Was Jesus uns zutraut – 5. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 5
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern und Jüngerinnen:
13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeworfen und von den Leuten zertreten.
14 Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben.
15 Man zündet auch nicht ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern man stellt es auf den Leuchter; dann leuchtet es allen im Haus.
16 So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Autorin:
def9d78cf6Gabriele Greiner-Jopp, verheiratet, lebt in Wendlingen, z.Zt. als Dekanatsreferentin, Gemeindereferentin und Beraterin tätig

 
Die Predigt:
Was Jesus uns zutraut

Liebe Leserin, lieber Leser,
kurz, knapp, und präzise – ohne viel Drumherumgerede – sagt uns Jesus im heutigen Evangelium, wie seine Jüngerinnen und Jünger sind. Wenn wir das auf uns beziehen: Salz der Erde, Stadt auf dem Berg, Licht der Welt sein, stockt und da der Atem, lassen wir die Bilder – weil oft gehört – innerlich ungerührt an uns vorüberziehen oder freuen wir uns, weil uns so viel zugetraut wird?

Jedes einzelne Bild ist es wert, genauer betrachtet zu werden: Salz wirkt nur, wenn es sich auflöst. Wir schmecken es dann, aber wir sehen es nicht mehr in seiner Form. Sind wir als Christen bereit dazu, in das Leben von Menschen Geschmack und Würze zu bringen, auf eigene Kosten, auf die Gefahr hin, dass wir uns ändern müssen? Sind wir bereit, uns von der Botschaft Jesu verwandeln zu lassen, damit es den Menschen, unseren Nächsten, der Schöpfung, der Welt besser geht? Oder bleiben wir lieber angepasst, bequem, unauffällig und damit nutzlos, unwirksam für positive Veränderungen?

Zur Zeit Jesu wurden am Toten Meer Salzblöcke geschnitten und als Schutz um die offenen Feuerstellen im Haus gelegt. Wie Schamott-Steine. Wenn sie „ausgebrannt“ waren, legte man sie vor das Haus, trat darauf und reinigte oder massierte seine Füße wenigstens noch vor dem Betreten des Hauses damit. Auf diese Praxis spielt Jesus an mit dem Bild des Herumtretens. Eine Behandlung, die sich niemand wünscht und Jesus für seine Jüngerinnen und Jünger ebenfalls ablehnt. Ausgebrannt nützen wir also nichts.

Die beiden anderen Bilder: Stadt auf dem Berg und Licht der Welt sind noch deutlicher: Weder die eine noch das andere kann verborgen bleiben – es wäre vollkommen unsinnig, v.a. wenn wir bedenken, welche Mühe und Zeit es damals kosten konnte, ein Feuer zu entfachen. Nie hätte man das kostbare Licht nutzlos verschwendet. Unsinnig, das macht Jesus uns deutlich, will seine Botschaft nicht sein. Er traut Gott und uns viel zu. Wenn wir im Vertrauen leben, von Gott bejaht und angenommen zu sein – so wie wir sind – und aus diesem Vertrauen heraus handeln, werden wir wirksam. Wirksam, weil Gutes und Heilsames für die Menschen daraus entsteht. Großes Vertrauen und wahres Selbst-Bewusstsein spricht aus diesen Worten Jesu. Uns sagt er: Ihr seid es! Damals hat Jesus es unmittelbar für die Menschen der Seligpreisungen gesagt – auf diese folgt das heutige Evangelium unmittelbar: Arme, Trauernde, Barmherzige, Gewaltlose, Friedfertige. Sie und nur sie sind Salz der Erde, Licht der Welt, Stadt auf dem Berg. Wer Unfrieden, Gewalt, Angst und Schrecken verbreitet, wer egoistisch und eigennützig handelt, kann sich nicht auf den Gott Jesu, den Vater im Himmel, berufen. Egal, wie mächtig, fromm, oder allwissend er sich gebärdet.

Seit längerer Zeit begleitet mich ein Text von Marianne Williamson, der an das heutige Evangelium anknüpft und den Aspekt, Licht der Welt zu sein, ins Heute übersetzt. Dieser Text wurde 1994 von Nelson Mandela bei seiner Antrittsrede als Präsident Südafrikas rezitiert und dadurch bekannt. Bekannt v.a. deshalb, weil Nelson Mandela glaubwürdig war. 30 Jahre Gefängnis und Folter hatten ihn nicht gebrochen, feindselig oder gehässig gemacht. Vielmehr verkörperte er genau das, was der Text sagt:
Unsere tiefste Angst ist nicht, dass wir unzulänglich sind; unsere tiefste Angst ist, dass wir unermesslich machtvoll sind. Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit. Wir fragen uns: „Wer bin ich eigentlich, dass ich leuchtend, begnadet, phantastisch sein darf?“ Im Grunde genommen: Wer bist du denn, es nicht zu sein? Du bist ein Kind Gottes. Wenn du dich klein machst, dient das der Welt nicht. Es hat nichts mit Erleuchtung zu tun, wenn du schrumpfst, damit andere um dich herum, sich nicht verunsichert fühlen. Wir wurden geboren, um die Herrlichkeit Gottes zu verwirklichen, die in uns ist. Sie ist nicht nur in einigen von uns, sie ist in jedem Menschen. Und wenn wir unser eigenes Licht erstrahlen lassen, geben wir unbewusst anderen Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun. Wenn wir uns von unserer eigenen Angst befreit haben, wird unsere Gegenwart ohne unser Zutun andere befreien. ( Marianne Williamson)

Darum geht es: Angst zu ersetzen durch das Vertrauen auf Gottes Licht in jeder und jedem von uns.

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4 Antworten auf Was Jesus uns zutraut – 5. Sonntag im Jahreskreis A

  1. Walter sagt:

    Frohe Botschaft…! (?)

    aber ist es nicht gerade die liturgischen Sprache der Kirche, die das Salz schal werden lässt und das Licht löscht ?

    • gabriele sagt:

      Ja leider, Walter ist es so, dass manche liturgische Sprache, manches festhalten an Macht und Privilegien, Angst vor der Freiheit der Menschen, immer wieder in der Kirche dazu geführt hat und führt, das Salz schal werden lässt und das Licht löscht. Umso wichtiger, dass wir immer wieder Mut schöpfen aus dem Zutrauen Jesu zu uns; dass wir immer wieder unser eigenes Licht leuchten lassen, anstatt mutlos und ängstlich und resigniert zu agieren.

  2. Walburga sagt:

    An Walter
    Was meinen Sie mit liturgischer Sprache, die das Licht löscht? Wo finden Sie es in diesem Evangelium?
    In der letzten Caritassprechstunde kam eine alte Muslima mit ihrer Enkelin. Ihre Waschmaschine war kaputt und wusch ihre Wäsche mit der Hand. Von ihrer Rente konnte sie keine Waschmaschine bezahlen.Wir konnten ihr helfen.Was hatte die Enkelin dazu bewegt, sie zu uns zu und nicht zur Moschee zu bringen? Als ich sie danach fragte, schaute sie mich traurig an und sagte, die haben uns nicht geholfen. Ich werde euch etwas spenden,leider nicht viel, denn ich bin erst in der Ausbildung.
    War unser Licht gelöscht worden?

    • Walter sagt:

      Auslöschung…
      speist sich die kirchlich-liturgische Sprache nicht aus dem nahezu 1: 1 übernommenen „mosaischen Gesetz“ : Schuld,Sünde,Unwürde,Höllengericht,Sühneopfer,etc.
      Selbst die „Reformation“ konnte/wollte diese „Angsttheologie nicht überwinden.
      Die og. Mattäus-Erzählung in der Hl.(?) Schrift könnte ein evolutionärer Höhepunkt in der Entwicklung des Christentums sein.
      Sie passt(e) aber nicht in das tradierte theokratische Schema, zu dessen Rechtfertigung diesselbe Hl. (?) Schrift dient.

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