Eine wahre und verlässliche Zeugenaussage – 2. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 1
29 In jener Zeit sah Johannes der Täufer Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.
30 Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war.
31 Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, um Israel mit ihm bekanntzumachen.
32 Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb.
33 Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft.
34 Das habe ich gesehen und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes.

Autorin:
5054fa60Marita Rings – Kleer, Gemeindereferentin in der Gemeinde St. Josef, Saarbrücken – Malstatt, Bistum Trier

 
Die Predigt:
Eine wahre und verlässliche Zeugenaussage

Liebe Leserin, lieber Leser,
vor einigen Monaten ging bei uns in der Stadt ein Mordfall durch die Presse. Ein Mann war getötet worden und sein Frau wurde nun verdächtigt, den Mord in Auftrag gegeben zu haben. Bei der Vernehmung der Tochter belastete diese die Mutter so sehr, dass die Polizei sie festnahm. Als es nun vor wenigen Wochen zur Gerichtsverhandlung kam, sollte die Tochter als Zeugin aussagen und diesmal machte sie ganz andere Angaben, so anders, dass sie im Widerspruch zu dem standen, was sie bei der Polizei ausgesagt hatte. Die Mutter wurde dadurch entlastet und der Prozess drohte zu scheitern. Daraufhin klagte der Staatsanwalt die Tochter wegen „uneidlicher Falschaussage“ an. Seine Begründung: Eine Zeugenaussage ist so wichtig, muss so verlässlich sein, dass niemand einfach damit spielen darf.

Und der Staatsanwalt hat Recht: wir müssen uns im Miteinander darauf verlassen können, dass das, was ein Mensch sagt, auch stimmt. Das gilt ganz besonders dann, wenn Wohl und Wehe oder Freiheit und Leben eines Menschen davon abhängen. Aus Ländern, in denen es noch die Todesstrafe gibt, wissen wir, dass dort noch mehr auf die Glaubwürdigkeit von Zeugen Wert gelegt wird und wie wichtig es ist, dass sie die Wahrheit sagen. Die Justiz geht sogar soweit, einem nahen Verwandten ein Zeugnisverweigerungsrecht einzuräumen, wenn seine Zeugenaussage für einen Menschen, der eng mit ihm verbunden ist, negative Folgen haben könnte. Dann lieber gar nichts sagen, als etwas Falsches. Lieber schweigen, als mit der Wahrheit spielen. Das durfte auch die Tochter in unserem hiesigen Mordfall nicht und als sie es trotzdem tat, wurde sie bestraft. Mein Zeugnis, die Tatsache, dass das, was ich sage, auch stimmt, gehört zu den Grundsätzen unseres Miteinander. Wir wissen alle, wie schlimm es ist, wenn wir erleben, dass ein anderer Mensch etwas, das uns betrifft, verdreht und falsch darstellt. Und wenn dieser Mensch sich dadurch dann auch noch einen Vorteil verschafft hat, oder es sich um eine sehr wichtige Sache gehandelt hat, dann zerstört seine Falschaussage vielleicht sogar die ganze Beziehung. Oder, wenn ich eine, für mich wichtige, Frage klären muss und mein Gegenüber die Wahrheit verschleiert, hat das ebenso eine zerstörerische Wirkung. Wie viele Ehen zerbrechen genau daran, dass einer der Partner nicht bei der Wahrheit oder bei der Treue bleibt. Das Zeugnis eines Menschen muss wahr sein und ich muss mich darauf verlassen, muss darauf vertrauen können.

Als Jesus am Jordan von Johannes getauft wird, legt dieser Zeugnis ab: „Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam und auf ihm blieb.“ Und dann nochmal: “Ich bezeuge: er ist der Sohn Gottes.“ Johannes benutzt ganz bewusst dieses Wort „Zeugnis“, denn er weiß – auch damals schon: ein Zeugnis muss wahr sein, es ist mehr als ein einfach nur dahingesagtes Wort, eine lockere Bemerkung. Johannes weiß: das, was ich sage, ist wahr und alle anderen, die es hören oder viele Jahre später lesen, müssen sich darauf verlassen können: was er sagt, stimmt. Jesus ist der Sohn Gottes, mit dieser Aussage, diesem Zeugnis des Johannes, wird Jesus sozusagen beglaubigt und auf den Weg geschickt. Jetzt weiß jeder, dass Jesus nicht irgendwer aus Nazareth ist, nicht irgendein Prophet, nein, er ist der Sohn Gottes. Was das für Jesus selbst und für alle, die ihm bis zum heutigen Tag gefolgt sind und folgen, bedeutet, wird er selbst deutlich machen: in seinen Wundern, in seiner Vergebungsbereitschaft, in seiner Auferstehung und in seiner Geistsendung bis heute hat er sich als Sohn Gottes erwiesen und bewiesen. Er hat sozusagen das Zeugnis des Johannes als wahr bestätigt. Aber eigentlich ist die Macht des Zeugnisses so stark, dass das bloße Wort reicht, um zu unterstreichen: ja, es stimmt, Jesus ist Gottes Sohn.

Wir als moderne Christen wissen, dass es heute leider nicht ausreicht, mit seinem Wort zu bezeugen, dass Jesus Gottes Sohn ist. Es reicht nicht aus, zu sagen, dass er sich in meinem Leben als wirkmächtig erwiesen hat und erweist. Von uns werden oft noch weitere „Beweise“ gefordert, die bestätigen sollen, dass es einen Gott gibt und das dieser Gott seinen Sohn in die Welt gesandt hat. Wir aber können keine Beweise vorlegen, außer wieder mit Worten. Ich kann von Gott erzählen, was er in meinem Leben getan hat und wie er mich geführt hat, beweisen kann ich es nicht. Ich kann von Jesus erzählen, wie seine Botschaft und sein Leben mir Vorbild und Orientierung sind und wie seine Auferstehung mir Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod macht, aber beweisen kann ich es nicht. Ich kann erzählen, dass ich die Kraft seines Geistes spüre, die mich immer wieder ermutigt und durchhalten lässt, die mich tröstet, aber beweisen kann ich es nicht.

Und genau da, wo Beweise fehlen, auch vor unseren weltlichen Gerichten, da genügt das Wort, da genügt die Zeugenaussage, das Zeugnis. Deshalb wird es auch so hoch bewertet und geschützt. Johannes der Täufer wusste auch, dass er nur sein Wort hat, um den Menschen deutlich zu machen: Jesus ist Gottes Sohn! Beweisen konnte auch er es nicht. Aber offensichtlich haben ihm viele Menschen geglaubt. Auf sein Wort hin, sind sie zu Jesus gekommen, auf Jesu Wort hin, sind seine Jüngerinnen und Jünger mit ihm gegangen.
In einem Lied heißt es: Auf dein Wort, Herr, lass uns vertrauen, stärke unseren Glauben. Auch wenn unsere Mitmenschen nur allzu oft Beweise von uns wollen, wir selbst sollten dem Wort Gottes und dem Wort Jesu vertrauen. Wir hören und lesen es immer wieder, verlassen wir uns darauf, dass es wahr ist. Und das nicht nur, weil er von sich sagt, dass er die Wahrheit ist, sondern weil wir sein Wort darauf haben.

Dieser Beitrag wurde unter Predigten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

35 + = 37

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>