Suche nach dem Lebendigen – Festtag Maria von Magdala am 22. Juli

Lesung aus dem Hohenlied, Kapitel 3
1 Des Nachts auf meinem Lager suchte ich ihn, /
den meine Seele liebt. /
Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
2 Aufstehen will ich, die Stadt durchstreifen, /
die Gassen und Plätze, /
ihn suchen, den meine Seele liebt. Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
3 Mich fanden die Wächter /
bei ihrer Runde durch die Stadt. Habt ihr ihn gesehen, /
den meine Seele liebt?
4 Kaum war ich an ihnen vorüber, /
fand ich ihn, den meine Seele liebt.

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 20
1 Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war.
2 Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat.
11 Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Während sie weinte, beugte sie sich in die Grabkammer hinein.
12 Da sah sie zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen dort, wo der Kopf, den anderen dort, wo die Füße des Leichnams Jesu gelegen hatten.
13 Die Engel sagten zu ihr: Frau, warum weinst du? Sie antwortete ihnen: Man hat meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wohin man ihn gelegt hat.
14 Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war.
15 Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du? Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast. Dann will ich ihn holen.
16 Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister.
17 Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.
18 Maria von Magdala ging zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie richtete aus, was er ihr gesagt hatte.

Autorin:
A. TrautmannAndrea Trautmann, Pastoralreferentin, Diözese Rottenburg-Stuttgart

 
Die Predigt:
Suche nach dem Lebendigen

Liebe Leserin, lieber Leser,
wir hören heute dieses Evangelium, weil andere es uns überliefert haben. Und diese haben es wiederum von anderen bekommen. Und am Anfang steht: Maria von Magdala, die erste Botin des Evangeliums, die Apostelin der Apostel. Maria von Magdala ist die erste Zeugin der Auferstehung Jesu, wie uns überzeugend alle Evangelien erzählen. Sie hat herausragende Bedeutung für den Glauben an die Auferstehung. Sie war unter dem Kreuz anwesend und bezeugt das Sterben Jesu. Sie war bei der Grablegung Jesu anwesend und bezeugt den Tod Jesu. Und sie war am leeren Grab und erzählt von ihrer Begegnung mit dem Auferstandenen. Gestorben, begraben, auferstanden – für dieses christliche Glaubensbekenntnis ist Maria von Magdala Zeugin und Botin.

Wer war diese Maria? Nach Lk 8,3 wurde sie von Jesus geheilt und sie folgte Jesus zusammen mit den Jüngerinnen und Jüngern durch Galiläa bis nach Jerusalem. Am Beginn der Kirche wurde sie hochverehrt, erst im Laufe der Zeit werden ihr Eigenschaften wie Sünderin, Prostituierte oder Geliebte Jesu zugeschrieben. 2016 wird dann endlich der Gedenktag an Maria von Magdala von der katholischen Kirche zum Festtag der Maria von Magdala erhoben und sie damit liturgisch den Aposteln gleichgestellt.

Die Bibelstellen des Festtags der Maria von Magdala erzählen vom Suchen, vom Dunkel, von Vergeblichkeit, aber auch vom Finden, Auferstehung und neuem Leben. Am frühen Morgen, als es noch dunkel ist, kommt Maria zum Grab und scheint gar nicht mehr loszukommen. Sie weint, beugt sich hinein und versucht Jesus wieder herzuholen. Nicht einmal die Engel vermögen sie zu trösten und von ihrem Leid zu befreien. Maria von Magdala sucht. Sie wendet sich um und sieht Jesus, allerdings ohne ihn zu erkennen. Das mag irritieren, schließlich ist sie jahrelang mit ihm durchs Heilige Land gezogen und war ihm, wie uns die Evangelien berichten, sehr nahe.

Dies kann uns an Zeiten erinnern, wo wir selbst nicht einfach so sehen und glauben. Wo Sorgen oder Erfahrungen, die wir machen, uns so einnehmen, dass wir darüber nicht hinaussehen können. Veränderungen, die uns, persönlich oder als Gemeinde, oft mehr oder weniger unvorhersehbar betreffen, brauchen unsere Aufmerksamkeit, verstellen mitunter aber auch den Blick auf das Neue. Neues kann auch beängstigend sein. Das Gewohnte kennen wir und auch, wenn wir nicht zwingend der Überzeugung sind, dass „immer genauso weiter“ eine Perspektive für die Zukunft ist, so ist uns doch das Gewohnte vertraut, mit allem Schönen, aber auch mit den Schwierigkeiten.

Maria von Magdala versteht im Gespräch mit Jesus, dass am Vergangenen festzuhalten, das Gestorbene zu betrauern, nicht zum neuen, erlösten Leben führt. Doch in der Begegnung mit ihm kann sie sich lösen von dem, was war, und sich nochmals umwenden. Eine erneute Umwendung, weg vom Grab hin zum Leben, hin zur Verheißung Gottes. Aus der Begegnung mit Jesus setzt sie sich neu in Bewegung. „Ich habe den Herrn gesehen!“ So verkündet sie den Aposteln die Botschaft von der Auferstehung und vom neuen Leben!

Manches Mal bleibt man im Grab hängen, so wie Maria von Magdala. Es ist wichtig genau hinzuschauen, den Schmerz des Abschieds zuzulassen, um etwas, das der Vergangenheit angehört, auch gehen zu lassen. Es ist aber auch wichtig, sich dem Leben wieder zuzuwenden. Unsere Botschaft ist die Botschaft des Lebens. Dass das Leben den Tod besiegt. Dass Gott neues Leben, neue Lebendigkeit schenkt in allen Veränderungen, die unser Leben persönlich und als Kirche betreffen. Gott verheißt uns Leben.

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4 Antworten auf Suche nach dem Lebendigen – Festtag Maria von Magdala am 22. Juli

  1. Annemarie Gindele sagt:

    Liebe Frau Trautmann,
    herzlichen Dank für Ihre wunderbare Predigt zum Fest der Hl. Maria Magdalena! Sie ist die Patronin unserer Kirchengemeinde in Tiefenbronn, und sie wird in unserer Kirche allein 17-mal dargestellt. Wir Frauen haben sie am vergangenen Samstag mit einer speziellen Führung und einem Vortrag in unserer Kirche geehrt. Das war uns ein großes Anliegen, zumal der Patroziniumsgottesdienst auf den Sonntag zuvor verlegt werden musste. Wir werden nicht müde, Maria Magdalena als Apostolin der Apostel zu verkünden und in ihrem Sinne Jesus nachzufolgen. Ist es nicht wunderbar, dass wir in Tiefenbronn auf unserem modernen Ambo Maria Magdalena dargestellt finden als Frau am Ostermorgen mit dem Salbgefäß? Aus vollem Herzen singen wir jedes Jahr an ihrem Tag das Tiefenbronner Magdalenenlied.
    Herzliche Grüße von Annemarie Gindele

  2. Andrea Trautmann sagt:

    Liebe Frau Gindele!
    Danke für ihre schöne Rückmeldung und den Tipp mit der Tiefenbronner Maria-Magdalena-Kirche. Wieder eine Idee für einen Sonntagsausflug:-).
    Herzliche Grüße
    Andrea Trautmann

  3. Annemarie Gindele sagt:

    Liebe Frau Rüttenauer,
    gerne schicke ich Ihnen das gewünschte Tiefenbronner Magdalenenlied zu.
    Mit herzlichen Grüßen aus Tiefenbronn
    Annemarie Gindele

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