Nichts brauchen wir so sehr wie dich, Gottes heilende Kraft – Hochfest von Pfingsten

Die Pfingstsequenz, verfasst um das Jahr 1200
Komm herab, o heilige Geistkraft,
die die finstre Nacht zerreißt,
strahle Licht in diese Welt.

Komm, die alle Armen liebt,
komm, die gute Gaben gibt,
komm, die jedes Herz erhellt.

Höchste Trösterin in der Zeit,
Gast, der Herz und Sinn erfreut,
köstlich Labsal in der Not.

In der Unrast schenkst du Ruh,
hauchst in Hitze Kühlung zu,
spendest Trost in Leid und Tod.

Ohne dein lebendig Wehn
kann im Menschen nichts bestehn,
kann nichts heil sein noch gesund.

Was befleckt ist, wasche rein,
Dürrem gieße Leben ein,
heile du, wo Krankheit quält.

Wärme du, was kalt und hart
löse, was in sich erstarrt,
lenke, was den Weg verfehlt.

Gib dem Volk, das dir vertraut,
das auf deine Hilfe baut,
deine Gaben zum Geleit.

Lass es in der Zeit bestehn,
deines Heils Vollendung sehn
und der Freuden Ewigkeit.
Amen. Halleluja

Autorin:
Birgit 2022 001 (4)Birgit Droesser, Pastoralreferentin a.D. der Diözese Rottenburg-Stuttgart, jetzt ehrenamtlich tätig in St. Bruno, Würzburg

 
Die Predigt:
Nichts brauchen wir so sehr wie dich, Gottes heilende Kraft

Liebe Leserin, lieber Leser,
den Abschiedsreden Jesu an den Sonntagen der Osterzeit muss ich jetzt eine weitere hinzufügen: Auch wir sagen Adieu nach 12 Jahren Frauenpredigten in diesem Blog. Wer erführe es nicht täglich, alles hat seine Zeit und alles geht einmal zu Ende? In diesem, unserem Fall gibt es mehrere Gründe. Für mich persönlich als Initiatorin sind es das Älterwerden und gesundheitliche Probleme. Der Kreis der Predigerinnen ist in letzter Zeit kleiner geworden. Und die Kommentare unserer Leserinnen und Leser blieben fast ganz aus, was uns schon irritiert hat. Wir wissen eigentlich nicht, woran wir sind. Denn 409tausenmal wurde eine Seite dieses Blogs in den letzten 12 Jahren aufgerufen, täglich sind es bis heute zwischen 50 und 250 Aufrufe (wobei jeder Klick bei der Suche nach einer bestimmten Seite gezählt wird). Ab und zu hat sich jemand gemeldet, um zu fragen, ob die Texte frei verwendet werden dürfen. Ja, sie dürfen! – und zwar auch weiterhin, denn der Blog bleibt im Netz zugänglich.

Einigen von uns Autorinnen fällt es richtig schwer aufzuhören, weil sie auf der einen Seite keine Herausforderung mehr, und auf der anderen Seite keine Gelegenheit mehr haben, sich dem Wort Gottes so zu stellen, dass es zur eigenen Verkündigung wird. Noch im März, während der letzten Sitzung des Synodalen Weges, dachte ich: gut, jetzt kommt wenigstens die Genehmigung der Laienpredigt auch in der Eucharistiefeier und damit ist das Hauptanliegen dieses Predigtblogs eigentlich erfüllt. Jedoch: wieder einmal falsch gedacht. Auch dieser Türspalt, der Frauen in der Liturgie hätte sichtbar und hörbar machen können, wurde vom Vatikan wieder zugeknallt. Die Situation der Kirche in Westeuropa interessiert die vatikanischen Amtsträger anscheinend nicht wirklich, ebenso wenig die Lebenswege verheirateter Priester und der Frauen, die ihre Berufung zum Diakonat und zum priesterlichen Dienst spüren, prüfen, viel dafür investieren und nicht leben können, weil sie schlichtweg ignoriert werden. Es ist bisher immer wieder das Gleiche: Es geht um das Profil der katholischen Kirche als Institution, sei es in Rom oder in vielen Ortskirchen. Das Lebensglück von Menschen spielt da keine Rolle. Kalt, hart, in sich erstarrt , so nehmen wir die Amtskirche wahr. Ein bitteres Fazit gewiss.

Doch es wäre sehr unrecht, die andere Seite nicht zu würdigen: Ich denke an das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken mit ihrer Vorsitzenden Irme Stetter-Karp, die nach wie vor kämpferisch ist und ihre gut begründete Forderung nach voller Gleichberechtigung der Frauen nicht zurückschraubt, sondern immer wieder vehement formuliert. Und ich denke auch an den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, dessen Leistung meiner Ansicht nach viel zu wenig gewürdigt wird. Er ist der richtige Mann zur richtigen Zeit. Er wurde in den Vatican News am 22.5. wie folgt zitiert:

    „Ich wünsche mir, dass alle Dienste und Ämter in naher oder nicht allzu ferner Zukunft für Frauen offen stehen.“ Er trage „mit persönlicher Überzeugung das Votum des Synodalen Weges mit, den Diakonat für Frauen intensiv nach vorne zu bringen und bei der Frage einer möglichen Zulassung der Frauen zum Priesteramt weltkirchlich die Türen nicht zu schließen, sondern die theologischen Argumente gründlich zu wägen, die dafür sprechen.“

Wenn man weiß, wie hart die Fronten auch in der deutschen Bischofskonferenz verlaufen, können wir nur flehentlich um die heilende Kraft des göttlichen Geistes bitten.

Nichts brauchen wir so dringend wie dich, Gottes heilende Kraft.
Auch ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass wir auf das falsche Pferd setzen, wenn wir nur auf Rom schauen. Die Erneuerung der Kirche geschieht doch längst im Kleinen vor Ort, wo sich Menschen zusammenfinden, die sich für ihre Gemeinde einbringen, Dienste übernehmen, Gottesdienste halten, predigen, Bibelgespräche führen, sich um die Kindergottesdienste kümmern usw. Menschen engagieren sich bei San´ Egidio, kümmern sich bei ACAT um Inhaftierte und Gefolterte weltweit… Allerdings, wie gesagt, im Kleinen. Aber das ist doch unsere Chance. Wo man spürt, dass Gottes heilende Geistkraft wirkt, kommt die eine zum anderen, entsteht eine besondere Gemeinschaft. Aber es bleibt mühsam. Die Erstkommunionkinder würden wir gerne in die Gemeinde hereinholen. Doch sie werden auch weiterhin am Sonntag danach nicht mehr zu sehen sein, – einzelne ausgenommen, über die wir uns freuen, – weil sie Spannenderes und anscheinend Schöneres vorhaben; es sei ihnen gegönnt. Trotzdem lohnt es sich, wenn sie und ihre Eltern mit der Erstkommunion ein Fest hatten, vielleicht sogar eine gute Erfahrung machen konnten.

Alles wird vielgestaltiger und individueller. Und wenn dann irgendwann die vatikanischen Behörden so weit sind, dass sie den getauften und geisterfüllten Christen ihre Rechte zugestehen, wird man darüber lächeln, wie kürzlich bei der offiziellen Erlaubnis des Lektorats für Frauen nach vielen Jahrzehnten geübter Praxis.

Wärme du, was kalt und hart, löse, was in sich erstarrt, heile du, wo Krankheit quält.
Mit so vielen anderen vertraue ich auf Gottes heilende Geistkraft. Von Kraft ist die Rede, von Macht und Dynamik. In der Geschichte der Apostel und Apostelinnen lesen wir z.B. in Kapitel 8 wie Petrus und Johannes in Samarien wirken. Jüdische Gläubige hatten das Wort vom Messias angenommen und es heißt dann: sie waren nur getauft auf den Namen Jesu, des Herrn. Dann legten die Apostel ihnen die Hände auf und sie empfingen den Heiligen Geist. Das muss man offensichtlich gemerkt und gespürt haben. Von den Aposteln wird ja erzählt, dass sie gleich nach dem Pfingstfest Menschen heilen konnten, wie immer wir das heute verstehen wollen. Es geht um diese göttliche Kraft, die in Menschen und damit in der Kirche wirkt, und der wir oft viel zu wenig zutrauen. Gottes Geistkraft ist Dynamik, die heilen k a n n – auch die Wunden unserer Kirche. Die göttliche Kraft macht uns froh, schenkt Zuversicht und Mut, unseren eigenen Weg mit Jesus Christus zu gehen, innerhalb und außerhalb der verfassten Kirche.

Jetzt bleibt mir mit dem Adieu – mit Gott – nur DANKE zu sagen: an erster Stelle den Autorinnen dieses Blogs. Ich weiß von vielen, wie sehr sie sich im kirchlichen Dienst verausgaben. DANKE für eure schönen, tröstenden und mutmachenden Predigten! DANKE für den Schatz, den wir und die Öffentlichkeit mit diesem Predigtblog haben!
DANKE Ihnen, liebe Leserinnen und Leser für Ihre Treue, DANKE für jeden anregenden Kommentar. Bleiben sie voll Vertrauen und und von Gottes Geistkraft gestärkt und behütet!

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