Gebet der Freundschaft – 17. Sonntag im Jahreskreis C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 11
1 Jesus betete einmal an einem Ort; und als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie schon Johannes seine Jünger beten gelehrt hat.
2 Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, / dein Name werde geheiligt. / Dein Reich komme.
3 Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen.
4 Und erlass uns unsere Sünden; / denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. / Und führe uns nicht in Versuchung.
5 Dann sagte er zu ihnen: Wenn einer von euch einen Freund hat und um Mitternacht zu ihm geht und sagt: Freund, leih mir drei Brote;
6 denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, ist zu mir gekommen, und ich habe ihm nichts anzubieten!,
7 wird dann etwa der Mann drinnen antworten: Lass mich in Ruhe, die Tür ist schon verschlossen und meine Kinder schlafen bei mir; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben?
8 Ich sage euch: Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm seine Bitte erfüllt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht.
9 Darum sage ich euch: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet.
10 Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.
11 Oder ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn eine Schlange gibt, wenn er um einen Fisch bittet,
12 oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet?
13 Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.

Autorin:
Gaby Bungartz 001Gaby Bungartz, Pastoralreferentin in einer Seelsorgeeinheit im Allgäu, Sozialpädagogin, Supervisorin (DGSv)

 
Die Predigt:
Gebet der Freundschaft

Liebe Leserin, lieber Leser,
kein anderes Gebet als das Vaterunser ist uns so vertraut und so selbstverständlich – im Herzen und auf den Lippen. Den Jüngern um Jesus war es hingegen neu. „Herr, lehre uns beten. Jesus, bring uns bei, wie wir uns an Gott in rechter Weise wenden können.“ Und Jesu Antwort: Das Vaterunser. Ein schlichtes, einfaches, aber grundlegendes Gebet. Und ich möchte es neu lesen lernen – vor allem möchte ich es in dem Zusammenhang lesen lernen, in dem es bei Lukas steht. Es bildet im Lukasevangelium das Vorwort zu einem Gleichnis, das überschrieben ist: Das Gleichnis vom bittenden Freund.

Wenn einer oder eine von euch einen Freund oder eine Freundin hat, der um Mitternacht mit einem Anliegen kommt, ihr werdet ihn nicht fortschicken. Und selbst wenn ihr meint : „Lass mich in Ruhe um diese Zeit“, so wird sich ein Freund doch nicht wegschicken lassen, und letztlich werdet ihr ihm geben, was er braucht. – Das ist ein Gleichnis der Freundschaft. Es will uns sagen, dass auch das Vaterunser, unser Gebet, unser Gespräch mit Gott, ein Gespräch der Freundschaft sein darf.

Ich freue mich, dass das Gebet nicht mit einer förmlichen Anrede beginnt wie etwa: „Gott, allmächtiger Vater“ oder „Herr des Himmels und der Erde“. Jesus überbrückt den großen Abstand zwischen ihm und uns, ja, Jesus stellt uns geradezu in eine familiäre Beziehung mit Gott: „Abba, lieber Vater“. Eine vertrauliche, Vertrauen schaffende Anrede soll unser Gebet als erstes sein. Nicht Abstand, sondern Vertrautheit. Und zugleich ist unser erstes Wort an Gott ein Bekenntnis. Nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen mit unseren Bitten, sondern ein Bekenntnis, damit im Gespräch klar ist, mit welcher inneren Haltung wir zu Gott beten.
Deshalb bekennen wir: „Geheiligt werde dein Name“. Denn wir dürfen glauben, dass durch die Beziehung Gott – Mensch die ganze Welt und wir selber heil werden.

Und dann folgt die erste Bitte. Nicht eine, die unsere Alltagssorgen betrifft. Wir sprechen vielmehr die größtmögliche Bitte aus, zu der wir Menschen fähig sind, eine Bitte, in der all unsere Bitten aufgehoben sind; eine Bitte, in der alle Anliegen, die wir je vor Gott bringen können, eingeschlossen sind. Wir beten: „Dein Reich komme“. Diesen Satz sollten wir nicht nur gewohnheitsmäßig beten, weil er eben dazugehört. Er sagt uns vielmehr ganz deutlich, von wem die Initiative für unsere Welt ausgeht.
Das Vaterunser beschränkt sich also in seinen Bitten auf die wichtigsten Grundlagen, die wir Menschen brauchen, um tatsächlich leben zu können. Nicht einfach überleben ist das Ziel, sondern qualitätsvolles, gottgemäßes Leben.

Und dann bitten wir den guten Gott um Brot. Diese Bitte geht an unseren Vater; oft aber gibt er uns diese Bitte zurück. Sorgt ihr dafür, dass jeder Mensch das zum Leben hat, was er braucht für den heutigen Tag, damit der Tag gelingen kann. Und lasst die Sorge um die Zukunft nicht allzu groß werden.
Das Vaterunser sagt uns also: Dieser Tag ist es, der gelebt werden darf. Dieser konkrete Tag wurde uns geschenkt. Das ganze Leben setzt sich zusammen aus Augenblicken, die uns geschenkt sind. Also lass uns auch Sorge tragen für den Augenblick, für diesen Tag. Wir brauchen nicht mehr, als wir jetzt zum Leben brauchen. Das aber, guter Vater, schenke uns.

Und dann folgt im Vaterunser das Wort der Barmherzigkeit, das Wort der Vergebung. Das schließt das Wissen darum ein, dass wir schuldig sind vor Gott und schuldig voreinander.
Damit also dein Reich, Gott, kommen kann, lass uns einander vergeben, so wie du vergibst, dass wir einander nichts schuldig bleiben.

Und dann führe uns durch unseren Tag und bewahre uns vor der Versuchung, dass wir mehr anhäufen wollen, als wir für heute brauchen. Und bewahre uns davor, dass wir dein Reich aus dem Blick verlieren und vergessen, dich zu loben.

In diesem großen Bittgebet, dem Vaterunser, dürfen wir gewiss sein, dass jede noch so kleine Bitte mit eingeschlossen ist.
Auf diesem Hintergrund des Vaterunsers kann Jesus seinen Jüngern sagen: Klopft doch an bei Gott, bittet, und es wird euch gegeben. Und wenn ihr sucht, dann werdet ihr finden. Wenn ein Gott, der euch liebt, die Beziehung zu euch hält, euch begleitet und beschützt, dann sollt ihr diese Rolle auch zwischen euch übernehmen. Ihr sollt liebende und schützende Menschen sein im Namen Gottes, unseres Vaters. Amen.

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Eine Antwort auf Gebet der Freundschaft – 17. Sonntag im Jahreskreis C

  1. Pfr. Jojappa Tulimelli sagt:

    Vielen dank

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