Von der spielerischen Seite Gottes und der Menschen – Dreifaltigkeitssonntag C

Erste Lesung aus dem Buch der Sprichwörter, Kapitel 8
So spricht die Weisheit Gottes:
22 Der Herr hat mich geschaffen im Anfang seiner Wege, / vor seinen Werken in der Urzeit;
23 in frühester Zeit wurde ich gebildet, / am Anfang, beim Ursprung der Erde.
24 Als die Urmeere noch nicht waren, / wurde ich geboren, / als es die Quellen noch nicht gab, die wasserreichen.
25 Ehe die Berge eingesenkt wurden, / vor den Hügeln wurde ich geboren.
26 Noch hatte er die Erde nicht gemacht und die Fluren / und alle Schollen des Festlands.
27 Als er den Himmel baute, war ich dabei, / als er den Erdkreis abmaß über den Wassern,
28 als er droben die Wolken befestigte / und Quellen strömen ließ aus dem Urmeer,
29 als er dem Meer seine Satzung gab / und die Wasser nicht seinen Befehl übertreten durften,
30 als er die Fundamente der Erde abmaß, / da war ich als geliebtes Kind bei ihm. Ich war seine Freude Tag für Tag / und spielte vor ihm allezeit.
31 Ich spielte auf seinem Erdenrund / und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.

Autorin:
C-Bettin-komprimiert-200x300Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach – Süd im Bistum Aachen

 
Die Predigt:
Von der spielerischen Seite Gottes und der Menschen

Liebe Leserin, lieber Leser,
erinnern Sie sich noch daran, wann Sie das letzte Mal gespielt haben?
Was war das für ein Spiel und wie haben Sie sich dabei gefühlt?

Spielen ist im meinen Augen nicht einfach bloß als „Kinderkram“ abzutun oder vorbereitend für das „richtige“ Leben.
Spielen könnte vielmehr etwas sein, das ganz wesentlich zum Menschen dazu gehört. Den Wert des Spielens erkannten schon die Philosophen des Altertums. Viel später wurde es entwicklungspsychologisch reflektiert und auch von der Pädagogik bewusst gemacht.

Es gibt eine nahezu überschaubare Fülle von verschieden Spielen und Spielformen. Strategiespiele. Rollenspiele. Gesellschaftsspiele, Brettspiele, Würfelspiele, Kartenspiele… Kooperative Spiele, also solche bei denen es keine Verliererinnen und Verlierer gibt, bei denen man nur gemeinsam ans Ziel kommt. Spielen kann man allein, zu zweit oder mit mehreren Personen. Im Spiel teste ich meine Fähigkeiten, es kommen Stärken und Schwächen zum Vorscheinen: Merkfähigkeit, Geschicklichkeit, Ausdauer, Konzentration, Kreativität, Strategie, Bluff und Humor, Teamfähigkeit und vieles mehr. Oft ist es ein Wettbewerb und Kräftemessen. Oder es ist Sport, wie bei vielen Ballspielen. Manchmal kann es sogar zum Beruf werden. Spielen ist auch Kultur; Musikinstrumente werden ebenfalls „gespielt“. Und heutzutage kommen die modernen elektronischen Spielzeuge, Spielekonsolen und Computerspiele hinzu, ein wirklich weites Feld.

In der Lesung hören wir heute davon, dass die Weisheit Gottes als geliebtes Kind bei ihm war, als er alles geschaffen hatte. „Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit. Ich spielte auf seinem Erdenrund, und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.“

Ich erinnere mich: Als junge Erwachsene, da habe ich noch regelmäßig gespielt. Wir trafen uns sogar im Freundeskreis zu Spieleabenden. Und auch bei Familienfeiern wurde gespielt. Das waren Brettspiele oder auch Wortspiele, wie die klassischen Montagsmaler oder ähnliches…
Auch als ich später Mutter wurde, habe ich natürlich mit meinen beiden Kindern gespielt: Bewegungsspiele, Singspiele, Fingerspiele, Ballspiele, Kartenspiele. – Mit der Zeit fing es dann aber an abzuebben und heimlich still und leise zu versanden. Es spielten mehr die Kinder unter sich. Die fanden es dann auch irgendwann „doof“ mit Mutti zu spielen. Zwischenzeitlich hörten wir Erwachsenen fast gänzlich auf zu spielen. Manchmal denke ich, ich habe keine Zeit für solche Spielereien. Ich muss sagen, damit droht mein Leben ärmer zu werden. Mit meinen älter gewordenen Eltern spiele ich nach Jahren jetzt wieder häufiger. Sehr beliebt sind dann Kartenspiele und sogar das uralte „Memory“ bereitet uns gemeinsam Freude. Das belebt und festigt unsere Beziehungen untereinander. Es knüpft an längst vergangene Kindertage an, eine alte Vertrautheit ist spürbar und es schenkt uns eine aktuelle Nähe, die wir alle sehr genießen.

Denn ehrlich, ans Spielen habe ich von früher her viele positive Erinnerungen. Beim Spielen ging es mir ganz, ganz oft richtig gut! Alleine oder auch in Gruppen; oft stellte sich so ein „Flow“ ein, eine Zeitvergessenheit und ein „In-sich-versunken-Sein“. Ich weiß nicht ob Sie das nachempfinden können, doch ich habe das geliebt! Mich persönlich oder auch die Gruppe so zu spüren, mich selbst ganz in mir ruhend und eins zu erleben, das war ein Genuss und eine intensiv spürbare Kraftquelle. Davon konnte ich noch tagelang nachher zehren. Dann wollte ich ähnliche Spielsituationen immer wieder herstellen. Wir sind gar nicht müde geworden, immer wieder „Vater-Mutter-Kind“ zu spielen; am Meer wurden Sandburgen „hundertmal“ errichtet und ausgeschmückt; der Wiederholungseffekt war klasse.

Was die Gruppe betraf oder auch die Einzelpersönlichkeiten, mir war intuitiv schnell klar, was Platon philosophisch untermauert: „Beim Spiel kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen, als im Gespräch in einem Jahr“.
Genau so hab ich es erlebt! – Und wir machen in vielen Zusammenhängen unter anderem in der Pfarrgemeinde, im katechetischen Bereich diese Erfahrung. Mit Kindern, Jugendlichen und auch im Pfarrgemeinderat werden Kennenlernspiele und sogenannte „Warm-ups“ dem Arbeiten vorangestellt. Das belebt den Einstieg, fördert Beziehungen, lockt die verschiedensten Fähigkeiten bei jeder und jedem einzelnen hervor und bereichert so die anschließende Runde.

Wenn von Gott in seinem Schöpfungswerk im Buch der Sprichwörter berichtet wird, dass er begleitet war von der spielenden Weisheit, dann denke ich, dass das Spielen vor Urzeiten schon als wichtige Dimension dazugehörte, dass es mit dem Gottesbild untrennbar verwoben ist. Es ist nicht gezeugt und nicht geschaffen, es ist da im Wesen der weiblichen Weisheit.

Die Weisheit Gottes spielte. Das war keine „Spielerei“, sondern stand in Verbindung zum Schöpfungswerk, denn sie war seine Freude Tag für Tag. Sie hat ihn nicht behindert oder abgelenkt und gestört, sondern vielmehr froh gestimmt, bereichert und kreativ beflügelt. So ging es heiter und unbeschwert zu beim Schöpfungswerk. Und das Werk gelang! Denn er sah alles an, was er geschaffen hatte und siehe es war sehr gut. So lesen wir ganz am Anfang der Bibel im Buch Genesis. Etwas zu schaffen ist durchaus Arbeit und anstrengend und doch ist es voller Befriedigung und Freude. Es geht dann „spielend“ von der Hand. – Wenn wir heute sensibel hinschauen in das Schöpfungswerk, können wir genau das noch darin ablesen. Die Freude und Verspieltheit lassen sich in der bunten Fülle, in der verschwenderischen Artenvielfalt, in den ausgefallenen Ideen und der Kreativität und auch in dem Aufeinanderbezogensein im ausgewogenen System erkennen.

Nach Gottes Bild sind wir Menschen geschaffen, so ist das Spielen auch eine grundlegend im Menschen verankerte Gabe oder Neigung. Es gehört zutiefst und unauslöschlich zum Menschsein dazu. Manchmal leider wird es verschüttet oder überlagert. „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder“, meint das vielleicht auch das Zurückkehren zum Spielen?

Die Weisheit spielte vor ihm heißt auch, dass Arbeiten und Spielen sich ergänzende, bereichernde Facetten eines Tun und eines Wesens sind, von Anfang an! Das eine geht nicht ohne das andere. Es ist nur in der Ergänzung möglich. Sie sind zueinander gehörend auf´s engste verbunden. Damit kommen wir abschließend auch dem Inhalt des heutigen Kirchenfestes näher: Drei-faltigkeit. Vater, Sohn und Heiliger Geist. Gott ist vom Wesen her kein Einsamer, kein Alleinherrscher, nicht „einsam und allein“ an der Spitze, sondern gemeinsam, in Gemeinschaft, in Beziehung! Er lebt und wirkt in Beziehung. Die Vater-Sohn-Beziehung ist uns auch ohne Erklärungen schnell eingängig. Die Beziehung in der Dreifaltigkeit wirkt abstrakter, doch sie will keine blutleere, leblose Theologie sein oder ein reines Denkgebäude bzw. festgeschriebenes Dogma, sie will vielmehr die Lebendigkeit, die Freude, die Dynamik einfangen! Gott ist als solches nicht dingfest zu machen, nicht eindeutig festlegbar auf einen unserer Erklärungsversuche. Er bleibt der überraschend Andere und übersteigt unsere menschlichen Vorstellungen. Gott ist kein Rätsel, für das es eine eindeutig errechenbare Lösung gäbe. Vom Wesen her ist Gott Mysterium, Geheimnis.

Wenn ich mich so der alttestamentlichen Lesung des heutigen Sonntags nähere, bekommen die sonst so schwer verdaulichen Aussagen der Lehre vom Gottesbild eine Leichtigkeit und Nähe zu mir persönlich. Für meine weibliche, spielerische Seite erfahre ich eine deutliche Aufwertung und Wertschätzung. Es bestärkt mich, dass schon im Gottesbild besondere Prioritäten und Maßstäbe gelten: nicht nur sachliches, kognitives, leistungsstarkes Tun allein ist wichtig, sondern genauso kreatives Spiel, Emotionalität und Freude. Keine Seite im Gottesbild wird ausgeblendet und auch in uns haben all die bunten, sich ergänzenden Facetten ihre Berechtigung. Wir sind eingeladen, die vielleicht verschütteten Anteile in uns, von Gott her neu beleben zu lassen.

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3 Antworten auf Von der spielerischen Seite Gottes und der Menschen – Dreifaltigkeitssonntag C

  1. Kähny sagt:

    Gottesbild-Menschenbild:

    Verführt die Suche nach dem göttlichen Mysterium zur “ Kuscheltheologie „, zum „Ausblenden der Furcht vor Gott “ – dem Bösen aus Gott ? :

    wie bereits in der Antike ,so auch im AT rezipiert: Gott gibt und nimmt (Hiob),Gott schlägt und verbindet (Hosea),etc. und weiter im (NT) 1 Joh.3: :“…alles was ist, ist durch das Wort…!“.

    So verliert auch eine Frauentheologie, die das gottgewollte Leid ausklammert, mit der Zeit ihre Daseinsberechtigung.

  2. lydia sagt:

    zu Kähny: Wieso die Freude über die spielerische Seite Gottes die Furcht ausblendet verstehe ich nicht.
    Allerdings gilt: Furcht ist nicht in der Liebe. Ich glaube Augustinus hat das gesagt.
    Heute am Dreifaltigkeitssonntag finde ich es schön, wenn wir uns die vielfältigen Seiten Gottes bewußt machen und nicht einfältig nur eine Dimension betonen.
    Zur Predigt selber: Schöne und wichtige Gedanken, die mir trotz des miesen Wetters ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert haben. und ein Aphorismus von Nikolaus Cybinski ist mir dazu eingefallen: „Der Mensch ist nur frei, wenn er spielt. Leider spielt er nur, wenn er frei ist.“

  3. W sagt:

    Zu Kähny,
    Ihr letzter Satz zeigt mir, wie gut es ist, dass wir an die Dreifaltigkeit glauben.Unser menschliches Denken ist einfach beschränkt. Wir können nicht gleichzeitig Gott als den Unergründlichen mit seinen dunklen Seiten und Gott mit seinen hellen, spielerischen Schöpfungswerken verbinden. Wir werden von der Seite Gottes angezogen, die uns in der jeweiligen Lebenssituation gut tut. Darum ist es einfach menschlich, sich einmal mit dem Gott Hiobs zu befassen und einmal mit seiner spielerischen Weisheit. Ist es nicht erstaunlich, dass die Weisheit Gottes spielt und nicht grübelt?
    Mir hat diese Predigt sehr gut gefallen, weil wir das richtige Spielen in der Selbstvergessenheit, die in eine tiefe Gotteserfahrung führen kann, fast verlernt haben. Danke!

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