nach ihren Aussagen auch bewusst etwas sein, was ihnen schwer fällt, was ihnen eine echte Anstrengung abverlangt und eine Einschränkung bedeutet. Diese Äußerungen klingen in meinen Ohren durchaus nicht ganz falsch. Ich möchte damit allerdings heute unseren Blick auf das „Mehr“ beim Fasten lenken, das wir im Gegenzug nämlich durchaus gewinnen können, worin sogar Leichtigkeit und Freude liegen.
Die österliche Bußzeit, die 40 Tage der Fastenzeit, wollen uns ja nicht einschränken um des puren Verzichtes und der Selbstkasteiung willen, sondern im „Weniger“ von etwas, darf sich ein größerer Freiraum für ein „Mehr“ von etwas anderem eröffnen. Etwa so:
im „Weniger“ an Süß, ein „Mehr“ am Geschmack für anderes ermöglichen;
im „Weniger“ Medienkonsum, ein „Mehr“ an echten Begegnungen mit Menschen erleben;
im „Weniger“ Alkohol, ein „Mehr“ an Nüchternheit und klarem unverstellten Blick auf die Realität gewinnen;
im „Weniger“ an Konsum, ein „Mehr“ an Genuss entdecken;
im „Weniger“ an Termindruck und Hetze, ein „Mehr“ an Ruhe, Stille und Besinnung erfahren.
Mir selbst liegt die Haltung der Selbstversagung und der Einschränkung überhaupt nicht. Sie gelingt mir nicht gut. Sie macht mich persönlich leider zu einer lustlosen Fastenden mit griesgrämigem Gesicht. Also zu so einer, vor der Jesus uns ausdrücklich warnt, wenn er sagt: Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler! Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten. Amen, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.(Mt 6,16). Ein rechtes Fasten ist vielmehr so, wie wir es im Buch Jesaja lesen können: Ist nicht das ein Fasten, wie ich es wünsche: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, Unterdrückte freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen? Bedeutet es nicht, dem Hungrigen dein Brot zu brechen, obdachlose Arme ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deiner Verwandtschaft nicht zu entziehen? (Jes 58,6-7)
So liegen schon 28 Tage der Fastenzeit hinter uns. Die verbleibenden 12 Tage sind gleichsam wie ein Endspurt. Ja, nehmen wir das ruhig auch mal sportlich, wie die Olympioniken der gerade zu Ende gegangenen Winterspiele. Sie beweisen Ausdauer im permanenten Training. Sie streben zwar alle den Sieg an, doch lassen sie sich nicht von Misserfolgen abschrecken. Sie setzen sich neue erreichbare Ziele, und stellen sich den Herausforderungen. So gilt es vielleicht auch in der Vorbereitungszeit auf Ostern, mich noch einmal neu auszurichten, die Vorsätze des Anfangs noch einmal zu bekräftigen oder gar neue, praktikablere zu fassen. In den neu sich auftuenden Leerstellen kann ich dann vielleicht das „Mehr“ entdecken, fröhlicher Fasten, wieder mein Herzensanliegen hinter dem Fasten erkennen.
Aus dem Buch Jeremia hören wir in der heutigen ersten Lesung dazu, dass Gott seinen Bund mit den Menschen schließt, indem er sein Gesetz in sie hineinlegt und ihnen auf ihr Herz schreibt. Sie tragen es also in ihrer Mitte, haben es gleichsam eingepflanzt bekommen und verinnerlicht. – Wenn ich in mein Herz schaue, was entdecke ich da? – In meinem Herzen ist zutiefst die Sehnsucht nach einer friedvollen Welt und nach gelingendem Leben für alle Menschen verankert. In meinem Herzen ist eine Vision von tragfähigen Beziehungen, die auf Zugewandtheit und Liebe basieren. In meinem Herzen ist sogar die Gewissheit, dass ich zu all dem einen guten Teil beitragen kann. In meinem Herzen spüre ich auch das Bedürfnis nach Vergebung, Barmherzigkeit und neuer Chance, die mir von Gott her geschenkt wird.
Gerne möchte ich dafür die restlichen Tage der Fastenzeit nutzen. Ich fühle dabei das nahe Osterfest mit seiner Zusage und Verheißung in mir aufsteigen. Die Verheißung, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass das Leben siegt, dass alle Dunkelheiten und Zweifel ein Ende haben werden. Das alles beflügelt mich zu neuem Tun, so dass ich zu einer fröhlichen Fastenden werden kann.
Und was sagt Ihnen der Blick in Ihr Herz?