Annäherungen an das Geheimnis Gottes – Dreifaltigkeitssonntag B

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 28
16 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.
17 Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel.
18 Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.
19 Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
20 und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

Autorin:
Walburga_2009
Walburga Rüttenauer – Rest,
Bensberg, verheiratet, drei Kinder
Grundschullehrerin, nach der Pensionierung Ausbildungskurs zum
Diakonat der Frau, diakonische und liturgische Aufgaben in der Pfarreigemeinde, Geistliche Begleiterin der KFD im Dekanat Bergisch Gladbach

 
Die Predigt:
Annäherungen an das Geheimnis Gottes

Liebe Leserin, lieber Leser,
Im Evangelium des heutigen Sonntags gibt Jesus den Jüngern und Jüngerinnen den Missionsauftrag:
Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Dieser Satz hinterlässt den Eindruck, als ob wir auf die Namen dreier Personen getauft wären: Auf den Vater und auf den Sohn und auf den Heiligen Geist. Da ist es nicht erstaunlich, wenn das Judentum wie der Islam uns Christen vorwirft, wir glaubten an drei Götter.

Um die Auflösung dieses rätselhaften Satzes zum Taufauftrag Jesu an seine Jüngerinnen und Jünger haben sich viele Theologen erfolglos bemüht.
Im letzten Jahr hatte ich eine musikalische Einheit in der Verschiedenheit, den Dreiklang, herangezogen, um etwas von dieser geheimnisvollen Einheit in drei Personen erfahrbar zu machen.

In diesem Jahr habe ich ein Bild aus der Malerei ausgesucht, wo die Einheit in drei Verschiedenheiten sehr eindrucksvoll aufleuchtet.
In der darstellenden Kunst gab es zu diesem Thema viele Versuche, wovon einige dem Geheimnis sehr nahe gekommen sind.
Eine besonders tiefsinnige Darstellung finden wir in der Dorfkirche von Urschalling im Chiemgau als Fresko im Gewölbe, gegen Ende des 14. Jahrhunderts gemalt.
Uns Menschen fällt es schwer, uns Gott in seiner Fülle vorzustellen.
Indem Gott in Jesus Christus Menschennatur annahm, hat er sich dem beschränkten menschlichen Verstand ausgeliefert.
Nur so können wir verstehen, warum Jesus Christus im Taufauftrag: tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes uns auf drei Namen Gottes einschwor.

Mit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus hat Gott es in Kauf genommen, dass das Geheimnis seines Wesens missverstanden oder nur sehr vage erfasst wird.
In der Kunst wie in der Musik gelingt es manchmal, sehr nahe der göttlichen Wirklichkeit zu sein.
Doch das Medium der Sprache kann diese Mitteilungen verzerren. So ist es wichtig, sich auf das Bild einzulassen und seine eigenen Deutungsmöglichkeiten zuzulassen.
Meine Deutungsversuche sind dabei genau so ungenügend wie der Versuch eines kleinen Jungen, das Meer mit einer Muschel in sein selbst gegrabenes Loch zu schöpfen, wie es in einer Legende des heiligen Augustinus heißt.

Doch schauen wir uns jetzt das Bild genauer an:
Zwischen der Darstellung des Vaters(rechts) und der Darstellung des Sohnes (links) ist als dritte Person eine junge Frau gemalt, der Heilige Geist als Ruah(Geistwehen) oder Sophia(Weisheit) oder auch als Liebe, in der Sprache des Mittelalters Minne.

Urschalling_Pfingsten
Die Köpfe der drei Gestalten veranschaulichen drei Lebensabschnitte des Menschen,
links das Mannesalter – in der Mitte die Jugend – rechts das Greisentum.

Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie (Gen1,26-27)
Daran mag der Maler gedacht haben, als er die drei Lebensalter in die Gesichter der drei göttlichen Personen legte und gleichzeitig ein weibliches Gesicht für die heilige Geistkraft malte.
Alle drei Köpfe sind mit jeweils einem Nimbus, einem Heiligenschein, versehen, der je nur einen Teil des Kreuznimbus enthält.
Wenn man alle drei Heiligenscheine zusammenschöbe,
käme der in der Kunst für Christus übliche Kreuznimbus zustande.
Für uns Menschen ist Gott vor allem in Christus erfahrbar,
denn er wurde uns in allem gleich außer der Sünde.

Er war Gott gleich, /
hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein,
sondern er entäußerte sich /
und wurde wie ein Sklave /
und den Menschen gleich.
(Phil 2,6-7)

So tragen alle drei Personen ein Christusmerkmal in ihrer Göttlichkeit und damit ein Merkmal der Menschwerdung Gottes.

Schauen wir wieder auf das Bild. Vor der Brust der mittleren Person weisen eine große männliche rechte Hand und eine zartgliedrige – ist es eine weibliche? – linke Hand nach innen in die Mitte. Drei Personen mit nur zwei Händen!
Welche Hand welcher Person zuzuordnen ist, fällt nicht so leicht, weil nicht eindeutig.
Die beiden äußeren Personen verfügen je über eine Hand,
die innere Person über keine oder über beide,
wobei dann die äußeren Personen keine Hände hätten.

Mit der Hand verbinden wir Menschen verschiedenste Handlungen wie:
Schaffen, Helfen, Schenken, Austeilen, Schützen, Abwehren und vieles mehr,
was wir in unseren Gebeten von Gott erflehen und erhoffen.
Mit diesem Rätsel der Hände hat der Künstler sehr eindrucksvoll dargestellt, dass wir keine Person auf eine besondere Tätigkeit festlegen können.
Meistens wird Gott Vater als Schöpfer der Welt gesehen, doch alle drei Personen haben gleichen Anteil an der Schöpfung des Universums.
Gott Sohn hat mit seinen Händen geheilt und den Menschen sich selbst hingegeben.
Gottes Geistkraft schenkt uns, was der Sohn vom Vater empfangen hat.

Ein Mensch verfügt über zwei Hände, egal ob er Mann oder Frau ist.
Durch diese zwei verschiedenen Hände auf dem Bild wird die Verschiedenheit der göttlichen Personen angedeutet, aber zugleich auch, dass es sich um ein Wesen handelt, denn sonst müssten wir sechs Hände sehen.

Alle drei Personen tragen das selbe dunkelrote Untergewand. Der weiße Mantel umhüllt alle drei, doch er öffnet und schließt sich und öffnet sich nach unten hin.
So wird unser Blick auf die Falten des weiblichen Untergewands geleitet, das in der Berührung des weißen Mantels eine geheimnisvolle Faltung entwickelt.
Der menschliche Blick entdeckt dort sofort weibliche und männliche Geschlechtsmerkmale. Das Mittelalter war nicht prüde, sondern auf diesem Gebiet oft sehr direkt und anschaulich. Welches Anliegen mag damit verbunden sein?
Für uns Menschen ist Leben und Fruchtbarkeit mit diesen Symbolen, ja oft auch mit dem Erlebnis überströmender Liebe verbunden.
Wohl kaum in einer anderen Lebenssituation erlebt der Mensch so ein Sich – Öffnen, ein Sich – Verausgaben, ein Sich – Hingeben wie wenn Mann und Frau ein Fleisch werden.(Gen 2,24) So ist diese Faltenanordnung auch ein Symbol für das Einssein der drei göttlichen Personen, wie Menschen es erfahren können.

Was bringen uns diese verschiedenen Versuche die Dreifaltigkeit Gottes zu verstehen?
Einmal bleibt unser Gottesbild lebendig und immer wieder neu, so dass jedes Zeitalter seine Verstehensweise in die Deutungsversuche mit einbringt.
Noch vor 50 Jahren sprach kaum einer davon, der Geistkraft innerhalb der Dreifaltigkeit und damit Gott in seiner allumfassenden Liebe weibliche Eigenschaften zuzusprechen .
Die Liebe zwischen Vater und Sohn hat aus menschlicher Sicht andere Qualitäten als ihre Liebe zur Geistkraft in jungfräulicher Gestalt. Die Liebe mit all ihren menschlichen Facetten erfährt hier eine unerwartete Heiligung.
Im Zeitalter, da die Sexualität des Menschen alle Bereiche überspült, umspült, wegspült und auch vor dem Heiligsten nicht zurückschreckt, vermag die Darstellung der göttlichen Dreifaltigkeit wie in Urschalling dem Menschen seine Gottähnlichkeit zu bewahren.
Der Glaube an einen Gott oder eine Göttin allein würde unsere Gottesvorstellung fixieren, erstarren lassen. Ihr würde jede Dynamik, jede umfassende Lebendigkeit geraubt. Das Göttliche Geheimnis dieser Liebesbeziehung würde bagatellisiert, erstickt.

So möchte ich mit dem Gedicht von Sr. Waltraud Herbstrith schließen:

Drei und eines,
das eine dreifaltig erblüht.
Wie eine Rose – der Grund,
keine Füße,
nur Geheimnis,
im Purpur verborgen.
Vater, Sohn und Geistin,
mütterliche Mitte unserer Welt.
Feinheit im Empfinden,
im Annehmen.
Vater und Sohn zehren davon,
legen die Hände auf Purpur.
Frausein – in der Dreifaltigkeit,
Vater, Sohn und Ruah,
die alles trägt.
Mitte, die annehmen kann,
empfangen, behüten.
Nur mit ihr zusammen
wirken Vater und Sohn
hinein in die Schöpfung.

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Eine Antwort auf Annäherungen an das Geheimnis Gottes – Dreifaltigkeitssonntag B

  1. Kornelia Vonier-Hoffkamp sagt:

    Danke für das schöne Bild :-) und die Gednaken dazu

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