Hauptsache, unsere Beziehung zu Gott bleibt lebendig – 29. Sonntag im Jahreskreis C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 18
1 Jesus sagte seinen Jüngern – und Jüngerinnen – durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten:
2 In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm.
3 In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind!
4 Lange wollte er nichts davon wissen. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht;
5 trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.
6 Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der ungerechte Richter sagt.
7 Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern?
8 Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?

Autorin:
Gaby Bungartz 001Gaby Bungartz, Pastoralreferentin in einer Seelsorgeeinheit im Allgäu, Sozialpädagogin, Supervisorin (DGSv)

 
Die Predigt:
Hauptsache, unsere Beziehung zu Gott bleibt lebendig

Liebe Leserin, lieber Leser,
der Satz, den wir eben zum Schluss gehört haben, ist der Schlüssel zum Gleichnis vom Richter und der Witwe. „Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?“ fragt Jesus. Wer glaubt, dass Gott wirklich für die Menschen da ist, der wird sich auch in Notlagen an ihn wenden. Er wird ihn bitten und ihm seine Fragen und Zweifel sagen. Er wird ihn – unter Umständen – anklagen und herausfordern. An Gott glauben heißt: ihm vertrauen, offen sein für das, was er uns – auf welche Weise auch immer – mitteilen will. An Gott glauben heißt auch, in einer lebendigen Beziehung zu ihm stehen.

Wenn Menschen nicht mehr miteinander sprechen, stirbt ihre Beziehung – und genauso ist es mit unserer Gottesbeziehung, mit unserem Glauben. Ich kann einem Menschen sagen: Du bist mir wichtig; ich achte dich; ich liebe dich. Doch wenn ich diesem Menschen im entscheidenden Augenblick nichts zutraue, wenn ich nicht daran glaube, dass ich ihm ebenfalls wichtig bin, dass er meine Sorgen und Nöte teilen will, dann steht die Freundschaft oder Liebe auf wackeligen Füßen.

Viele Menschen, die sich noch Christen nennen, aber eben nicht mehr regelmäßig beten, lehren dennoch ihren Kindern das Beten. „Später soll mein Kind es halten, wie es will; aber jetzt will ich ihm ein Grundvertrauen mit auf den Weg geben und auch ein Gefühl dafür, dass das Gute im Leben keineswegs selbstverständlich ist“. So kann man es oft von Eltern hören. Das Kind lernt auf diese Weise, dass da jemand ist, ein guter Vater, der alles, was ist, in seinen Händen hält. Eines Tages wird das Kind vielleicht nicht mehr beten wollen. „Der liebe Gott hört mich ja gar nicht“, sagt es als Erklärung. Dann müssten die Eltern aus eigener Erfahrung heraus sagen können: „Doch, Gott antwortet, aber nicht mit einer Stimme, sondern auf seine Art, durch liebe Menschen, durch das Schöne, das dir widerfährt, und auch durch das Schwere…“ Kinder spüren, ob eine solche Erwiderung ernst gemeint ist. Unsere Kinder glauben noch nicht aus sich heraus, sie können aber mitglauben. Sie können in den Glauben ihrer Eltern hineinwachsen – wenn dieser Glaube echt und lebendig ist.

Jesus erzählt von der Witwe, die immer wieder zum Richter kommt, um ihr Recht einzuklagen. Das Gleichnis scheint in mancher Hinsicht schief zu sein: Wird da nicht Gott mit einem ungerechten Richter verglichen, der die Frau nur anhört, weil sie ihm lästig fällt? Die Frau bittet doch gar nicht, sie verlangt vielmehr unverblümt, was ihr ihrer Meinung nach zusteht – und wird dabei wohl recht energisch aufgetreten sein. Natürlich will Jesus nicht sagen, dass Gott wie dieser Richter ist – wir können, was er sagt, so übersetzen: „So, wie dieser Richter, reagieren Menschen. Selbst die Unbeugsamsten unter ihnen können durch Hartnäckigkeit besiegt werden. Wie viel eher wird Gott – der nicht hartherzig ist, sondern sich um euch, seine Kinder, sorgt – auf euer Gebet hören“.

Doch Beten ist nicht nur Bitten; wir beten auch, wenn wir singen und Gott danken, wenn wir kritische Fragen äußern; wir beten, wenn wir klagen und schreien und mit Gott hadern. Nur diejenigen stehen in einer lebendigen Beziehung zu Gott, die alles, was sie bewegt, mit ihm teilen. Sie können dabei erfahren, dass der mächtige Gott auch schweigen und sich in die Unbegreiflichkeit zurückziehen kann. Aber selbst das Aufbegehren und Anklagen wird noch getragen von dem unerschütterlichen Glauben, dass wir Menschen Gott nicht gleichgültig sind. Eine „Kultur des Gebetes“ verbindet auch: die Eltern mit ihren Kindern, die Alten und die Jungen, die Würdenträger und die „kleinen Leute“, die Gläubigen aller Hautfarben und Nationalitäten, und schließlich auch die Konfessionen und sogar die Religionen. Denn mit Christen aller Konfessionen, mit Juden und Muslimen und mit allen Menschen, die auf der Suche nach der wahren Lebensquelle sind, können wir Gott anrufen, ihm danken und ihn um Frieden und Gerechtigkeit für unsere Welt bitten. Amen.

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Eine Antwort auf Hauptsache, unsere Beziehung zu Gott bleibt lebendig – 29. Sonntag im Jahreskreis C

  1. Kähny sagt:

    Wie gefährdet sind doch unsere Beziehungen angesichts der „auferlegten Betriebsblindheit „, und wie glücklich, wenn „die Sicht wieder klar wird “
    ( der Menschensohn als Richter: Joh 9,39).
    Fast ausnahmslos wird in den Gratulationskommentaren der Lokalnachrichten zur „Goldenen,Diamantenen,Eisernen,etc. Hochzeit“ die Erinnerung an diese gemeinsame Zeit von dem Jubelpaar als Geschenk bezeichnet. (s. Vers 8 des og.Textes).

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