Gebt Gott, was Gott gehört – 29. Sonntag im Jahreskreis A / Weltmissionssonntag

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 22
15 In jener Zeit kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen.
16 Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; denn du siehst nicht auf die Person.
17 Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?
18 Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle?
19 Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar hin.
20 Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das?
21 Sie antworteten: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
22 Als sie das hörten, waren sie sehr überrascht, wandten sich um und gingen weg.

Autorin:
Susanne-WalterSusanne Walter, Gemeindereferentin in Filderstadt, verheiratet, vier Kinder

 
Die Predigt:
Gebt Gott was Gott gehört

Liebe Leserin, lieber Leser,
als 2002 in vielen Ländern Europas der Euro als neues Zahlungsmittel eingeführt wurde, haben viele Menschen begonnen, die Münzen der verschiedenen Länder zu sammeln. Ich gehörte auch dazu. Zahlreiche Gebäude, Symbole, aber auch historische und noch lebende Persönlichkeiten sind darauf abgebildet. Diese Münzen wecken Erinnerungen an Urlaub und eine Sehnsucht nach anderen Ländern. Viele Geschichten könnte man dazu erzählen. Sie sind mehr wert als ihr Geldwert.

Geld ist in fast allen Ländern unserer Erde Zahlungsmittel. Es ermöglicht uns, Waren zu kaufen, unseren Lebensstandard zu erhalten, uns und andere zu versorgen. Es gibt uns das Gefühl von Wohlstand und Sicherheit. Soziale Projekte können unterstützt werden. Die Solidargemeinschaft in unserem Staat funktioniert auch in erster Linie mit dem Geld, das über die Steuern einzogen und ausbezahlt wird. Aber Geld kann auch gierig machen und Neid wecken, süchtig machen nach immer mehr Geld oder der Gewinnmaximierung, wie es in der Wirtschaft heißt. Wegen Geld wurden schon so manche Kriege geführt. Es unterstützt unfaire Geschäfte, Waffenverkäufe, Ausbeutung und so mache Tyrannei. Nicht umsonst gibt es den Begriff des „Blutgeldes“. Geld kann ganz schön schmutzig sein. Ist Geld wirklich schmutzig oder wird es nicht schmutzig durch die Menschen, die es benutzen? Vielleicht hat deshalb Papst Franziskus 2017 erklärt, dass er sein Gesicht nicht mehr auf einer Vatikanmünze sehen will. Seither wird nur noch das päpstliche Wappen abgedruckt.

Im Evangelium heute geht es auch um Geld und Steuern. Die Menschen in Israel waren damals längst nicht mehr selbständig, sondern Teil einer römischen Provinz und mussten eine sogenannte Kopfsteuer an den römischen Staat bezahlen. Diese Währung war der Denar. Er war das gültige Zahlungsmittel im ganzen damaligen römischen Reich, das sich über fast den ganzen Mittelmeerraum erstreckte, ähnlich wie unser Euro. Auf einem Silberdenar war auf der einen Seite das Bild des damaligen Kaisers Tiberius mit der Inschrift: „Kaiser Tiberius Sohn des göttlichen Augustus“ abgebildet. Auf der Rückseite stand ein weiterer Titel: „Höchster Brückenbauer (Pontifex Maximus) und Priester“. Für viele Menschen in damaligen Israel war das Thema der Steuer nicht nur das Thema der Besetzung durch die Römer, sondern dahinter stand auch ein Glaubensproblem: Ein Mensch, ein Kaiser kann nicht Gott sein. Gott ist Jahwe, der Gott der Väter und Mütter Israels. Deshalb gab es im Tempel auch die Geldwechsler, damit die Opfergaben für Gott nicht mit Geld bezahlt werden mussten, auf dem der Kaiser abgebildet war.

Einen Menschen als Gott zu bezeichnen war für gläubige Juden Blasphemie, Gotteslästerung. Und doch mussten die Menschen die Steuern bezahlen. Einige Pharisäer, also gläubige jüdische Menschen, und Anhänger des Herodes, also Unterstützer des Kaisers, gehen zu Jesus und stellen ihm eine Frage zu der Steuerzahlung. Vordergründig geht es um das Geld, im Hinterkopf aber haben sie etwas ganz Anderes. Es ist eine Falle. Sie ist so geschickt gestellt, dass Jesus eigentlich nur hineintappen kann – denken sie. Lehnt Jesus es ab, Steuern zu bezahlen, kann man ihn als politischen Aufwiegler anklagen. Stimmt er der Steuerzahlung zu, bringt er alle gläubigen und frommen Juden gegen sich auf – ein wirklich listiges Vorgehen dieser beiden Gruppen. Doch Jesus tappt nicht in die Falle. Er stellt eine Gegenfrage und lässt sich eine Münze zeigen. Er nimmt sie nicht selbst in die Hand. Und prompt tappen die Pharisäer und Herodianer in ihre eigene Falle. Sie zeigen eine Münze und geben damit selbst eine Antwort auf ihre Frage. Wer solche Münzen bei sich hat, unterstützt bereits den Kaiser und bezahlt Steuern an ihn. Folgerichtig kann Jesus auch zu ihnen sagen: Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört! Für Jesus ist das Gespräch aber noch nicht beendet. Er schiebt einen Satz nach, der weit bedeutender ist, als alles andere zuvor: Gebt Gott, was Gott gehört!

Diese Aufforderung ist nicht so einfach einzulösen. Was gehört den Gott? Münzen kann man ihm keine geben. Er ist nicht sichtbar in der Welt. Was ist dann damit gemeint? Aus unserem Sprachgebrauch kennen wir den Ausdruck: „Dieser Mensch ist Gold wert“ – oder: „Du bist ein Goldschatz“. Überlegen Sie doch einmal, welche Menschen Ihnen Gold wert sind – welche Menschen Ihr Leben wertvoll machen – wer die „Goldstücke“ Ihres Lebens sind – wer Ihr Leben im positiven Sinn geprägt hat? Solch eine Aussage drückt immer eine große Wertschätzung aus. Sie tut gut, sie tut uns besonders gut, wenn es uns nicht gut geht, wenn der Alltag zu hektisch ist, wenn die Arbeit nicht läuft, wenn wir krank, anfällig sind, wenn es kriselt. Wenn wir es ernst nehmen, dass wir Ebenbilder Gottes sind, wie es im Schöpfungsbericht uns zugesagt ist, dann begegnet uns in diesen Menschen Gott. Dann begegnet uns in jedem Menschen Gott. Paulus drückt es im ersten Thessalonicherbrief so aus: Ihr seid von Gott erwählt.(1,4) Wenn das nicht Gold wert ist?

Am heutigen Sonntag feiern wir in der katholischen Kirche den Sonntag der Weltmission. Dazu ein paar Gedanken: Jahrhundertelang war mit der Missionierung von Menschen gleichzeitig ihre Ausbeutung, Unterdrückung und Unterwerfung verbunden. Ihr kulturelles und soziales Erbe wurde oft unwiederbringlich zerstört. Heute ist dies zum Glück überwunden. Es geht nicht darum, unsere Konzepte und Vorstellungen in den zu missionierenden Ländern umzusetzen, sondern den ganzen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und fragen: Sag mir, was ich dir tun soll, wie es die Missionswissenschaftlerin Dr. Hadwig Müller einmal formuliert hat.

Im Focus der diesjährigen Aktion stehen die Menschen aus Burkina Faso. Sie haben ihrem Land den Namen „Land der aufrechten Menschen“ gegeben. Sie sind stolz auf ihre friedliche Revolution und ihre politische Tradition, auf das gute Miteinander von Christen und Muslimen, auf die ethnische Vielfalt. Menschen zu unterstützen, als aufrechte Menschen durchs Leben zu gehen, als von Gott und Menschen geliebte Menschen, das kann Mission heißen. Das kann Gott geben, was Gott gehört bedeuten. Nicht nur in Burkina Faso, überall auf der Welt.
 
Nehmen Sie die Goldstücke ihres Lebens mit in den Alltag. Tragen sie sie wie einen Schatz in der Tasche ihres Herzens, denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. (Matthäusevangelium, Kapitel 6,21)

Dieser Beitrag wurde unter Predigten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

83 − 75 =

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>