Neuer Wein und neue Töne – 2. Sonntag im Jahreskreis C / Familiensonntag

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 2
Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
In jener Zeit
1 fand eine Hochzeit in Kana in Galiläa statt, und die Mutter Jesu war dort.
2 Zur Hochzeit eingeladen waren auch Jesus und seine Jüngerinnen und Jünger.
3 Als der Wein ausgegangen war, sagte die Mutter Jesu zu ihm: „Sie haben keinen Wein!“
4 Jesus aber sagte ihr: „Was haben wir miteinander zu tun, Frau? Meine Zeit ist noch nicht gekommen.“
5 Seine Mutter sagte den Bediensteten: „Was auch immer er euch sagt, das führt aus!“
6 Nun standen dort sechs steinerne Wasserkrüge – entsprechend der jüdischen Reinigungsvorschrift -, die jeweils zwischen 80 und 120 Liter fassten.
7 Jesus sagte ihnen: „Füllt die Wasserkrüge mit Wasser!“ Und sie füllten sie bis oben.
8 Und er sagte ihnen: „Schöpft jetzt etwas davon und bringt es dem Küchenchef!“ Sie brachten es ihm.
9 Als aber der Küchenchef das Wasser, das Wein geworden war, kostete und nicht wusste, woher es war – die Bediensteten aber, die das Wasser geschöpft hatten, die wussten es -, rief der Küchenchef den Bräutigam
10 und sagte zu ihm: „Alle Menschen schenken zuerst den guten Wein aus, und erst dann, wenn die Leute betrunken sind, den schlechteren. Du aber hast den guten Wein bis jetzt aufgehoben!“
11 Dies tat Jesus als Anfang der Wunderzeichen in Kana in Galiläa und zeigte seinen göttlichen Glanz und seine Jüngerinnen und Jünger glaubten an ihn.

Autorin:
_MG_7932-web Birgit DroesserBirgit Droesser, Pastoralreferentin, war tätig in der Gemeindeseelsorge, in der Klinikseelsorge und im Theol. Mentorat Tübingen

 
Die Predigt:
Neuer Wein und neue Töne

Liebe Leserin, lieber Leser,
Jesus rettet eine Hochzeitsfamilie vor der Peinlichkeit, dass ihr der Wein ausgeht. Weil e r es so will, wird eine große Menge Wasser zu köstlichem Wein. Dieses Wunderzeichen erzählt der Johannesevangelist als erstes vom öffentlichen Wirken Jesu. Neuer Wein ist da und das Fest kann weitergehen, dank dem Eingreifen von Jesus. Aber halt, nicht ganz so. Wer als erste gemerkt hat, dass etwas schief läuft, war – wie so oft – eine Frau, die Mutter Jesu. Sie ist es, die Jesus darauf aufmerksam macht, dass der Wein ausgeht. Und Jesus lässt sich bitten. Wir erleben eine schroffe Antwort Jesu, wie es oft in Familien vorkommt, ein unpassender Moment, ein Missverständnis, oder ein tieferer Sinn – vielleicht. Maria aber ist nicht eingeschnappt, nimmt es nicht übel; sie bleibt ruhig und sachlich. Sie kennt ihren Sohn und sie glaubt an ihn. Siehe da, die Geschichte bricht nicht ab, sondern geht weiter: n e u e r W e i n – neue Freude, und am Ende – neuer Glaube.

Da und dort wird heute der Familiensonntag begangen. Und da passt der ungeschönte Blick in die Familie Jesu gut. Wie jedes Jahr gab die Deutsche Bischofskonferenz eine Handreichung zum Thema des heutigen Sonntags heraus: „Was jetzt wichtig ist – Perspektiven nach der Familiensynode“. Ich traute zuerst meinen Augen nicht. Man möge es mir nachsehen, ich hatte erbauliche Sätze und Allgemeinplätze erwartet. Doch was da zu Ehe und Familie geschrieben steht, sind ganz n e u e T ö n e. Die möchte ich Ihnen heute in meiner Kurzfassung weitergeben, denn sie könnten dazu beitragen, dass es auch in unseren Gemeinden weitergeht.

Papst Franziskus hat das letzte Wort, was die Schlussfolgerungen aus der Synode für die Katholische Kirche angeht. Es wird noch in diesem Frühjahr erwartet. Doch Erzbischof Heiner Koch, der Familienbischof, spricht schon jetzt von einer „neuen Dynamik“ und einem „Anstoß zu einem neuen Aufbruch“ in der Kirche Deutschlands. Das weckt Erwartungen. Haben wir nicht bisher gehört, dass für die vielen Menschen, die in einer zweiten Ehe leben, mit einer Zulassung zu den Sakramenten nicht zu rechnen ist? Auf dieses Thema geht die Handreichung mit keinem Wort ein. Was aber nach meiner Ansicht viel wichtiger ist, das ist eine bisher nicht gehörte differenzierte Sprache. Es wird nicht mehr über Ehe und Familie in erhabenen Sätzen gesprochen, sondern die Kirche will sich der Lebenswirklichkeit von Ehen und Familien zuwenden. Das heißt: Abschiednehmen von Patentrezepten und dafür Anstrengungen aufwenden im „Denken, Argumentieren und Handeln“, damit jede verletzende und abwertende Haltung und Rede über Familien, die nicht in allem den kirchlichen Normen entsprechen, vermieden wird. Die Kirche will „das eigene Profil von Ehe hervorheben“, aber sich von jeder Form der Diskriminierung und Abwertung anderer Lebensformen abgrenzen!

Die Handreichung enthält eine Rückschau auf die Familiensynode, ein Interview mit dem Ehepaar Buch, das als erfahrenes Ehepaar zur Synode eingeladen war, theologische Gesichtspunkte und schließlich Anregungen für die Familienseelsorge in den Gemeinden vor Ort. Wie ein roter Faden zieht sich das Grundanliegen durch die Ausführungen, die kirchliche Lehre mit der heutigen Lebenswirklichkeit von Familien in Berührung zu bringen und zwar einladend, sorgend, begleitend, Impulse gebend, wertschätzend. Familien sollen individuell gesehen werden mit ihrem Reichtum und ihren Bedürfnissen, ganz besonders wenn es sich um Notsituationen und Armut handelt. Da will Kirche helfen. Ehen und Familien werden als „Subjekt“ geachtet. Das heißt, Kirche veranstaltet nicht alles Mögliche f ü r Familien, sondern im Austausch m i t Paaren und Familien. Diese sollen bestimmen, was sie brauchen an Anregungen und Unterstützung, damit sie als Familie möglichst gut leben können, und ganz besonders dann, wenn sie sich im Glauben verankern wollen. Familien mit ihrem Auftrag zur Erziehung der Kinder gelten der Kirche als „Schule der Menschlichkeit“, in der Zusammenhalt und Versöhnungsbereitschaft einen hohen Stellenwert hat.

Im theologischen Teil wird – so weit ich das wahrgenommen habe erstmals – gesagt, dass es sich beim katholischen Verständnis von Ehe mit dem Versprechen lebenslanger Treue, gegenseitiger Achtung und Liebe sowie Offenheit für Kinder um ein hoch geschätztes Ideal handelt, dem sich jede gelebte Ehe und Familie individuell und mehr oder weniger annähert. Wie die pilgernde Kirche im Ganzen, so ist auch jede Familie auf ihrem Weg mit allen Höhen und Tiefen, mit Krisen und Hoch-Zeiten. Eltern und Kinder durchleben auf ihre Weise unterschiedliche Entwicklungsphasen; das erfordert von allen die Bereitschaft, einander zu verstehen, tolerant und offen zu sein und immer wieder von Neuem zu vergeben. Viele Hoffnungen erfüllen sich in den Familien eben gerade nicht.

Kirche will begleiten und unterstützen, mit ihrer Ehe-, Familien- und Lebenberatung vorbeugend wirken und in der Verknüpfung von Erstkommunion- und Familienkatechese auf die einzelnen Familien individuell eingehen. Und „niederschwellig“ sollen die Angebote sein, d.h. es soll allen leicht gemacht werden, sie auch wahrzunehmen. – Wie schätzen Sie die Möglichkeiten für eine solche Herangehensweise ein? Was müsste in unseren Gemeinden geschehen, damit diese anspruchsvollen n e u e n Töne auch aufgenommen werden können? Vielleicht haben Sie gute Ideen, was konkret getan werden müsste, für die Ihr Kirchengemeinderat offen und dankbar ist.

Ich muss jetzt doch noch Wasser in den Wein gießen und ehrlich sagen, dass ich nicht allzu große Hoffnung habe, weil der Kontakt zwischen den hauptamtlich Seelsorgenden und den Menschen vor Ort nach meiner Wahrnehmung schon verlorengegangen ist. Wir sehen jetzt an der aktuellen Krise in unserem Land, wie negativ es sich auswirkt, dass schon lange am Personal im öffentlichen Dienst, bei der Polizei, in den Krankenhäusern, in Schulen und Arbeitsagenturen gespart worden ist. Es geht nirgends ohne professionelle Dienste. Deshalb ist es nach meiner Meinung wichtig, dass unsere Kirche auch hier umdenkt und erkennt, dass wir Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten, Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten, Diakoninnen und Diakone, Priester, warum nicht auch verheiratete, am besten auch Priesterinnen, vor Ort brauchen, nicht nur ein Angebot für Familien in der großen Seelsorgeeinheit. Dieses Thema sollten wir immer wieder ansprechen und nicht aufgeben.

Aber die Richtung der neuen Denkweise stimmt. Mit Gottes Hilfe sollten wir daran weiterarbeiten, denn er kann auch heute helfen, wo wir nicht weiter kommen, und unser Wasser in Wein verwandeln.
_______________________________________________________________
Quelle: Familienpastorale Arbeitshilfe zum Familiensonntag 2016: Was jetzt wichtig ist – Perspektiven nach der Familiensynode
hingewiesen sei auch auf folgende Angebote: www.elternbriefe.de, www.neue-gespraeche.de

Dieser Beitrag wurde unter Predigten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten auf Neuer Wein und neue Töne – 2. Sonntag im Jahreskreis C / Familiensonntag

  1. Walter sagt:

    neuer Wein…
    vielleicht erstickt ja „unsere Kirche“ an sich selbst: zuviel Geld- zuwenig Achtsamkeit gegenüber den Fernbleibenden… ?
    Die Hinwendung zur Familie fördert die Hochschätzung der sich so oft überfordernden und deshalb dem (ewig gestrigen) Gemeindegottesdienst entfremdeten Familienmutter.
    Was spricht dagegen, dass diese zB. zum gemeinsamen Sonntagsfrühstück “ das Brot bricht“, wie der HERR es getan hat ?
    So könnten die Familie/Kinder langsam die Mütterlichkeit Gottes kennenlernen… Ganz besonders dann, wenn vielleicht einmal im Monat in einer gemeindlich- eucharistischen Feier die Mütter besonders gesegnet und zum “ Brotbrechen beauftragt “ werden ( Joh.6.30).

    • claus kilian sagt:

      Walter – das hat die Mutter doch schon zu Hause getan und wer eine Familie mit mehreren Kindern hat, der weiß, was in der Zeit vor dem Gottesdienst am Sonntagmorgen in der Familie läuft. Im Gottesdienst ist es der Priester, der das Brot bricht und das mit ganz besonderem Auftrag. Das sollen die Mütter als Zeichen erkennen, wie wichtig die gemeinsame Mahlzeit ist. Und der Vater ist am Tisch genau so gefragt nicht nur zu Hause sondern gerade auch im Gottesdienst. Übrigends: Familienmesse ist für die ganze Familie, für alle drei Generationen. Claus ist Urgroßvater

      • Walter sagt:

        Lieber Claus,
        vielleicht hilft Dir die Kraft der Erinnerung über die desolate Entwicklung „unserer Kirche“ hinweg.
        Was hilft der „besondere Auftrag des Priesters „,wenn er auf dem Pilgerweg 95% seiner Schafe verliert ???

  2. Maria sagt:

    Ich würde zwar Pfarrerin vor Ort sagen. Aber ja, diese Perspektive finde ich gut.
    Gut da dran zu bleiben. Im Denken und Diskutieren. Die vielfältigen Angebote auf allen möglichen Ebenen tragen lediglich dazu bei, dass Religion vergessen wird, noch vor sie voll entdeckt wurde. Diese Angebote haben immer etwas Vorläufiges, etwas „nicht Eigentliches“ an sich, etwas Konstruiertes. Unbefriedigend.
    Irgendwann wird die geistliche und menschliche Autorität von Frauen ganz selbstverständlich anerkannt sein. In unseren Beziehungen tun wir das ja heute schon.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

22 − = 20

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>