Jesus begegnet den weinenden Frauen – Karfreitag 2017

Zur Kreuzwegstation: Jesus begegnet den weinenden Frauen
Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 23
26 Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie einen Mann aus Zyrene namens Simon, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage.
27 Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten.
28 Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder!
29 Denn es kommen Tage, da wird man sagen: Wohl den Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben.
30 Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns!, und zu den Hügeln: Deckt uns zu!
31 Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden?

Autorin:
scale-210-210-04_119921803_2Rita Wild, Gemeindereferentin in der Klinikseelsorge Bonn, geistliche Begleiterin / Exerzitienbegleiterin

 
Die Predigt:
Jesus begegnet den weinenden Frauen

Liebe Leserin, lieber Leser,
Frauen begleiten Jesu Lebensweg. Sie sind auch da auf seinem Weg nach Golgatha. Sie beweinen ihn. Jesus trägt sein Kreuz, und er hat schwer daran zu tragen. Erst das Verhör des Pilatus, der seine Unschuld feststellt; trotzdem hat er ihn auspeitschen lassen in der Hoffnung, dass das Volk dann Ruhe gibt. Doch die empörte Menge schreit nach seiner Kreuzigung.

Erst bejubelt kriegt er jetzt den ganzen Hass und die Bosheit der Leute ab. Er muss sein Folterinstrument selbst den Berg zur Hinrichtungsstätte hoch tragen. Er wird begafft, bespuckt, verhöhnt – wir können nur ahnen, wie ihm zumute ist. Da ist es erstaunlich, dass er die weinenden Frauen am Wegrand wahrnimmt, dass er anhält, um ihnen noch etwas zu sagen. Es muss ihm, beziehungsweise dem Evangelisten Lukas, der diese Szene als einziger der Evangelisten in den Kreuzweg eingefügt hat, besonders wichtig sein. Weint nicht über mich, sondern über euch und eure Kinder. – Es sind keine tröstenden, sondern eher harte Worte.

Jesus ermahnt die Frauen wie die alttestamentlichen Propheten, die dem Volk das kommende Unheil androhen mussten: Wenn das vor ihren Augen nun schon mit gerechten und gottesfürchtigen Menschen geschieht – bildlich gesprochen am grünen Holz geschieht – wie wird es dann erst mit dem dürren gehen, all den Ungerechten, die gesündigt haben? Jesus ermahnt mit drastischen Bildern vor dem kommenden Unheil. – Und tatsächlich wird 40 Jahre später die Stadt Jerusalem dem Erdboden gleichgemacht, und die Bewohnerinnen und Bewohner getötet oder verschleppt.

Aber es steckt noch ein tieferer Grund in Jesu Ermahnung, und sie gilt sicher auch uns, die wir an so manchen „Kreuzwegen des Lebens“ stehen, persönliche Katastrophen, aber auch gefährliche politisch-gesellschaftliche Entwicklungen und bedrohliche Situationen für die gesamte Menschheit erfahren: Die Tränen des Mitleids, die wir vergießen, Betroffenheit, die wir spüren. Sie sind vergebens. Sie verändern nichts. Sie zementieren eher die Passivität und die Opferhaltung.

Weint nicht über mich, sondern über euch …. Wirkliches Mitleiden erfordert Selbsterkenntnis: Wo bin ich nicht nur Opfer, sondern mache mich auch schuldig? Schuldig ist auch die, die sich raus hält und die anderen machen lässt. Wirkliches Mitleiden erfordert Selbsterkenntnis und Bereitschaft zur Umkehr, zum Engagement und Mut.

Karfreitag – dieser Tag erinnert an das Engagement Gottes, an seine Leidenschaft für die Menschen, die nicht vor Leiden zurückschreckt, sondern sich in den Tod gibt zum Heil der Menschen.
Was mag das für mich als „heutige Tochter Jerusalems“ konkret bedeuten?

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