Gottvertrauen statt Angst – 7. Sonntag der Osterzeit A

Der Antwortpsalm nach der ersten Lesung: 27
Kehrvers: Ich schaue Gottes Güte im Land der Lebenden
1 Der Herr ist mein Licht und mein Heil: / Vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Zuflucht meines Lebens: /
Vor wem sollte mir bangen?
4 Nur eines habe ich vom Herrn erfragt, dieses erbitte ich: / Im Haus des Herrn zu wohnen / alle Tage meines Lebens, die Freundlichkeit des Herrn zu schauen / und nachzusinnen in seinem Tempel.
7 Höre, Herr, meine Stimme, wenn ich rufe; / sei mir gnädig und gib mir Antwort!
8 Mein Herz denkt an dich: «Suchet mein Angesicht!» / Dein Angesicht, Herr, will ich suchen.

Kapelle (4)
Autorin:
Sigrid Haas, Diplomtheologin in Mannheim

 
Die Predigt:
Gottvertrauen statt Angst

Liebe Leserin, lieber Leser,
der Psalm beginnt mit einem beeindruckenden Glaubensbekenntnis. Gott ist mein Licht und mein Heil: Vor wem sollte ich mich fürchten? Gott ist die Zuflucht meines Lebens: Vor wem sollte mir bangen? Wir wünschen uns wohl alle ein solch unerschütterliches Vertrauen in Gott. Denn wenn es darauf ankommt, befallen uns nicht selten doch wieder Zweifel und Angst…! Und das, obwohl wir wahrscheinlich alle schon die Erfahrung gemacht haben, dass unser Vertrauen belohnt wurde. Die Hilfe oder das Licht kam, wenngleich auch schon mal im allerletzten Moment…

Angst – ein menschliches Grundgefühl
Vor wem oder was fürchten Sie sich? Möglicherweise haben Sie Angst vor Krankheit und Krieg, dem Verlust geliebter Menschen oder dem Tod? Vielleicht auch vor Konflikten und Veränderungen oder davor, Ihre wahren Gefühle zu zeigen? Es gibt unzählige Gründe, in Angst zu geraten.

Doch wie oft ist das Befürchtete wirklich eingetreten? In den allermeisten Fällen wohl nicht. Allerdings – je mehr Angst wir haben, desto wahrscheinlicher geschieht tatsächlich das, was uns Angst macht. Ja, wir ziehen es geradezu magisch an…! Das haben Sie wahrscheinlich schon erlebt.

Im Alten Testament kommt Angst bzw. Furcht oft vor, denn es ist ein Grundgefühl. Im Neuen Testament ist es ebenfalls häufig. Jesus wusste um unsere Angst. Viele Male sagte er deswegen „Fürchte dich nicht“ bzw. „Fürchtet euch nicht!“

Im Hebräischen wird nicht unterschieden zwischen Angst, Furcht und Ehrfurcht. Diesem Bedeutungsfeld werden über 30 Wortstämme zugeordnet. Die Bandbreite reicht von „sich fürchten“ bis „vor jemandem Ehrfurcht haben“ und ergibt sich erst aus dem Kontext. Mit der Angst wird außerdem das Gefühl des Eingeengt-Seins bzw. der Enge verbunden.

Auch im Deutschen werden Furcht und Angst oft gleichgesetzt, nicht jedoch die Ehrfurcht. Wobei es medizinisch gesehen zwischen Angst und Furcht körperlich, gedanklich und hirnphysiologisch deutliche Unterschiede gibt. Die Angst ist eher eine dauerhafte körperliche Anspannung und Wachsamkeit, die der Erwartung vermeintlicher Gefahren entspringt und dementsprechende Gedanken auslöst. Je länger dieser Zustand jedoch anhält, desto ernster sind die gesundheitlichen Folgen.

Dagegen bezieht sich die Furcht meistens auf eine akute oder drohende reale Gefahr. Sie löst zwar starke körperliche Reaktionen aus, verschwindet aber normalerweise bald wieder. Deshalb kann sich unser Körper meistens schnell davon erholen.

Angst und Manipulation
Wenn wir Angst haben, vor was auch immer, sind wir manipulierbar. Was machen Menschen nicht alles aus Angst, sogar wenn ihnen der gesunde Menschenverstand sagt, sie sollen es nicht tun…! Angst lähmt das klare Denken. Und je mehr wir uns ausmalen, was alles passieren könnte, desto beeinflussbarer werden wir, wenn jemand uns vermeintliche Sicherheit und Schutz anbietet. „Licht“ und „Heil“ versprechen viele. Doch nicht selten ist es ein Irrlicht und die angebliche Hilfe entpuppt sich als leeres Versprechen, Betrug oder im schlimmsten Fall sogar als Gefahr.

Und die Bedrohungen nehmen seit Jahren beständig zu: Arbeitslosigkeit, Inflation, Umweltzerstörung, Klimaveränderungen, gesellschaftliche Spannungen, Gewalt, Terrorismus, Kriege, Flüchtlingsströme, Armut, Ausbeutung, Korruption, Giftstoffe, elektromagnetische Strahlung, gefährliche Experimente mit Gentechnik und künstlicher Intelligenz etc. All das löst mehr oder weniger Angst aus, je nach unserer persönlichen Lebenssituation und dem Grad unseres Gottvertrauens.

Der Verfasser des Psalms jedenfalls hat trotz aller Bedrohungen nicht nach anderen „Lichtquellen“ gesucht. Sein Vertrauen in Gott war unerschütterlich, hatte er doch in der Vergangenheit bereits die Erfahrung gemacht, dass Gott da ist und hilft.

Gottvertrauen statt Angst
Die vertrauensvolle Beziehung zu Gott kann von Angst und Furcht befreien. Der Zuspruch „Fürchte dich nicht!“ ist zugleich Ermutigung als auch Anspruch, eben auch mutig und tapfer zu sein, egal wie schwer oder bedrohlich die Situation gerade ist.

Das „Fürchte dich nicht“ ist jedoch gewissermaßen auch ein Befehl, vor Gott Ehrfurcht zu haben. Diese wird aber eher als Erkenntnis bzw. Weisheit verstanden. Indem wir das Böse meiden und nach den Geboten leben, ehren wir Gott. Bei Verstößen kann uns allerdings auch Bestrafung drohen – das ist die andere Seite. Wobei wir oft selbst verantwortlich sind für die Strafe. Wenn wir beispielsweise untreu sind, gibt es Ehekrach oder gar eine Trennung, wenn wir einen ungesunden Lebensstil haben, sind Krankheiten die Folge.

Ereilt uns jedoch trotz gottgefälligem Leben ein schweres Schicksal wie etwa Hiob, dann ist sehr großes Gottvertrauen gefordert. Wenn wir in solch einer scheinbar ausweglosen Situation sind, haben wir die Wahl zwischen Verzweiflung oder Vertrauen. Doch wenn wir Gott treu sind, wie könnte Gott dann nicht auch uns treu sein…? Der Beter oder die Beterin des Psalms ist sich sicher: Selbst wenn Mutter und Vater ihn verlassen würden, Gott würde ihn niemals verlassen. (Vers 10).

Einige indigene Völker in abgeschiedenen Gebieten leben bis heute in Harmonie mit dem göttlichen Wesen, das die ganze Schöpfung aus Liebe erschaffen hat. Und sie vertrauen darauf, dass ihnen durch Mutter Erde jeden Tag alles gegeben wird, was sie zum leben brauchen, selbst in klimatisch herausfordernden Gegenden wie Alaska oder der Wüste. Seit einigen Jahren kommen Angehörige dieser alten Kulturen in die westliche Welt, um uns zu helfen, wieder in Verbundenheit und Vertrauen sowohl in Bezug auf Gott als auch untereinander und mit der Erde zu leben.

Wenn Sie das nächste Mal in Angst geraten, erinnern Sie sich einmal an eine Situation, in der Ihr Vertrauen auf Gott sich bewährt hat. Denn wenn wir uns auch in schwierigen Situationen für das Vertrauen in Gott entscheiden, dann können Wunder geschehen…! Amen.

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